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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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allen musste sich Niccolò Machiavelli solche Forderungen anhören. Denn ihn schickte die Republik ab 1498 an die Brennpunkte der großen und der kleinen Politik, um dort alle nur erdenkliche Unterstützung für ihre Anliegen einzuwerben. Machiavellis Pflichten bestanden darin, Angebote zu überbringen, wenn nötig auch Zugeständnisse zu machen, die Gegenseite anzuhören, ihre Interessen zu erkunden und so viele nützliche Informationen wie möglich nach Hause zurückzuschicken. Machiavelli war Unterhändler und Fürsprecher von Florenz und zugleich Landeskundler, Psychologe und Spion. Im krisenhaften Jahr 1498 war das keine leichte Aufgabe.
    Unterstützung suchte die Republik in all diesen Auseinandersetzungen vor allem bei Frankreich. Damit setzte sie die von Savonarola empfohlene Außenpolitik bruchlos fort und stand zugleich in einer viel älteren Tradition. Von Frankreich hatte Florenz einst sein Lilienwappen verliehen bekommen. Und auch die Überzeugung, dass vom «allerchristlichsten» König von Frankreich alles politische Heil zu erwarten sei, war schon lange vor dem Auftreten des selbst ernannten Propheten in breiten Kreisen unerschütterlich. Allerdings kontrastierte dieser Glaube immer stärker mit der nüchternen politischen Realität. Gewiss, König Karl VIII. von Frankreich hatte Florenz verschont, das bei seinem Neapelzug beschämenderweise in unfreundlicher Neutralität abseits stand. Doch geholfen hatte er «seiner» Stadt in ihrer nachfolgenden Not nicht wirklich. Im April 1498 war er dann auf dem Weg zu einem Ballspiel mit dem Kopf gegen einen Balken geprallt und kurz darauf an einer Gehirnblutung gestorben. Für fromme Florentiner war das die verdiente Strafe dafür, dass er Florenz und seinem Propheten die dringend benötigte Unterstützung versagt hatte.
    Die Hoffnungen der Stadt richteten sich nun auf seinen Nachfolger Ludwig XII. aus der Linie Orléans. Ludwig plante die Eroberung Mailands, das er als Erbe der Visconti beanspruchte. Dabei – so kalkulierten die Florentiner – würde er auf ihre Hilfe angewiesen sein und ihnen als Gegenleistung Unterstützung im Kampf um Pisa schulden. Diese wurde umso dringender benötigt, als sich Florenz 1498 auch von Süden her bedroht fühlte. In den angrenzenden Provinzen des Kirchenstaats hatten die Orsini seit 1494 immer stärker zugunsten der verbannten Medici, ihrer Verwandten, aufgetrumpft und gedroht, sie mit Waffengewalt nach Florenz zurückzuführen. Allerdings wurden sie zugleich immer stärker in Konflikte mit Papst Alexander VI. Borgia verwickelt, der seiner Familie mit allen Mitteln die Führungsstellung in der römischen Campagna zu verschaffen suchte. Solange sich die Orsini und die Borgia wechselseitig bekämpften und in Schach hielten, war Florenz der lachende Dritte. Doch verschob sich dieses Machtgleichgewicht zunehmend zugunsten des Papstes und seiner Familie. Im August 1498 legte Alexanders leiblicher Sohn Cesare die Kardinalswürde nieder, um ein Fürstentum in der Romagna, an der Nordgrenze der Republik Florenz, zu erobern. Zu diesem Zweck nahm sein Vater Verhandlungen mit Ludwig XII. von Frankreich auf. Der König benötigte die Annullierung seiner kinderlosen Ehe mit Jeanne de France, der Tochter Ludwigs XI., um Anne de Bretagne, die Witwe seines Vorgängers, heiraten zu können. Diese war nicht nur schön und klug, sondern würde auch das Herzogtum Bretagne in diese zweite Ehe mit einbringen.
    Allein der Papst konnte Ludwigs erste Heirat für null und nichtig erklären. Insofern saß Alexander VI. am längeren Hebel. Andererseits waren die Borgia auf die militärische Unterstützung Frankreichs angewiesen. Im Herbst 1498 zeichneten sich somit schwierige und langwierige Verhandlungen ab. Sollten sie zum Erfolg führen, hatte Florenz ein Problem. Mit einem starken Cesare Borgia im Norden, der auf die doppelte Unterstützung des Papstes und des französischen Königs zurückgreifen konnte, musste sich die Republik akut bedroht fühlen. Ob in diesem Fall die Hilfsversprechen, die Ludwig XII. den Florentinern gleich nach seiner Krönung gegeben hatte, noch galten, war mehr als fraglich. Nördlich der Romagna schließlich lauerte die Republik Venedig auf jede sich bietende Gelegenheit zur Expansion. Die «Serenissima» hatte seit einem Jahrhundert ihren italienischen Festlandbesitz stetig erweitert und war dabei bis Bergamo im Westen und vor die Tore Ferraras im Süden vorgestoßen. Von einer «republikanischen

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