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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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reden ist verlorene Liebesmüh![ 24 ]
    Eben diese Verdienste musste Machiavelli im Auftrag seiner Regierung permanent zur Sprache bringen, obwohl dieser Sermon beim König auf taube Ohren stieß. Den Verantwortlichen die Vergeblichkeit dieser Strategie vor Augen zu halten war gewagt: Ich, Niccolò Machiavelli, zeige Euch, was man unterlassen und stattdessen tun soll.
    Die einzige Strategie, mit der Florenz doch noch zum Erfolg gelangen konnte, hieß laut Machiavelli: bei Hof Freunde gewinnen! In Sachen Hof-Erforschung hatte Machiavelli rasch Fortschritte gemacht. Die Ergebnisse seiner Ermittlungen lauteten: Der zweitmächtigste Mann des Königreichs war «Roano». Der König tat nichts, ohne den Rat des Kardinals zu hören. Diesen schickte er immer dann vor, wenn schwierige oder unangenehme Verhandlungen anstanden. Doch auch der Kardinal hatte, wie alle wussten, eine Schwäche: Er wollte Papst werden und würde alles dafür tun. Dem König selbst traute Machiavelli ebenfalls schon bald alles zu. Florenz müsse damit rechnen, dass Ludwig Pisa für sich selbst erobern und in der Toskana einen eigenen Staat unter einem französischen Gouverneur einrichten wolle:
Dafür spricht der finanzielle Nutzen, denn die Pisaner haben ihm 100.000 Dukaten geboten, und zwar mit Unterstützung Eurer Feinde und gegen die Zahlung einer jährlichen Abgabe … Das alles ist ihm von der Vielzahl Eurer Feinde eingeredet worden, und zwar mit umso mehr Erfolg, als der König ohnehin schon gegen Florenz aufgebracht ist und überdies Vorteile daraus zieht. Ihr werdet hier von allen gehasst. Und der König sieht, dass er nur gewinnt, wenn er Euch kränkt.[ 25 ]
    Ein schöner Verbündeter war dieser Monarch: gierig, käuflich, verräterisch, opportunistisch! Machiavelli ist sich bewusst, dass er mit diesem Charakterbild Ludwigs XII. die Schmerzgrenze seiner Auftraggeber überschritt:
Wie Ihr seht, berichten wir ohne falsche Rücksichtnahme und mit aller Offenheit, so wie wir die Dinge hier sehen und verstehen. Wenn etwas davon allzu kühn gesagt wird, so deshalb, weil wir uns dadurch, dass wir unter Umständen etwas Falsches schreiben, lieber selbst schaden wollen, als unsere Stadt dadurch zu gefährden, dass wir es verschweigen. Das scheint uns statthaft, weil wir dabei auf Eure Klugheit vertrauen: Ihr müsst das, was wir schreiben, überprüfen, das richtige Urteil darüber fällen und auf dieser Grundlage die richtigen Entscheidungen treffen.[ 26 ]
    In Wirklichkeit war es genau umgekehrt: Machiavelli legte seinen Auftraggebern die Konsequenzen, die sie aus seinen Berichten ziehen sollten, zwingend nahe. Die dringendste Maßnahme bestand darin, sich einflussreiche Verbündete in der unmittelbaren Umgebung des Königs zu verschaffen. Und Machiavelli wusste auch wie: mit Geld! Nützlichen Freunden muss man Vorausleistungen bieten. Sparte Florenz an solchen Bestechungssummen, konnte das schlimme Folgen haben. Doch nicht nur bei Ludwig XII., auch bei seinen Auftraggebern stieß Machiavelli auf taube Ohren.
    Die Signoria predigte ihren Gesandten Nachgiebigkeit, ohne auf die finanziellen Forderungen des Königs einzugehen. Das war ein Widerspruch an sich. Nur kein Ärgernis erregen, so lauteten die stereotypen Anweisungen aus Florenz, doch gerade damit machten sich Della Casa und Machiavelli immer unbeliebter. So befürchtete Machiavelli schließlich, den Eindruck unheilbarer Schwäche zu erwecken. Daher solle die Republik endlich in den sauren Apfel beißen und die leidigen 38.000 Franken zahlen. Nach langem Wehgeschrei setzte sich diese Einsicht schließlich am Arno durch. Kaum witterte Ludwig XII. diese Nachgiebigkeit, da schickte er auch schon einen Sonderbevollmächtigten nach Florenz, der die Zahlung eintreiben sollte. Zwar spielten die Florentiner mit der Begründung, dass sie nur ein Viertel der Gesamtsumme sofort flüssig machen könnten, auf Zeit, doch damit gerieten sie bei Ludwig XII. an den Falschen: Er bestand auf der prompten Aushändigung des ganzen Betrags. Auch diese bittere Pille musste die Stadt am Ende schlucken.
    Während all dieser Misshelligkeiten und Demütigungen wurde Francesco della Casa krank und Machiavelli bat mehrfach um seine Ablösung. Zuerst vergeblich, denn in Florenz wurden zwar neue Botschafter ausgelost, doch nicht ernannt – ein Patrizier nach dem anderen winkte dankend ab. Erst am 12. Dezember 1500 war es endlich so weit: Das ersehnte Schreiben der Stadtregierung mit der Abberufung ging per Kurier nach

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