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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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fünfhundert Mann unter dem Kommando erprobter Offiziere für zehntausend fiorini pro Jahr.
    Diese Bedingungen überbrachte Machiavelli der Gräfin, die sie für unannehmbar befand: Für seine erste condotta habe Ottaviano 15.000 fiorini erhalten, eine Reduzierung des Honorars um ein Drittel beschneide die Ehre ihres Sohnes! Diese empörte Reaktion hatte die Signoria vorhergesehen; deswegen hatte sie Machiavelli mit der heiklen Mission betraut. Sein Auftrag lautete wie schon in Piombino: Unangenehmes schön reden! Machiavellis rhetorische Talente waren in Florenz wohl bekannt:
Und du wirst ihr zeigen, dass diese condotta ihr vielleicht nicht den erwünschten materiellen Gewinn, wohl aber Würde und die Hoffnung auf Besseres einbringen wird, wenn unsere Stadt erst einmal ihre alte Stellung, ihr Herrschaftsgebiet und damit ihre Kraft zurückgewonnen hat.[ 6 ]
    Im Klartext hieß das: Wenn wir erst einmal Pisa zurückerobert haben, wird sich Treue zu unserer Republik auszahlen. Das war ein unsicherer Wechsel auf die Zukunft. Machiavelli tat gleichwohl sein Bestes, um die Knauserigkeit seiner Auftraggeber als Großzügigkeit darzustellen:
Deshalb habt Ihr mich ja hierhin geschickt: Ich soll der Gräfin erklären, dass Ihr an sich zu nichts verpflichtet seid, doch aufgrund der unserer Stadt erwiesenen Gefälligkeiten bereit seid, ihren Sohn erneut in Dienst zu stellen … Und ich hielt ihr mit den Gründen, die mir die besten schienen, vor Augen, dass diese condotta zu ihrem Vorteil gereicht und dass sie damit ihren großen Verdiensten weitere Meriten hinzufüge; sie werde mit der Zeit sehen, dass die florentinische Regierung nicht undankbar sei, und werde es nicht bereuen, ihren früheren guten Taten diese weiteren zum Nutzen von Florenz hinzugefügt zu haben.[ 7 ]
    Caterina Sforza war jedoch nicht die Frau, die sich mit vagen Versprechungen zufriedengab. Die diplomatische Süßholzraspelei war zu Ende, als sie ihre Sicht der Dinge darlegte:
Die Gräfin antwortete mir, dass die Worte, die sie von Florenz erhalten habe, ihr schon immer gefallen hätten, nicht jedoch die Taten, die ihren Verdiensten zu keinem Zeitpunkt entsprochen hätten. Da sie jedoch wisse, wie ungewöhnlich dankbar die Republik Florenz für erbrachte Leistungen sei, könne sie nicht glauben, dass diese jetzt anfange, undankbar zu werden, und zwar ausgerechnet ihr gegenüber – schließlich habe sie seit langer Zeit mehr für Florenz getan als jeder andere Schutzbefohlene.[ 8 ]
    Wer wie die Gräfin auf seine Verdienste in der Vergangenheit pochen musste, um in der Gegenwart bessere Vertragsbedingungen herauszuholen, war in einer verzweifelten Lage; wer wie Florenz die Verdienste der anderen Seite in der Vergangenheit betonte, um damit die Preise zu drücken, saß am längeren Hebel. Und Dankbarkeit war ohnehin keine politische Kategorie. Herrscher und Herrscherinnen mussten undankbar sein, um zu überleben. Das wussten beide, die Contessa und der Geschäftsträger der Republik. Ottavianos condotta war für seine Mutter daher nur ein Mittel zum Zweck: eine Überlebenshilfe in Zeiten höchster Gefahr. Doch das konnte sie nicht offen aussprechen, ohne ihr Gesicht zu verlieren und sich der Gegenseite völlig auszuliefern. Zudem war sie nicht uneingeschränkt Herrin im eigenen Haus. In Forlì – so berichtete Machiavelli nach Florenz – wimmelte es von Mailänder Agenten. Diese sahen die Verhandlungen mit Florenz nur ungern. So kämpfte die tapfere Caterina Sforza an mehreren Fronten zugleich. Umso wichtiger war es für sie, den Schein zu wahren: Ehre, wem Ehre gebührt.
    Machiavelli ließ sich auf dieses Spiel ein – und spielte zugleich mit seinem Gegenüber Katz und Maus. Gewiss, die condotta, die Florenz anzubieten habe, sei diesmal niedriger dotiert, während andere condottieri Lohnerhöhungen einstrichen. Doch unter den ganz besonderen Zeitumständen gereiche das Ottaviano nicht zur Unehre, sondern erhöhe im Gegenteil sein Prestige:
Und ich hielt der Gräfin vor Augen, dass sie bei genauer Betrachtung der Gründe, die die Regierung von Florenz dazu bewögen, anderen Kapitänen und Gouverneuren das Gehalt aufzustocken, dem Herrn Ottaviano aber zu reduzieren, erkennen werde, dass dies keinen Tadel, wie sie behaupte, sondern im Gegenteil die höchste Ehre bedeute. Denn zu den anderen condotte sei Florenz von der Notwendigkeit, zum Abschluss mit Ottaviano allein durch Zuneigung und Liebe bewogen worden.[ 9 ]
    Das war eine harte Wahrheit, höflich

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