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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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Paolo Vitelli einen neuen condottiere in Dienst, der sich seiner Aufgabe energisch annahm und schnell einige Dörfer auf Pisaner Territorium eroberte. Danach verlor auch diese Unternehmung rasch an Elan.
    Machiavellis nächste Reise als Geschäftsträger der Republik führte ihn im Juli 1499 nach Forlì in der Romagna. Dort residierte und regierte Italiens berühmteste Fürstin: Caterina Sforza aus der Familie der Herzöge von Mailand. Sie hatte in erster Ehe Girolamo Riario, den weltlichen Nepoten Papst Sixtus’ IV., geheiratet. Ihm hatte der Papst die Herrschaft über Forlì und Imola und dazu den Grafentitel verschafft, und zwar im Namen der Kirche, als deren Vikar er offiziell regierte. Doch diese Herrlichkeit währte nicht lange. Schon 1488 fiel der aus kleinen Verhältnissen aufgestiegene Graf einer Verschwörung zum Opfer. Caterina Sforza aber konnte Imola und Forlì für ihren Sohn Ottaviano Riario behaupten, und zwar mit einer Zähigkeit, die ihren Zeitgenossen ganz und gar unweiblich vorkam. Dem Klischee des «Mannweibs», das ihre vielen Feinde gegen sie ins Feld führten, widersprach ihre Schönheit. «Männer mordend»: das schien ihr Wesen besser zu treffen, schließlich war die Contessa 1499 schon zum dritten Mal verwitwet. Doch nicht nur ihre Tapferkeit, sondern auch ihr diplomatisches Geschick war legendär.
    Beides brauchte die Gräfin, um ihren winzigen «Staat» durch die immer heftigeren politischen Turbulenzen zu steuern. Im Norden war die Herrschaft von Herzog Ludovico Sforza, ihrem Onkel, aufs Höchste bedroht. König Ludwig XII. von Frankreich hatte 1499 ein gewaltiges Heer zur Eroberung Mailands gesammelt. Die Lage war so ernst, dass Kardinal Ascanio Maria Sforza, der Bruder des Herzogs, im Eiltempo von Rom in die lombardische Metropole reiste. Zuvor hatte er sein riesiges Vermögen dorthin transferiert, um in letzter Minute so viele zusätzliche Söldner wie möglich anzuwerben. Familiensolidarität, so Ludovico Sforza, war in der Stunde der Not höchstes Gebot: Auch Caterina Sforza sollte, soweit es ihre beschränkten Mittel erlaubten, Bewaffnete schicken. Doch die Contessa hatte andere Pläne. In Krisen wie diesen musste jeder zuerst an sich denken. Auch ihr stand schließlich das Wasser bis zum Hals. Am 9. März 1499 hatte Papst Alexander VI. das Vikariat der Riario in Forlì und Imola für erloschen erklärt. Caterina und Ottaviano wurden als Tochter beziehungsweise Sohn der Finsternis verdammt, mit der Begründung, dass sie ihren Lehenspflichten gegenüber dem Heiligen Stuhl nicht nachgekommen seien. Doch das war nur ein Vorwand. Die vielen kleinen Herrscher der Romagna wurden abgesetzt, um freie Bahn für Cesare Borgias Eroberung zu schaffen. Dafür standen die Zeichen gut. Im Mai 1499 hatten sich der Papst und der französische König endlich auf ein Bündnis geeinigt, das den Interessen beider Seiten entsprach. Ludwig XII. erhielt die heißersehnte Bestätigung, dass seine Heirat mit Jeanne de France ungültig war, und damit die Erlaubnis zur Eheschließung mit Anne de Bretagne; Cesare Borgia bekam Charlotte d’Albret aus der Familie des Königs von Navarra zur Braut und französische Truppenunterstützung in der Romagna.

    So sanft und lieblich wie dieses Idealbild holder Weiblichkeit war Caterina Sforza Riario in Wirklichkeit nicht. Wenn ich mein Leben niederschreiben würde, wäre die Welt erschrocken – so soll sie sich selbst kommentiert haben.
    Die Kleinstaaten Italiens hatten sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts mächtige Protektoren gesucht, denen sie Gefolgschaft und Respekt schuldeten; die Riario in Imola und Forlì hatten sich an den großen Nachbarn Florenz angeschlossen. Entsprechend unterwürfig fädelte die Gräfin ihre Verhandlungen mit der Republik ein: Ihr Sohn Ottaviano sei von Mailand gebeten worden, ein Militärkommando (condotta) zu übernehmen; ihr sei wohl bewusst, dass der Abschluss eines solchen Vertrags von Florenz genehmigt werden müsse. Pikant an diesem Ansinnen war, dass Ottaviano im Jahr zuvor eine condotta für Florenz innegehabt, diese jedoch nicht verlängert hatte. Auf eine solche Erneuerung des Soldvertrags aber lief es jetzt hinaus. Das angebliche Angebot aus Mailand war nur der Zaunpfahl, mit dem die Gräfin winkte. Die florentinische Stadtregierung, in deren Auftrag Machiavelli nach Forlì reiste, war durchaus bereit, diesem Wunsch entgegenzukommen, doch wollte sie die Konditionen dieses zweiten Engagements diktieren:

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