Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
Vom Netzwerk:
Eilmärschen gegen die Romagna vor. Schon im Dezember 1499 kapitulierten Stadt und Festung Imola. Doch Caterina Sforza ergab sich nicht kampflos. Bei der Belagerung von Forlì warf sie sich mit dem Schwert in der Hand ins dichteste Schlachtgetümmel, anfangs sogar mit Erfolg. Doch am 12. Januar 1500 musste auch sie kapitulieren. Im Gegensatz zu den übrigen Feinden Cesares überlebte sie die Gefangenschaft: Der französische König schützte sie vor dem legendären Gift der Borgia.
    In diesen Gefechten hatte Florenz keine Hand für seine Schutzbefohlene gerührt. Für Machiavelli dürften die einwöchigen Verhandlungen mit der Gräfin gleichwohl eine wichtige Erfahrung gewesen sein. Zum einen hatte er überzeugend nachgewiesen, dass er einer Gegnerin gewachsen war, die ihm eine lange Lehrzeit im intriganten Milieu der höfischen Politik voraushatte. Zum anderen hatte sich in den Unterhandlungen gezeigt, dass Ehre dem Erfolg im Wege stand und Dankbarkeit nur ein leeres Worte war. Wer in der Politik darauf hoffte, dass ihm vergangene Verdienste angerechnet würden, war verloren. Auf Gegenleistungen durfte man nur hoffen, wenn sie dem «Wohltäter» nützten. Doch dann waren sie nicht mehr von Dankbarkeit bestimmt, sondern vom reinen Eigennutz, der die Politik beherrschte und ihre Gesetze diktierte. Diese Lektion war die nervenaufreibende Woche in Forlì wohl wert.
    Während seiner Abwesenheit in der Romagna wurde der Zweite Kanzler von seinem Büroleiter (coadiutore) Biagio Buonaccorsi mit dem aktuellen Kanzleiklatsch versorgt, und zwar nach dem Motto: Nichts fördert den Teamgeist so gut wie gemeinsames Lästern! Machiavelli und seine Untergebenen verabscheuten Antonio della Valle, der in der angeseheneren und besser bezahlten Ersten Kanzlei auf demselben Posten wie Buonaccorsi in der Zweiten angestellt war und, glaubt man dem Briefwechsel, die Nase sehr hoch zu halten pflegte. Originalton Buonaccorsis in seinem Brief an Machiavelli vom 19. Juli 1499:
Wenn es nach mir ginge, brächtet Ihr aus Forlì reichlich Rosenwasser mit, denn hier stinkt es allenthalben nur nach Antonio della Valle. Er hat uns bei unseren Vorgesetzten angeschwärzt – möge er Blut sch … en müssen![ 12 ]
    Dem in Forlì weilenden Machiavelli hatte Buonaccorsi auch viel Gutes mitzuteilen:

    Der Diplomat in seinem Gehäuse: die farbige Terracotta-Büste Machiavellis verewigt den geistreichen Staatsdenker in seinen Amtsräumen des Palazzo Vecchio, die er nach seiner Entlassung im Hebst 1512 eine Zeitlang nicht mehr betreten durfte.
Meiner Meinung nach habt Ihr Euren Auftrag mit großer Ehre für Euch selbst ausgeführt, worüber ich mich außerordentlich freue und weiter freuen werde.[ 13 ]
    In dieser Schmeichelei, die von jetzt an nicht mehr abreißen sollte, hat man den Ausdruck der Bewunderung sehen wollen, den der kleine Geist Buonaccorsi für den großen Denker Machiavelli hegte. Das mag so sein, doch brachte der «Koadjutor» mit diesen Lobeshymnen vor allem die Loyalität für seinen Vorgesetzten zum Ausdruck. Um diese Abhängigkeit und vielleicht auch die mit diesen Ergebenheitsbekundungen verbundene Peinlichkeit abzumildern, garnierte Buonaccorsi solche Sätze mit Anekdoten wie der obigen und mancherlei Anzüglichkeiten. Zudem war er bestrebt zu zeigen, dass er mit Machiavelli auf vertrautem, ja freundschaftlichem Fuße stand.
    Dass ihn Buonaccorsi mit den brühwarmen Neuigkeiten aus der Kanzlei versorgte, muss Machiavelli willkommen gewesen sein. Gesandte aller Rangstufen waren darauf angewiesen, nicht von den politisch überlebenswichtigen Informationsflüssen abgeschnitten zu werden. Das galt in besonderem Maße für Florenz, wo die führenden Ämter in kürzesten Abständen neu besetzt wurden. Ein Geschäftsträger fern der Heimat musste wissen, mit welchen Vorgesetzten und Auftraggebern er es zu tun hatte. Diese Aufgabe erfüllte Buonaccorsi vierzehn Jahre lang mustergültig. Zudem hielt er Kontakt zu Machiavellis Familie und sah dort bei Bedarf nach dem Rechten. Trotzdem klingen die Briefe an seinen Chef nicht selten gezwungen. Zu oft wird eine Vertraulichkeit nach dem Muster «Mit mir kannst du Pferde stehlen!» beschworen, allzu forciert klingen die schlüpfrigen Anekdoten. Zudem beschwor Buonaccorsi immer wieder Katastrophen herauf, die sich bei der Rückkehr seines Vorgesetzten in Nichts auflösten. Ohne Frage wollte er damit seine Ergebenheit und Solidarität ausdrücken; in Wirklichkeit zeigen die schulterklopfenden

Weitere Kostenlose Bücher