Macho-Mamas
würde ihr Mann sagen zu dieser Neuigkeit? Auslandsreisen sind für die Familie ein Stress. Um seine Mehrbelastung, die ihr Job verursachte, zu kompensieren, würde sie nach ihrer Rückkehr einen Extraeinsatz leisten müssen.
So etwas tun Mütter. Der Gerechtigkeit willen und des häuslichen Friedens zuliebe. Und zwar alle. Die Teilzeitmütter, die sich in den Neunzigern als Kompromiss zwischen Powerfrau und Vollzeitmutti herausgebildet haben. Und auch die Ernährerinnen, die Mütter, die fürs Einkommen sorgen und Haus und Kind ihrem Mann oder einer Nanny überlassen.
Noch sind die Brötchen-Mütter eine Ausnahmeerscheinung, aber sie sind auf dem Vormarsch. In Westdeutschland stieg der Anteil der Frauen, die mehr als sechzig Prozent des Familieneinkommens erwirtschaften, von sieben Prozent im Jahr 1991 auf 14,1 Prozent im Jahr 2007. Der Trend dürfte in der Schweiz ähnlich sein; genaue Zahlen fehlen noch. In einer Gesellschaft, in der ein einziges Einkommen oft nicht mehr reicht, um eine Familie zu ernähren, in der Lebensläufe brüchig werden, ist die Ernährerin eine Frauenrolle der Zukunft.
Wie gesagt haben diese Brötchen-Mütter es sich nicht einfach in der Rolle des Alleinernährers bequem gemacht. Diese bedeutete, sich nach Feierabend in einen Sessel zu fläzen, die Beine hochzulagern und tief zu seufzen, während die Frau das Essen auf den Tisch stellt. Der Teil mit dem Beinehochlagern und Seufzen wäre den Müttern zwar auch sympathisch – leisten können sie sich das aber nicht. Nach Feierabend packen sie mit an, eilen zu den Kindern, stopfen Löcher und Mäuler. Nicht nur, weil sie das Bedürfnis haben, trotz Berufstätigkeit so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern zu verbringen. Sondern auch, weil sie seit dem Mutterschaftsurlaub wissen, wie sich Urlaub als Mutter anfühlt. Kurz: Es ist ihnen klar, dass ihre Männer nach einem anstrengenden Tag mit Wickeln, Einkaufen und Aufräumen nichts dagegen haben, die verbleibende Zeit mit intellektuell ansprechenderen Tätigkeiten verbringen zu können. Und sei es die Sportschau.
Die Feministin Gloria Steinem prägte den Slogan: «Wir verwandeln uns in die Männer, die wir immer heiraten wollten.» Sie spielte darin auf den Wunsch vieler Frauen an, eine möglichst gute Partie zu machen. Denn über Jahrhunderte war die Ehe für Frauen der einzige Weg, ökonomische Sicherheit und Status zu erwerben. Heute werden Frauen aus eigener Kraft Anwälte und Ärztinnen und heiraten allein aus Liebe. Doch gerade die Liebe ist von der Verschiebung der Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern arg in Mitleidenschaft gezogen. Und wir beginnen heute zu ahnen, dass die Eroberung sogenannt männlicher Rollen eine konventionelle Partnerschaft und unsere Vorstellungen der klassischen Familie mehr destabilisieren könnte, als uns allen lieb ist.
Die Ironie der Biologie
Im Modell der doppelten Ernährerin versorgen Frauen ihre Familie per Brust und Konto. Sie gebären die Kinder und nähren sie mit ihrer Milch, und wenn sie einen guten Job haben, gehen sie irgendwann wieder arbeiten, meist schweren Herzens, aber doch froh, der Langeweile zu Hause zu entkommen. Oft wird in diesem Zusammenhang das Wort «Doppelbelastung» bemüht. Ja, es stellt hohe Anforderungen an Organisation, Energie, Geduld und Willen, sowohl eine intime Beziehung zu einem Baby, einem Kind zu pflegen und einen verantwortungsvollen Job zu meistern.
Macho-Mama hatte sich das Ganze sehr praktikabel vorgestellt, damals, als sie schwanger war: Morgens würde sie ihrem Mann das Baby in den Arm drücken und sich zur Arbeit verabschieden. Nicht genau berechnet hatte sie, was das Baby von ihr als Ernährerin verlangen und dass es sechsmal täglich laut nach ihren Brüsten schreien würde. Weil das Stillen ihr als natürlichste Sache der Welt verkauft worden war, organisierte sie ihre Arbeit entsprechend – mit allem Mehraufwand. Obwohl es sich zunächst gar nicht so natürlich anfühlte, sich als Milchbar zur Verfügung zu stellen. Die Verwandlung ihrer Brüste in eine reine Versorgungsstelle kam ihr aber nur am Anfang merkwürdig vor. Man gewöhnt sich daran, wie an eine neue Wohnung. Wenn es das Beste ist für das Baby, dann wird es auch für mich gut sein, sagte sich Macho-Mama, zumal sie den kleinen Scheißer über alles liebte. Hätte die «Belastung» nicht auch einem Bedürfnis entsprochen, sie hätte sie nicht auf sich genommen.
Dies ist die unveränderte Grundlage der meisten Familien. Zwar gibt
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