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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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soll’s, lasst sie nur machen. Mein Vater liebte die Gespräche. Je mehr da sind, um ihn zu unterhalten, desto besser wird es ihm gefallen.[ 20 ]
    War das nur liebevoller Spott über einen Vater, der die Geselligkeit mit seinen Freunden dem Geldverdienen vorzog, oder zog Machiavelli damit auch den christlichen Jenseits- und Auferstehungsglauben in Zweifel?
    Nach der unrühmlichen Episode vom Sommer 1499 setzte Florenz ganz auf die französische Hilfe. König Ludwig XII. schickte der Republik Söldner aus Südfrankreich und aus der Schweiz unter dem Kommando des Herrn von Beaumont. Doch mit diesem fremden Heer geriet Florenz vom Regen in die Traufe. Beaumont erwies sich rasch als ebenso unmotiviert wie unfähig; vor allem mangelte es ihm an Autorität. Aufgrund seiner Untätigkeit fehlte es bald an allem, nicht zuletzt an Verpflegung. Wie immer in solchen Krisen schickte die Stadtregierung Machiavelli an den Brennpunkt des Geschehens. Er sollte dort die dringend benötigten Informationen sammeln und den florentinischen Kriegskommissar Luca degli Albizzi unterstützen. Diesem blieb es vorbehalten, den immer unerfreulicheren Fortgang der Ereignisse nach Florenz zu melden: Wie die Schweizer Söldner wegen der miserablen Verpflegung und des ausstehenden Solds zu rebellieren begannen und wie sich die bereits vereinbarte Übergabe von Pisa daraufhin ein zweites Mal zerschlug. In all diesen Tumulten, so Albizzi, stand ihm Machiavelli unerschrocken zur Seite. Als der Streit mit den fremden Kriegern eskalierte, schickte Albizzi Machiavelli nach Florenz, um Hilfe anzufordern, und wurde kurz darauf von den Schweizern als Geisel gefangen genommen. Erst nach Zahlung eines Lösegeldes von 1300 fiorini ließen die erbosten Eidgenossen den glücklosen Kommissar wieder frei und zogen nach Norden ab. Die Florentiner atmeten auf, doch noch erleichterter waren die Pisaner, die sich weiterhin ihrer Freiheit erfreuen durften.
    Wie das Scheitern Vitellis hatte auch dieses Desaster ein Nachspiel. Mit einem Feldherrn des französischen Königs konnte man keinen kurzen Prozess machen. Doch auf sich beruhen lassen wollten die Florentiner die Schmach auch nicht. Dasselbe galt für Ludwig XII. Durch die peinlichen Vorkommnisse vor Pisa sah er seine Ehre gekränkt und machte Florenz nach dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung» schwere Vorwürfe. Im Juli 1500 war die Lage so verfahren, dass Machiavelli auf seine bislang längste diplomatische Dienstreise geschickt wurde. Chef der florentinischen Sondergesandtschaft, die sich nach Frankreich aufmachte, war allerdings der Patrizier Francesco della Casa, zuvor Albizzis Nachfolger als Kriegskommissar im Kampf um Pisa. Ihm war der Zweite Kanzler als Sekretär, Informant und Ideengeber zugeordnet.
    Die Instruktion für Della Casa und Machiavelli verlieh mit aller Entschiedenheit dem florentinischen Standpunkt Ausdruck: Schuld war allein Beaumont! Doch so hart sollten die beiden Beauftragten das nur sagen, wenn es gar nicht anders ging und wenn sie sich vorher vergewissert hatten, dass der Beschuldigte keine einflussreichen Fürsprecher besaß. Zunächst sollten sie es mit einer deutlich abgemilderten Version versuchen. Diese lautete: Der französische General war zu weichherzig für das harte Metier des Feldherrn. Florenz entschuldigen, die Verantwortung für die Blamage der französischen Seite zuschieben: Mehr Verhandlungsspielraum hatten Della Casa und Machiavelli nicht; kamen andere Themen zur Sprache, mussten sie neue Instruktionen einholen. Die florentinische Stadtregierung war so beflissen, sich von allen Vorwürfen zu reinigen, dass sie gar nicht auf die Idee kam, den beiden Sondergesandten zusätzliche Vollmachten zu übertragen. Das zeugte nicht eben von diplomatischem Weitblick. Ludwig XII. hatte deutlich genug zu erkennen gegeben, dass er die Schuld nicht bei seinen eigenen Leuten, sondern bei den Schweizern und Florentinern sah. Bei nüchterner Betrachtung zeichnete sich somit ab, dass Della Casa und Machiavelli eine schwere Aufgabe bevorstand. Doch das wollten ihre Auftraggeber am Arno nicht sehen. Sie wiegten sich in Illusionen über Frankreich, seinen Monarchen und dessen Politik.
    Das Unheil begann schon mit der Pest, die in Frankreich umging. Sie zwang die beiden Florentiner zu Umwegen. Vor der Seuche floh selbst der König von Schloss zu Schloss. So hieß die erste Aufgabe der beiden Gesandten: Findet Ludwig XII.! Das war leichter gesagt als getan und nicht nur

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