Macho-Mamas
es heute kaum mehr ein verbindliches Modell, das die Aufteilung von Betreuung, Finanzen und Zuständigkeiten allgemeinverbindlich regelt. Nur etwas ist verbindlich geblieben: dass die Frauen die Kinder gebären, sie in der ersten Zeit auch mit ihrem Körper ernähren, da sind, sich kümmern und eine intensive Bindung aufbauen. Viele Frauen können und wollen diese Mutterrolle nicht abgeben, auch wenn sie arbeiten. Das ist, praktisch gesehen, manchmal etwas kompliziert. Aber in dieser frühen Zeit von Baby und Mutter wird der Grundstein gelegt für die familiären Muster, in welche die Kinder hineinwachsen. Und so bleiben die Mütter oft das heimliche Zentrum der Familie – selbst wenn sie weniger zu Hause anwesend sind als der Vater oder sonst jemand.
Es ist die Ironie der Biologie. Jahrhundertelang wurde sie ins Feld geführt, wenn es darum ging, die Frauen am Herd zu halten. Und bis zur Erfindung der Pille waren die Frauen ihr ausgeliefert. Sie wurden schwanger und kamen nieder. Sie wurden schwanger und kamen nieder, bis sie nicht mehr hochkamen. Heute kontrollieren die Frauen, ob und wann sie Kinder bekommen wollen. Und zwar zunehmend unabhängig von ihren biologischen Voraussetzungen. Sie können Kinder adoptieren oder sich künstlich befruchten lassen, und sie können auch ohne Partner ein Kind bekommen und es großziehen. Die Biologie markiert nach wie vor eine Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, aber heute zugunsten der Frauen. Die Reproduktionslast der Frauen hat sich in eine eigentliche Reproduktionsmacht verwandelt.
Die emanzipierten Frauen wählen heute tatsächlich – allerdings mit schwerwiegenderen Folgen, als vor zwanzig Jahren gedacht. Sie wählen nicht nur, ob sie sich von ihrem Lohn Schuhe von Jimmy Choo oder Manolo Blahnik kaufen, sondern auch, ob sie sich überhaupt noch auf die traditionellen gesellschaftlichen Verträge zwischen den Geschlechtern einlassen. Das heißt, sie möchten wählen. Und stellen plötzlich fest, dass ihre vielen Optionen auch Chancen geschmälert haben: etwa einen passenden Mann zu finden, der mit ihnen eine Familie gründen will. So ließe sich jedenfalls die Tatsache interpretieren, dass gemäß der letzten Volkszählung nur knapp fünfundvierzig Prozent der Frauen mit einem akademischen Titel zwischen dreißig und fünfundvierzig verheiratet sind. Vierzig Prozent bleiben kinderlos. Von den Männern derselben Alters- und Bildungskategorie sind immerhin sechsundsechzig Prozent verheiratet. Aber sie orientieren sich dabei lieber «nach abwärts» – nur dreißig Prozent der Akademiker heiraten eine Frau mit demselben Ausbildungsniveau.
Die Heiratschancen eines Mannes steigen auch im neuen Jahrtausend noch mit der Höhe seines IQ. Bei den Frauen gilt umgekehrt: Mit einer Steigerung des IQ um sechzehn Punkte sinken die Chancen, einen festen Partner zu finden, um vierzig Prozent. Die Frauen können heute zwar Karriere machen, sie haben aber nicht die Macht, Männern das als attraktiv zu verkaufen.
Frauen aber wollen gefallen. Deshalb sind sie auch so anfällig für den «Hottie-Mythos», wie die Familienforscherin Stephanie Coontz in ihrem Buch Marriage, a history feststellte. Frauen versuchten, so ihre These, ihren gesellschaftlichen Aufstieg zu kompensieren, indem sie zeigen, dass sie total «heiß» und sexuell begehrenswert bleiben. Auch körperliche Schönheit wird heute als Leistung begriffen, ist zum Kriterium für Erfolg, soziale Anerkennung und gesellschaftlichen Wert geworden. Und weil der eigene Körper einfacher zu kontrollieren ist als sozialer Erfolg, werden diese Bestrebungen gerade für junge Frauen oft zum identitätsstiftenden Lebensinhalt. Sich dem Schönheitsideal zu unterwerfen bedeutet allerdings, zur ästhetischen Mängelliste zu mutieren: Schlecht ist es, zu groß zu sein, oder zu klein, zu große oder zu kleine oder ungleiche Brüste zu haben, einen zu großen oder zu kleinen Hintern. Die Haare sind zu fein oder zu kraus oder zu gerade, und wenn sie irgendwo anders wachsen als auf dem Schädel, müssen sie eliminiert werden. Dafür wird viel Zeit, Geld und Energie aufgewendet, die man auch für Schlaueres verwenden könnte. Coontz hält zwar fest, dass viele Frauen aus dieser Vorstellung irgendwann wieder herauswachsen – aber der Imperativ körperlicher Attraktivität bleibt bestehen.
Der Traumprinz
Und bis heute gültig sind auch die Heiratsmaximen unserer Großeltern: Als hätte es Alice Schwarzer und Co. nie gegeben, sehnen sich
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