Macho-Mamas
war es ursprünglich ihr Geld, mit dem er seine Firma aufgebaut hatte.
«Neid spielte nie eine Rolle», meint Amanda, beide hätten sich in der Beziehung als gleichwertig empfunden. Aber Geld ist ein Thema. Nicht als Statussymbol, sondern weil Geld für sie Freiheit bedeute. Geld ist das Medium, das Erwartungen und Verpflichtungen, Werte und Leistungen quantifiziert. In ihrer Familie habe deshalb ein Ungleichgewicht der Löhne immer zu Spannungen geführt, wie in den ersten Jahren. Sie verdient das Geld und muss beim Einkaufen genau rechnen, damit es bis Ende des Monats reicht. Als ihr Mann ihr zur Geburt des zweiten Kindes eine Halskette schenkt, die einen ganzen Monatslohn kostet, ist sie wenig erfreut. Denn im Gegensatz zu ihm weiß sie, dass sie sich in den nächsten Wochen hauptsächlich von Wurst und Brot ernähren werden, um das Budget wieder auszugleichen.
Wenn beide Partner in einer Familie Geld verdienen, dann spielt dieses Geld auch in alle anderen Bereiche des familiären Lebens hinein. Vor allem in die Beziehung. Dass Männer, die das Einkommen als ihr sekundäres Geschlechtsmerkmal begreifen, nicht unbedingt eine dominante Frau suchen, ist einleuchtend. Aber auch erstaunlich viele Alpha-Frauen kommen nicht gut klar damit, wenn der Mann ihnen unterlegen ist.
Die Frage der Dominanz
Zum Beispiel Muriel. Die Werberin traf ihren jetzigen Mann, einen Künstler, während des Studiums. Es war eine Amour fou mit ständigen Hochs und Tiefs. Ein erstes Kind wird geboren, sie trennen sich, sie finden wieder zusammen, ein zweites Kind wird geboren. Einen Plan gibt es nicht, nur die Zuversicht, dass man sich liebt und es schon irgendwie geht. Sie versuchen, ihre stürmische Liebe in ruhige Bahnen zu lenken. Muriel verdient schon während des Studiums das Geld, er besucht die Kunstschule. Nach der Ausbildung unterrichtet er ein wenig und versucht sich als freier Künstler. Bald verdient sie viel mehr als er, trotzdem bleiben Familie und Kinder ihr Zentrum. «Ich hatte das Gefühl, für die Kinder verantwortlich zu sein, er war so eine Art Nanny, die Feierabend hatte, sobald ich die Schwelle überschritt.» Er konzentriert sich auf seine Karriere, Haushalt und Kinderbetreuung bleiben größtenteils noch immer ihre Aufgabe.
Je mehr sie verdient, desto größer werden die Spannungen. Ein Karrieresprung von der Werbebranche in die Politik erweist sich als fatal für die Beziehung. Denn der Job ist nicht nur gut bezahlt, er macht ihr auch viel Freude. Das freut ihn hingegen weniger. «Für meinen Mann war es schwierig zu akzeptieren, dass ich das Geld heimbringe.»
Er selber verfolgt konsequent seine Karriere, die nicht so recht vorankommen will. Er beginnt ihr vorzuwerfen, dass sie zu viel weg ist. Er mäkelt an ihrem Job herum, er hat das Gefühl, seine Karriere müsse darunter leiden, immer wieder macht er sie für seine Stagnation verantwortlich. Sie sieht sich im Hamsterrad zwischen Beziehung, Kinder und Karriere gefangen.
Ein typischer Samstag läuft zum Beispiel so ab: Morgens geht sie mit den Kindern raus, rührt dann Zopf- und Wähenteig an, um dem Hausfrauenanspruch zu genügen, arbeitet am Nachmittag im Garten und konferiert gleichzeitig mit dem Chef per SMS über Kommunikationsstrategien, derweil sie ihre Kinder davon abzuhalten versucht, die Tomatensträucher kaputtzutrampeln. Wenn sie morgens in den Spiegel schaut und den Abdruck des Kissens auf ihrem Gesicht betrachtet, denkt sie darüber nach, dass es irgendwo einen Fehler im System geben muss. Doch eine Trennung kommt für sie nicht in Frage. «Die Stabilität der Familie ist mir wichtiger als mein persönlicher Freiraum.» Sie will mit ihm das Projekt Familie weiterleben, auch wenn sie ihren familiären Alltag gut ohne Mann organisieren könnte.
Heute haben Frauen die Möglichkeit, die Kinderfrage unabhängig von ihren romantischen Bedürfnissen zu regeln. Und deshalb stellen sie auch andere Ansprüche an die Ehe als noch vor zwanzig Jahren. Im Zweifelsfall verzichten Mütter ganz auf eine Partnerschaft, wie die zunehmende Zahl alleinerziehender Frauen in der Schweiz zeigt. 1970 verzeichnete das Bundesamt für Statistik rund 36000 sogenannte Ein-Eltern-Haushalte, 2000 waren es 90 000. Eine Zunahme von 150 Prozent in dreißig Jahren. In neun von zehn Fällen bestehen diese Ein-Eltern-Haushalte aus Single-Müttern mit Kindern.
Alleinerziehende Mütter werden normalerweise entweder mit Armut und Unglück in Verbindung gebracht, mit Sozialhilfe
Weitere Kostenlose Bücher