Macho Man: Roman (German Edition)
(Nette Idee, aber dazu hätte ich vorher eine Kamera verstecken müssen.)
• Tut mir leid, aber ich bin ein Außerirdischer vom Planeten Xonon 7. Ich habe diesen Körper erst vor wenigen Tagen besetzt und bin mit den Gepflogenheiten auf der Erde noch nicht so recht vertraut. (Relativ unglaubwürdig.)
• Meine Sitznachbarin stand kurz vor einer Panikattacke, und da wollte ich ihr nur schnell eine Heroinspritze aus meiner
Tasche holen. (Bis auf die Heroinspritze genial, das sag ich.)
»Also, äh, es war so: Meine Sitznachbarin stand kurz vor einer Panikattacke, und da wollte ich ihr nur schnell ein, äh, Beruhigungsmittel aus der Tasche holen.«
Plötzlich lächelt die Stewardess.
»Ach so. Na dann ... Aber trotzdem: Seien Sie in Zukunft vorsichtig und spielen nicht wieder den Helden.«
Held. Dieses Wort habe ich noch nie mit mir in Verbindung gebracht. Zum Beispiel an Karneval, da sind meine Freunde immer als Cowboy gegangen oder als Superman – ich als Bertolt Brecht. Im schwarzen Rollkragenpulli auf der Kostümparty – da kommt Stimmung auf. Wenigstens durfte ich Zigarre rauchen – sonst wär's ja nicht authentisch gewesen. Und da war ich dann doch der Einzige in der Grundschule.
Aber konnte Brecht fliegen? Fehlanzeige. Jetzt, fast 30 Jahre später, bezeichnet mich eine Stewardess als Helden der Lüfte. Und neben mir sitzt eine Blondine, die ich retten muss. Auch wenn mich ihr Beauty-Case fast erschlagen hat und ich ohnmächtig auf ihren Schoß gesackt bin – sie lächelt mich fasziniert an.
»Du bist 'n geiler Typ, Daniel. Ich geb dir meine Handynummer. Vielleicht treffen wir uns ja mal in Köln.«
»Oh, das ist nett, aber ich glaube nicht, dass ich ... Äh, also, es ist so, ich bin gerade frisch verliebt, und deshalb bin ich, also was das Treffen von attraktiven blonden ... wobei die Haarfarbeeigentlich keine Rolle spielt, es geht mehr um das, äh, Geschlecht und die, äh, Attraktivität, also,... äh, dübndüdüüüü... Ich meine: Da hab isch mit dem Ruddi Völler schon drübber jesprochen, dat is hundertprozentig klar, da müssen wir überhaupt nit drübber diskutieren...«
Es ist immer gut, wenn man klar und mit unnachgiebiger Härte seine Grenzen definiert. Und Viviane hat auch genau verstanden, was ich meine, denn sie schreibt gerade mit Kugelschreiber ihre Handynummer in meinen Reisepass.
Na bravo – der läuft erst in fünf Jahren ab! Jetzt werde ich fünf Jahre lang auf jeder Reise Angst haben, dass Aylin in meinen Pass schaut. Und irgendwann, in vier Jahren – da haben Aylin und ich vielleicht schon einen Sohn, der »Michael Ballack wird überschätzt« sagen kann –, dann liegen wir glücklich in einer Hütte auf den Seychellen, und während ich ihr den Rücken mit Kokosöl einreibe, fragt sie plötzlich: »Wer ist Viviane???«
Natürlich werde ich mir in vier Jahren über 1000 Antworten auf diese Frage zurechtgelegt haben, in der Art von: »Das ist die Service-Dame vom Einwohnermeldeamt. Wenn der Pass abgelaufen ist, soll ich sie anrufen«, aber sie wird mir nicht glauben -Streit, Scheidung, unglücklich für den Rest des Lebens.
Ich schaue Viviane fassungslos an. Sie lächelt mit einem »Ich-kenne-alle-Sexualpraktiken-aus-persönlicher-Erfahrung«-Blick zurück. Das darf ja wohl nicht wahr sein. Warum gehen geheime Wünsche immer dann in Erfüllung, wenn man's nicht mehr will? Mein Mund wird trocken. Ich brauche dringend 'ne Cola. Ich winke der Stewardess. Die Stewardess lächelt und zwinkert mir zu. Sie hat mich missverstanden. Sie dachte, ich will flirten.
* Liebe blonde Leserinnen, ich möchte nur klarstellen, dass ich das despektierliche Wort »Dummbratze« hier unabhängig von der Haarfarbe meiner Sitznachbarin verwende; der aggressive Unterton rührt von meiner Angst her, dass die Dame mit ihrem Handy einen Flugzeugabsturz verursachen könnte.
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Das ist schon hart, wenn man nach zwei Wochen im Paradies den Barbarossaplatz wiedersieht. Ich habe kurz überlegt, in der Eifelstraße auszusteigen, den Barbarossaplatz zu umlaufen und dann in der Poststraße wieder in die Bahn einzusteigen – aber das ist doch auch keine Lösung. Man muss sich damit abfinden, dass es hässliche Dinge im Leben gibt: Kriege, unfähige Linienrichter, den Barbarossaplatz. Aber wie bei der Linie 15, so im Leben: Nach jedem Barbarossaplatz kommt auch wieder ein Zülpicher Platz. Jetzt ist der Zülpicher Platz nicht wesentlich schöner als der Barbarossaplatz, aber immerhin ein bisschen.
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