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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stadt?« Manchmal kamen chinesische Rikscha-Kulis auf uns zugelaufen. Ihre Stimmen klangen winselnd. Einem, der besonders aufdringlich war, sagte Papauskas auf Russisch, er solle sich verpissen, wenn er nicht was in die Fresse haben wolle.
    Dann standen wir plötzlich auf einer Kreuzung.
    »Oh! Das kenne ich! Hier in der Nähe ist das buddhistische Kloster. Gehen wir hin?«
    »Ist das heiß. Stehen wir hier nicht länger rum.«
    »Ich möchte sehr gern in das Kloster gehen. Sind wir Buddhisten oder nicht?«
    »Buddha Akbar! In Ewigkeit, amen ...«
    »Sag mir doch mal, Papauskas, warum hat Buddha auf allen Bildern geschlossene Augen?«
    »Es kommt nicht auf die Augen an. Das Wichtigste bei den Abbildungen Buddhas ist seine besondere Mütze. Sie heißt Buddjonnowka.«
    »Ich meine es ernst. Für mich ist das SEHR ernst.«
    »Verstehst du – die tocharischen Einflüsse – und überhaupt die buddhistische Ikonographie – schon seit dem dritten Jahrhundert nach Christus ...«
    »Nein, sag doch, ist ihm alles scheißegal?«
    »Wem?«
    »Buddha. Sind wir ihm scheißegal, ja? Warum schaut er uns nicht an?«
    Wir standen an der Kreuzung. Zum Kloster musste man nach links gehen. Brigitta blickte sehnsüchtig in die entgegengesetzte Richtung.
    »Bleiben wir jetzt hier so stehen?«
    »Das heißt, wir gehen nicht ins Kloster?«
    »Gehen wir zum Campus. Ich hab noch Alkohol. Ein bisschen.«
    »Alkohol? Na gut, gehen wir.«
    Das Kloster blieb hinter uns zurück. Wir gingen zu einem Park. Auf dem Rasen war ein riesiges Zifferblatt aus Blumen ausgelegt. Die Zeiger bestätigten, dass die Delegierten die Vorträge bereits gehört hatten und jetzt bei der Debatte waren. Über dem Zifferblatt stand ein Denkmal für einen unbekannten kuala-lumpurschen Helden. Wir gingen über das sorgfältig gestutzte Gras. Der Held verzog sein bronzenes Gesicht.
    Im Park wuchsen Palmen einer mir nicht bekannten Sorte. Auf den Wegen hüpften junge Malaien, strampelten mit ihren kurzen Beinchen und demonstrierten die Kunstgriffe östlicher Zweikämpfe. Vor jedem Grüppchen stand ein Korb, in den die Passanten Scheine und Münzen warfen. In Europa tanzen die Jungen in solchen Fällen Breakdance.
    Wir blieben stehen, um zuzuschauen. Die Zweikämpfer zappelten noch lebhafter. Besonders eindrucksvoll gelangen ihnen die Kampfschreie. Papauskas ging zu dem Korb, in dem das meiste Geld lag, und fischte ein paar Scheine heraus. Die Malaien standen fassungslos still. Ihr aggressives Schweigen bohrte sich uns in den Rücken.
    Wir traten auf die belebte Straße hinaus.
    »Ein Ringgit ist wie viel in Rubel?«
    »In Rubel?«
    »Na, oder zumindest in Dollar?«
    »Ein Dollar sind acht Ringgit.«
    »Und ein Ringgit sind wie viele Dollar?«
    »Also – äh, warte, so kann man das nicht sagen.«
    »Kurz gesagt, haben wir noch genug für Bier?«
    Zum Kongress-Center fuhren wir mit dem Taxi. Als wir in unser Stockwerk hinaufstiegen, stolperte Brigitta mehrmals. Ich fasste sie am Ellbogen. Dann wühlte sie lange in ihren Taschen.
    »Shit! Die Schlüssel sind weg!«
    »Was?«
    »Ah! Da sind sie ja! Kommt rein!«
    Das Bett war seit der letzten Nacht noch nicht wieder gemacht worden. Den Wodka tranken wir viel zu schnell aus. Er schmeckte widerlich.
    »Gehen wir runter, Bier holen? Oder gehen wir in den liqueurstore?«
    »Auf lange Märsche hab ich keinen Bock. Näher gibt‘s nichts?«
    »Oh! Wisst ihr was? Gestern haben die Iren mich eingeladen – oder die Schotten? Ich weiß nicht mehr. Die haben was.«
    »Na und?«
    »Geh doch hin, ja? Zimmernummer dreihundertsiebzehn. Das ist im dritten Stock.«
    »Warum ich? Sie haben doch dich eingeladen.«
    »Was zum Henker macht das für einen Unterschied? Geh schon. Merk dir: dreihundertsiebzehn. Wenn sie dir so nichts geben, sag, sie sollen es verkaufen. Soll ich dir Geld geben?«
    »Und ihr?«
    »Wir warten hier auf dich. Aber bleib nicht zu lange weg, okay?«
    Auf Zehenspitzen stieg ich die Treppe hinunter. Die Stufen knarrten verräterisch. Wachsame Malaien waren nicht zu sehen. Die Tür von Dreihundertsiebzehn wurde lange nicht geöffnet. Ich klopfte noch einmal. Durch einen schmalen Spalt schaute ein Bursche mit spärlichem, aber gelocktem Haar heraus.
    »What?«
    »Hm – also ...«
    Der Bursche musterte mich eingehend.
    »Du bist nicht von der Verwaltung, stimmt‘s?«
    »Nein. Ich bin Journalist. Russe.«
    »Na, dann komm rein!«
    Auf den Betten und dem Fußboden saßen etwa acht Leute. Alle schwiegen und sahen mir ins

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