Machine Gun Preacher -: Die wahre Geschichte eines Predigers, der bis zum Äußersten geht, um Kinder zu retten. (German Edition)
historischen Maß an Freiheit und Wohlstand zu führen. Mit dieser Meinung stand ich übrigens nicht allein. John gehörte wie viele meiner Soldaten zum Stamm der Dinka. Obwohl er bereits mit zehn Jahren Waise wurde, bekam er ein Stipendium für das Grinnel College in Iowa und studierte Wirtschaftswissenschaften. In Tansania besuchte er eine Hochschule, wo er als Mitglied der University Students’ African Revolutionary Front Yoweri Museveni kennenlernte. Elf Jahre diente Garang in der sudanesischen Armee, dann kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück, um an der Iowa State seinen Masterabschluss in Agrarwissenschaften zu machen und in Wirtschaftswissenschaften zu promovieren. In Fort Benning in Georgia absolvierte er eine militärische Ausbildung.
1983 führte Garang ein Bataillon Soldaten gegen die sudanesische Regierung, die ihr eigenes Volk unterdrückte, Christen und Animisten im Süden des Landes, weil sie nicht, wie von der Regierung gefordert, zum Islam konvertieren wollten. Er half, die sudanesische Befreiungsarmee aufzubauen, und stand mehr als zehn Jahre lang an ihrer Spitze. Es gelang ihm, sich die Unterstützung von Uganda und anderen angrenzenden Ländern zu sichern.
1989 kam Omar al-Bashir durch einen Militärputsch im Sudan an die Macht. Unmittelbar nach seiner Machtergreifung erfolgte ein Verbot aller politischen Parteien und die Einführung des strengen islamischen Rechtssystems, der Scharia. Garang und seine Streitkräfte setzten sich für den Frieden im Süden ein und erreichten schließlich, dass die Regierung das semiautonome Land des Südsudan anerkannte. In einer historischen Begegnung am 9. Januar 2005 wurde der Krieg zwischen der Regierung in Khartum und der sudanesischen Befreiungsarmee durch das Comprehensive Peace Agreement (CPA) formell beendet. Garang wurde zum ersten Vizepräsidenten des Sudan und Präsident vom Südsudan ausgerufen. Er war der erste Christ und erste Mann aus dem Süden, der mit einem so hohen Regierungsamt betraut wurde. In dem Friedenvertrag wurden für 2011 unabhängige Wahlen versprochen, bei denen das Volk in der Region selbst entscheiden kann, ob es sich wieder dem Sudan anschließen oder auf Dauer die Unabhängigkeit behalten will.
John Garang ist es zu verdanken, dass sein Volk heute auf einen dauerhaften Frieden im Südsudan hoffen kann.
Mehrmals hatte ich Gelegenheit, John bei einer seiner Reden zu erleben. Er hatte von meiner Arbeit gehört. Im Frühling 2004 lud er mich zu einem der von der UNO initiierten Friedengespräche ein, die 2005 dann zum Friedensvertrag führten. Ich war total überrascht, eine Einladung zu bekommen. Das war keine spontane Aktion, wie ich zuerst dachte. Damals war ich seit sieben Jahren im Land tätig; Garang hatte meine Aktivitäten verfolgt.
Natürlich wollte ich John Garang gern kennenlernen, und ich hielt mich gerade ganz in der Nähe von Naivasha in Kenia auf, wo die Friedensgespräche stattfanden. Wir schickten John eine Nachricht, und er sagte seinen Leuten: „Dies ist ein guter Ort für den Pastor. Bringt ihn her. Lasst diesen Pastor zu mir kommen.“ Und so hatte ich tatsächlich Gelegenheit, zwei Tage an den Friedensgesprächen teilzunehmen. Auch wenn ich keineswegs offizieller Vertreter der amerikanischen Regierung war, hielt ich als weißer Amerikaner sein Anliegen für so wichtig, dass ich über den Ozean kam und ihn in seinem Kampf unterstützte.
Die Friedensgespräche fanden in einem luxuriösen Resort, der Naivasha Simba Lodge am Lake Naivasha, statt, etwa anderthalb Stunden von Nairobi entfernt – ein Tropenparadies. Der See ist eingebettet in eine üppige Vegetation, und wenn man ein wenig Geduld hat, kann man an seinem Ufer Affen oder eine Giraffe, einen Fischreiher oder einen Kormoran beobachten, oder sogar Nilpferde, die sich im Wasser vergnügen. Diese Hotelanlage ist wirklich ein Paradies: Graue zweistöckige Gebäude liegen inmitten eines Blumenmeers und auch einige hohe Bäume wachsen auf dem Gelände. Auf der anderen Seite des Sees erhebt sich der Mount Longonot aus dem Dunst, ein Vulkan, der nicht mehr aktiv ist. Blumen werden dort mit Gewinn vermarktet, und überall fanden sich frische, duftende Arrangements. Das alles hatte die UNO sicherlich viel Geld gekostet.
Beim Mittagessen, als alle schon zu essen begonnen hatten, bat John seinen Tischnachbarn, einen Platz zur Seite zu rücken, um Platz für mich zu machen. Das gehört zu einer meiner schönsten Erinnerungen an diese Zeit – und das
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