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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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der totale Schwachsinn, denn der einzige Grund, Kaffee zu trinken, ist Koffein. Koffein ist eine Droge, die den Kreislauf stimuliert und uns die Energie gibt, sinnlose Tätigkeiten zu verrichten (wie z. B. sich Werbesprüche für koffeinfreien Kaffee auszudenken). Einzig und allein, um an die Droge Koffein zu kommen, nehmen wir den bitteren Kaffeegeschmack in Kauf, bzw. versuchen, ihn mit Hilfe von Milch und Zucker einigermaßen erträglich zu gestalten. Aber ohne Koffein gibt es nun wirklich überhaupt keinen Grund mehr,sich diese widerliche Plörre reinzuziehen. Koffeinfreier Kaffee -das ist wie Fußball ohne Tore, wie Udo Lindenberg ohne Hut, wie Pamela Anderson ohne Brustimplantate.
    Rüdiger Kleinmüller kreist Punkt 4 rot ein: »Nur für Frauen«.
    »Hier ist unser Ansatzpunkt: Koffeinfreier Kaffee wird bisher als Produkt für Frauen und Weicheier angesehen. Also: Was könnte einen Mann dazu veranlassen, koffeinfreien Kaffee zu kaufen?«
     
    Rüdiger Kleinmüller schaut erwartungsvoll in die Runde ... Moment, kann es sein, dass er uns tatsächlich zu Wort kommen lassen will? Natürlich nicht.
    »Ich komme nur auf drei Möglichkeiten: a) das Wort ›koffeinfrei‹ ist so klein gedruckt, dass er die falsche Packung nimmt, b) das Wort ›koffeinfrei‹ ist normal gedruckt, aber er ist ein bisschen blöd und wählt trotzdem die falsche Packung, und c) er ist beim Jahrestreffen der Transvestiten-Union für die Getränke verantwortlich ... Haha, ihr seht: Gar nichts kann einen Mann dazu veranlassen, koffeinfreien Kaffee zu kaufen.«
    Fast 30 Sekunden ohne englisches Wort – um ein Haar hätte mein Chef seinen persönlichen Rekord gebrochen.
    »Ein großer Kaffeehersteller plant für 2010 einen Relaunch von koffeinfreiem Kaffee.«
    Ich wusste bis jetzt noch gar nicht, dass man koffeinfreien Kaffee relaunchen kann. Aber wenn das jemand mit coolem Dreitagebart und grauen Schläfen im Designer-Anzug sagt, dann sollte man ihm das wohl glauben.
    »Was also brauchen wir? (rhetorische Pause) Den male approach to koffeinfreier Kaffee.«
    Jetzt findet es Rüdiger Kleinmüller kein bisschen albern, den Begriff »male approach to koffeinfreier Kaffee« auf das Flipchart zu schreiben. Normalerweise würde ich denken, dass so jemand an einer misfunction im brain suffert, aber weil er mein Chef ist, tue ich so, als wär er ganz normal.
    »Also, ihr bastelt mir bis nächste Woche eine Image Campaign. Noch Fragen? Alles klar.«
    Der Chef verschwindet und lässt mich mit meinen drei Kollegen Karl, Lysa und Ulli ratlos zurück. Was ist das eigentlichfür eine Welt, in der sich vier künstlerisch begabte intelligente Menschen eine ganze Woche lang das Hirn darüber zermartern müssen, wie man irgendwelche Adilettenträger für koffeinfreien Kaffee begeistert, die sich nur deshalb zu Lidl geschleppt haben, um die Asbach-Uralt-Ration fürs Wochenende zu beschaffen?! Karl zündet sich eine Zigarette an.
    »Auf die Scheiße rauch ich erst mal eine Marlboro ... Der male approach to Lungenkrebs.«
    Karl ist fanatischer Verfechter der Freiheit zu rauchen. Er hat sich einer Sammelklage gegen das Rauchverbot in Gaststätten angeschlossen und wettert stundenlang fanatisch gegen den Fanatismus von Nichtrauchern. Da Lysa auch raucht, sind wir zwei gegen zwei. Ulli ist zwar bekennender Hypochonder, aber seine Angst vor Konflikten ist stärker als die vor dem Passivrauchen. Da ich Ulli in Sachen Harmoniebedürfnis in nichts nachstehe, wird halt geraucht. Wirkt irgendwie auch kreativer. Brecht und Sartre haben schließlich auch geraucht. Einem echten Rocker wie Karl kann man das sowieso nicht verbieten. (Karl ist in seiner Freizeit Bassist der Heavy-Metal-Formation »Hysterical Death« (musikalisch irgendwo zwischen Baulärm und 3. Weltkrieg.)
    »So, ich geh dann mal den female piss factor im water closet upgraden.«
    Das war Lysas Gag. Sie ist der lebende Beweis, dass die Theorie, Frauen hätten keinen Humor, nicht stimmt. Ihre Eltern haben ihr den Sinn fürs Marketing quasi in die Wiege gelegt: Das y macht den doch recht gewöhnlichen Namen Lisa irgendwie interessant. 9 Wobei eine Frau auch mit dem Namen Kotznulpe für Männer interessant wäre, wenn sie so aussieht wie Scarlett Johansson. Und Lysa sieht aus wie Scarlett Johansson. Das bedeutet: Jeder heterosexuelle Mann in der Firma hat es schon mal bei ihr versucht.
    Jeder bis auf mich. Da ich gerade mit Mark telefoniert habe, als Lysa zum ersten Mal unser Büro betrat, hat sie mich als

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