Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
Vom Netzwerk:
zeitraubend, sondern auch kostspielig. Florenz zahlte seinen Diplomaten niedrige Gehälter und sparte bei den Spesen. Von den 80 fiorini, die Machiavelli erhalten hatte, war schon nach knapp einem Monat fast die Hälfte ausgegeben. Zudem war Della Casas Gehalt höher als seines. Das ging dem Chef der Zweiten Kanzlei gegen die Selbstachtung und gegen die Ehre:
Sie wissen, wie viel Gehalt mir beim Aufbruch zugeteilt wurde und wie viel Francesco della Casa erhielt; dabei glaubten Sie wahrscheinlich, dass er mehr ausgeben werde als ich. Doch dem war nicht so, denn wir haben die allerchristlichste Majestät nicht in Lyon angetroffen, sondern haben, um ihm zu folgen, Pferde, Diener und Kleider anschaffen müssen; so folgen wir beide dem Hof mit gleichen Kosten. Daher scheint es mir gegen jede göttliche und menschliche Gerechtigkeit, wenn ich weniger Lohn bekomme als er. Und wenn Ihnen diese Ausgabe für mich zu hoch scheint, so glaube ich, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder lohnt sich das Geld für uns beide, oder die zwanzig Dukaten für mich sind aus dem Fenster geworfen. In diesem Fall bitte ich um meinen Rückruf.[ 21 ]
    Erstaunlicherweise hatte die Signoria ein Einsehen und stockte Machiavellis Einkünfte wie gewünscht auf. Sie wusste warum.
    Die Verhandlungen mit dem König, den die beiden Diplomaten kurz darauf in Nevers antrafen, liefen von Anfang an völlig aus dem Ruder. Ludwig und sein Erster Minister Georges d’Amboise, seines Zeichens Kardinal von Rouen (und von Machiavelli daher abgekürzt «Roano» genannt), waren an einer objektiven Klärung der Schuldfrage nicht im Geringsten interessiert. Auch um die angeblich so schwer gekränkte Ehre des Monarchen ging es, wie Machiavelli schnell feststellte, nicht wirklich. Sie war nur ein Vorwand, um das durchzusetzen, was dem König allein am Herzen lag: Geld, Geld und nochmals Geld! Florenz sollte sämtliche Kosten für die missglückte «Operation Beaumont» tragen, obwohl die Schweizer Söldner von der französischen Seite angeworben worden waren. Was den Fehlschlag bei der Eroberung Pisas betraf, so wusch Ludwig seine und Beaumonts Hände in Unschuld. Die unzuverlässigen Söldner aus der Gascogne habe er bestraft. Ansonsten treffe die Schuld vor allem die rebellischen Schweizer: käufliche und aufrührerische Kreaturen. Doch auch die wankelmütigen Florentiner hätten sich nicht gerade mit Ruhm bedeckt; ängstlich, wie Kaufleute nun einmal seien, hätten sie kühner ausgreifende Operationen der Franzosen verhindert. Dafür müssten sie jetzt finanziell geradestehen.
    Die Rechnung, die ihnen der König präsentierte, lautete: 38.000 Franken und zwar sofort und in bar. Dann sind wir quitt, und einer gemeinsamen glücklichen Zukunft als Verbündete steht nichts mehr im Wege. Die beiden Florentiner trauten ihren Ohren nicht: Worte eines Wucherers aus dem Munde eines Nachkommen des heiligen Ludwig! Das war pure Erpressung, denn an der nördlichen Grenze der Republik Florenz eroberte Cesare Borgia mit französischer Truppenunterstützung die Romagna und ließ gezielt das Gerücht ausstreuen, dass es damit nicht sein Bewenden haben werde – Florenz solle sich nur vorsehen! Ludwig XII. wusste also genau, dass sich die Republik einen Abbruch der Gespräche nicht leisten konnte. Doch dieses unverschämte Lösegeld zahlen wollte die Signoria, die wie immer von Finanznöten geplagt wurde, auch nicht.

    König Ludwig XII. von Frankreich nimmt die Übergabe der Stadt Genua entgegen: Der Monarch reitet als edler Ritter an der Spitze seines siegreichen Heeres. In Wirklichkeit zeichnete sich der König vor allem durch die Begabung aus, seine italienischen Bundesgenossen wie Florenz zur Kasse zu bitten.
    Schon nach der ersten Besprechung mit dem König war die Mission Della Casas und Machiavellis eigentlich gescheitert. Trotzdem zog sie sich über volle vier Monate hin. Beide Seiten kamen zusammen, tauschten die vorbereiteten Standpunkte aus und gingen ergebnislos auseinander. Dabei berief sich der König mit unbeirrbarem Starrsinn auf seine Ehre, die Florenz durch die Zahlung der 38.000 Franken wiederherstellen müsse. Della Casa und Machiavelli ihrerseits trugen die florentinische Version der Ereignisse vor und stießen auf taube Ohren. Die französischen Unterhändler zogen alle Register, um die Gesandten der Republik umzustimmen. Ihre Tonlage wechselte von väterlicher Ermahnung über ernsthaftes Ins-Gewissen-Reden bis hin zu eisiger Verachtung und offener

Weitere Kostenlose Bücher