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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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entschlossenen Durchbruch zur fürstlichen Herrschaft votierten, debattierten die meisten Patrizier über republikanische Alternativen zu einer frustrierenden Gegenwart. Zu einer entschlossenen Opposition waren sie jedoch zu zersplittert.
    Der Fluch über der Geschichte von Florenz
    Während die Florentiner über die politische Zukunft stritten, arbeitete Machiavelli an seiner Geschichte von Florenz. Den Auftrag dazu hatte ihm Clemens VII., damals noch Kardinal, schon 1520, zur Zeit der öffentlich zelebrierten Leutseligkeit, erteilt. Diese Aufgabe spiegelte ein weiteres Mal wider, was man an höchster Stelle von Machiavelli hielt. Für eine politische Tätigkeit von Bedeutung galt er als zu unzuverlässig. Den Ruf als origineller Denker aber hatte er sich redlich verdient. Von seiner florentinischen Geschichte durfte man also Besonderes erwarten. Zugleich konnte man ihn dadurch auf die Probe stellen. Seit 1434 spielten die Medici in dieser Geschichte die Hauptrolle. Wie würde der notorische Systemkritiker Machiavelli ihre Rolle schildern? Würde er sich in die Knie zwingen lassen und die jüngere Vergangenheit so beschreiben, wie es dem Kardinal angemessen erschien? Oder hatte er die Stirn, diesem die Geschichte seiner Vorfahren in düsteren Farben auszumalen? Man durfte gespannt sein.
    Machiavelli war sich seiner heiklen Lage bewusst. Immerhin waren ihm mit Francesco Vettori und Francesco Guicciardini zwei Vertraute geblieben, die – zumindest hinter vorgehaltener Hand – manche seiner kritischen Einschätzungen teilten und über einen direkten Draht zu den Medici verfügten. An Vettori wandte sich Machiavelli im April 1523, um sich mit seiner Hilfe gegen drückende Steuern zu schützen, die ihm seine Feinde auferlegen wollten. Das war in Florenz seit langem das probate Mittel, um Gegner auszuschalten. Ob diese Manöver im Zusammenhang mit seiner Geschichte von Florenz standen, lässt sich nicht mehr sagen. Erhalten ist nur die lateinisch verfasste Antwort Vettoris auf einen nicht erhaltenen Brief Machiavellis. Offenbar war eine gewisse Verschlüsselung angebracht. Ende August 1524 fragte Machiavelli Guicciardini ganz direkt um Rat zu seiner Geschichte von Florenz:

    Das feinsinnige Lächeln des Mannes, der die Geheimnisse der Politik lüftete. Santi di Titos Gemälde zeigt Machiavelli so, wie er seinen florentinischen Landsleuten in Erinnerung blieb: witzig, ironisch und provokant.
Ich war und bin in meiner Villa mit dem Schreiben der «Geschichte» beschäftigt. Und ich würde zehn Cent, wenn nicht mehr, dafür geben, Sie an meiner Seite zu haben, um Ihnen zeigen zu können, wie weit ich gekommen bin. Denn wenn ich demnächst zu einigen ganz speziellen Punkten komme, müsste ich von Ihnen wissen, ob ich dadurch, dass ich die Dinge zu hoch oder zu niedrig darstelle, allzu sehr verletze. Ersatzweise berate ich mich selbst und bemühe mich dadurch, dass ich die Wahrheit sage, niemandem wehzutun.[ 7 ]
    Der scherzhafte Ton am Anfang kann die Besorgnis nicht verdecken: Wie viel harte Wahrheit konnte man Clemens VII. zumuten? Und an welchem Punkt wurde man sich selbst untreu?
    Nach mehr als vier Jahren wurde der Auftraggeber allmählich ungeduldig. Im März 1525 fragte Vettori im Namen Clemens’ VII. an, ob das Werk nicht langsam fertig werde. Er konnte dem neugierigen Papst antworten, dass die Geschichte von Florenz bis 1492 abgeschlossen sei; über den Tod Lorenzos des Prächtigen hinaus schrieb sie Machiavelli nicht fort. Dieser Stoff war selbst ihm zu heiß. Doch auch das fertige Manuskript hatte es in sich, wie Vettori, der es gelesen hatte, klar erkannte:
Ich sagte ihm (Clemens VII.) …, dass es ihm gefallen werde, dass Ihr kommen wolltet, um es ihm zu überreichen, doch dass ich Euch wegen der Zeitläufe davon abgeraten habe. Darauf entgegnet er: Warum denn, er soll doch kommen, ich bin sicher, dass seine Bücher Gefallen erregen und gerne gelesen werden. Das waren genau die Worte, die er mir sagte. Doch möchte ich nicht, dass Ihr darauf vertraut und Euch dann mit leeren Händen wiederfindet. Genau das aber könnte Euch in Anbetracht der Seelenlage des Papstes passieren.[ 8 ]
    Die Stimmung Clemens’ VII. war getrübt. Er hatte sich mit dem französischen König Franz I. gegen Kaiser Karl V. verbündet und damit auf den Falschen gesetzt. Elf Tage vor Vettoris Brief hatte das kaiserliche Heer die Franzosen im Schlosspark von Pavia vernichtend geschlagen und den französischen Monarchen gefangen

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