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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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hieß konkret, dass man das aufständische Pisa mit starken Milizverbänden einkreisen und aushungern musste. Gesagt, getan! Im Februar und März 1509 führte Machiavelli seine Bauernmiliz vor die Mauern Pisas. Seine Berichte von der Kampfmoral der Truppe klangen euphorisch und weckten in Florenz großen Optimismus: «Was die Fußsoldaten betrifft, so sind die Kompanien großartig (bellissime) !»[ 86 ] Was das Problem der Desertion – «das freiwillige Bleiben», wie Machiavelli es nennt – betraf, so gab er auch in diesem heiklen Punkt Entwarnung. Nur die Leute aus Pescia, einem Ort in der Nachbarschaft, wollten nach Hause, hier habe er sich entgegenkommend gezeigt. Insgesamt dürfe man von dieser Miliz große Dinge erwarten.
    Zwischen den militärischen Operationen fand Machiavelli Zeit für einen diplomatischen Abstecher ins nahe gelegene Piombino. Dessen Herr, Jacopo d’Appiano, fühlte sich bemüßigt, den Friedensvermittler zu spielen, wie Machiavelli voller Misstrauen nach Florenz meldete. Sein Verdacht lautete: D’Appiano hilft den Pisanern, Zeit zu gewinnen und bessere Übergabebedingungen auszuhandeln. Wie wüsste er sonst, dass diese gegen die Zusicherung von Frieden, Ehre und Besitzständen bereit wären, wieder unter die Oberhoheit von Florenz zu treten? Demgegenüber machte Machiavelli den Standpunkt seiner Republik unmissverständlich klar: Nicht derjenige, der kapituliert, bestimmt die Konditionen, sondern die Macht, die die Kapitulation erzwingt, also Florenz. Florenz aber bestand auf demselben Abhängigkeitsverhältnis wie vor 1494. Das Fazit des Gesandten lautete daher, dass man diesen eigennützigen Makler nicht brauchte. So kam erneut kein Vertrag zustande, wiederum nicht zum Schaden der Republik.
    Florenz brachte stattdessen unter der tatkräftigen Führung Soderinis zwei wichtige Abkommen unter Dach und Fach: ein öffentliches mit Frankreich und Spanien zusammen und ein geheimes mit Frankreich allein. Im ersten der beiden Verträge verpflichteten sich die zwei «Supermächte», Florenz bei der Rückgewinnung Pisas zu unterstützen, doch nicht aus purer politischer Nächstenliebe: Gelang die Eroberung innerhalb der nächsten drei Jahre, musste die Republik den beiden übermächtigen Partnern jeweils 50.000 Dukaten bezahlen. Und Ludwig XII. wäre nicht Ludwig XII., wenn er sich nicht im zweiten geheimen Vertrag zusätzlich nochmals dieselbe Summe hätte zusichern lassen. Da Venedig Krieg mit Kaiser Maximilian führte, konnten die bedrängten Pisaner auf keine auswärtige Unterstützung mehr hoffen und leiteten daher Verhandlungen zur Übergabe ihrer Stadt ein. Machiavellis Miliz bezog ihre Belagerungsposten in den Forts von Grado, Mezzana und San Jacopo und sperrte dadurch die Lebensmittelzufuhr ab. Dabei kam es zu Scharmützeln, doch nicht zu größeren Kampfhandlungen. Doch diese Gefechte reichten aus, um das völlig erschöpfte Pisa zur Kapitulation zu bewegen. Diese wurde am 8. Juni 1509 unterzeichnet. Der territoriale und rechtliche Zustand vor dem Abfall der Untertanenstadt war damit wiederhergestellt.
    Die Binsenwahrheit, dass der Erfolg viele Väter hat, bekam das siegreiche Tandem Soderini-Machiavelli schnell zu spüren. Als es darum ging, die Kommandeure zu wählen, die die militärische Übergabe abwickeln sollten, siegten ausgerechnet die Salviati, Soderinis Konkurrenten. Alamanno Salviati war auf Wunsch der Pisaner auch bei der Aushandlung der Konditionen an führender Stelle beteiligt. Die Unterlegenen wussten, warum sie darauf bestanden: Die Salviati waren in und um Pisa reich begütert und würden die Pisaner daher mit Samthandschuhen anfassen.
    Machiavellis frühere Ratschläge, wie man mit den Rebellen von Arezzo umgehen sollte, wurden auch jetzt nicht befolgt. In seinen Augen ging Florenz wieder einmal den falschen Weg, nämlich den Mittelweg. Die Pisaner verloren ihre heiß geliebte Freiheit, aber nicht die Ressourcen, um sich bei nächster Gelegenheit erneut zu erheben. Machiavelli, der geistige Vater der Miliz, aber durfte sich erneut in Anerkennung sonnen, wie der Brief Filippo Casavecchias vom 17. Juni 1509 zeigt:
Ich glaube nicht, dass Eure Philosophie den Dummen jemals einleuchten wird. Und von den Klugen gibt es nicht genug – Ihr wisst was ich damit sagen will, ohne es offen auszudrücken. Jeden Tag sehe ich von Neuem, dass Ihr der größte Prophet seid, den die Juden oder andere Völker jemals hatten. Niccolò, Niccolò, ich sage Euch, dass ich Euch nicht

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