Macho-Mamas
immer noch viele Frauen nach einem Mann mit Macht und Status. Zwar spricht einiges dafür, dass die nächste Generation auch in dieser Frage wesentlich pragmatischer vorgehen wird. Heutige Frauen pflegen einen anderen Umgang mit den Männern als noch ihre Mütter. Diese heirateten meistens früh, und oft war es die erste oder eine erste große Liebe, die in die Ehe mündete. Heute verläuft das weit weniger geradlinig. Freundschaften können romantisch sein oder auch nicht. Beziehungen lösen einander ab, romantische und sexuelle Bedürfnisse werden diversifiziert. Und es ist auch nicht mehr undenkbar, dass Frauen sich mit deutlich jüngeren oder mit Männern unter ihrem Status verbinden. Was überlebt hat, ist die Fiktion vom Traumprinzen – von dem , vom einzigen richtigen Mann –, und meistens ist sie verbunden mit dem Kinderwunsch.
Und hier kollidiert die Fiktion oft mit der Wirklichkeit. In Männermagazinen war der Begriff Alpha-Frau traditionell besonders begehrenswerten weiblichen Exemplaren unserer Gattung vorbehalten. Heute werden in Lifestyle-Illustrierten führungswillige Frauen als Alpha-Frauen porträtiert, und oft wird darüber gerätselt, welche Sorte Partner denn ihr Traumprinz sein könnte. Der Alpha-Mann, der ihr Paroli bieten kann? Der Beta-Mann, der ihr die Jagd nach Erfolg ohne Groll überlässt? Der Beta-Mann kann sich aus der Perspektive der Frau allerdings leicht als Omega-Mann entpuppen – als Verlierer, den sie dann auch noch durchfüttern muss. Solche Kategorien sind zwar Spielereien und für die Beurteilung individueller Beziehungen unbrauchbar. Aber da eine Familie ein Kleinunternehmen ist, auf das man sich zumindest für zwei Jahrzehnte verpflichtet, ist es unumgänglich, ein paar Gedanken daran zu verschwenden, welche Rolle man darin spielen möchte. Und in welcher Rolle man den Partner sieht. Und ob die eigenen Vorstellungen mit denen des Partners vereinbar sind.
Als Beispiel eine Geschichte. Amanda war sechsundzwanzig Jahre alt, hatte gerade ihr Studium abgeschlossen, war voller Pläne und verliebt. Ihr Freund war gutaussehend, smart, voller Schwung und aus gutem Hause. Und er hatte einen Plan, wie er ihr bei einem Mittagessen eröffnete. Er habe nämlich eine Stelle in Harvard angeboten bekommen und auch schon zugesagt. Und, jetzt kommt’s, er würde sie gerne mitnehmen. Er strahlte. Sie hätte auch gern gestrahlt, aber das Feuer wollte nicht so richtig zünden. Warum hatte er sie nicht zuerst gefragt, ob sie überhaupt mitkommen wollte? Weil er davon ausging, dass ihr Plan, wenn sie denn einen hatte, darin bestand, sich einem Mann anzuschließen. Wenn er sie nicht einmal bei einer solch wichtigen Entscheidung mit einbezog, konnte sie dann von ihm erwarten, dass er sich an einer Familie mehr beteiligen würde als bloß finanziell? Die Abreise ihres Freundes nach Harvard war zugleich das Ende der Beziehung.
Weiblicher Instinkt, nennt es Amanda heute. Dieser habe sie den Mann auswählen lassen, mit dem sie heute seit zwanzig Jahren verheiratet ist und mit dem sie drei Kinder hat. Beide führen ihr eigenes Unternehmen. «Ich erkannte in ihm ein Potential. Ich merkte, dass ich ihn antreiben kann, aber ich sah auch, dass er mir Raum geben würde, mich selber zu entwickeln.» Ihr Mann sieht es genauso. Allerdings lasse sich nicht jeder Mann antreiben, meint er. Manchen komme es zugute, andere gingen daran zugrunde.
Zu Beginn verdiente Amanda das Geld für die Familie, er beendete sein Studium. Für beide eine schwierige Situation. Er will seine Familie ernähren können und schuftet für den Aufbau eines eigenen Unternehmens. Nicht weil sie ihn dazu antreibt. «Ich hätte mir gut vorstellen können, die Familie zu ernähren», sagt sie. «Aber er hatte diese Vorstellung des Ernährers tief in sich.» Und so arbeiten sie beide voll, und sie meistert daneben die Familie. Als Assistenzärztin muss sie öfter die Stelle wechseln, also jedes Mal die Betreuung neu organisieren, ein Flickwerk aus Krippe, Nachbarschaftshilfe, Tagesmüttern, Au-pair-Mädchen, Mittagstisch.
Später, als die Kinder heranwachsen, sind sie beide mit ihren Unternehmen erfolgreich und unterstützen einander. «Über die Jahre war unsere Beziehung ein Give and Take.» Mal arbeitet der eine mehr, und die andere kümmert sich mehr um die Familie, dann umgekehrt. Noch kommt es vor, dass sie in gemeinsamen Sitzungen nur als «Frau von …» wahrgenommen wird. Was ihr jedes Mal einen kleinen Stich gibt. Schließlich
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