Machos weinen nicht
Gesicht. Im Zimmer hing ein eigenartiger Geruch. Vielleicht war es aber auch kein Marihuana. »Guys! Ein Russe ist zu uns gekommen!«
Die Sitzenden atmeten erleichtert auf und machten sich daran, die versteckten Flaschen herauszuholen. Zündeten sich die ausgedrückten Zigaretten wieder an. Sogleich gab man mir einen Becher in die Hand. Die Jungen hatten runde britische Bäckchen. Sie unterhielten sich mit diesem flüsternden Mickey-Rourke-Akzent, der auf die Petersburger Mädchen eine verheerendere Wirkung hat als ein Dildo.
»Stimmt es, dass die Russen mehr trinken als alle anderen auf der Welt?«
»Die Russen essen weniger als alle anderen auf der Welt.«
»Und trinken?«
»Weiß ich nicht.«
»Stimmt es, dass ihr Wodka trinkgläserweise trinkt?«
»Stimmt nicht. Ich trinke Wodka nicht trinkgläserweise.«
»Aber du kannst es?«
»Ja.«
»Auch Beefeater?«
»Auch Beefeater.«
»He, gießt dem Russen ein! Zeig, was du kannst! Oho! Du bist ja Spitze! Was heißt auf Russisch hangover?«
»Budun.«
»Ich werde mich bemühen, dieses Wort zu behalten.«
»Du brauchst dich nicht zu bemühen. Wenn du morgens aufwachst und in deinem Kopf ›Budumm! Budummm!‹ hörst – das ist hangover auf Russisch.«
Dann sagte ich den Jungs, es ginge mich natürlich nichts an, aber in den Zollerklärungen stünde in Bezug auf Narkotika geschrieben ... Sie sagten, das wüssten sie. Dann fielen mir Papauskas und Brigitta ein.
»Wisst ihr was? Einen Stock höher sitzt bei mir ein Freund. Und ein Mädchen. Soll ich sie holen? Was meint ihr?«
»Ein Mädchen? Eine Russin?«
»Aus Belgien. Soll ich sie holen?«
»Wozu? Gehen wir lieber zu ihr. Hat sie noch eine Freundin?« Umständlich schlossen sie das Zimmer ab. Als sie die Treppe hinaufstiegen, bemühten sie sich, keinen Lärm zu machen und nicht mit den Flaschen zu klirren. Alle legten die Finger an die Lippen, zischten »Schschsch!« und kicherten.
Ich öffnete vorsichtig, um keinen Krach zu machen, die Tür und krächzte: »C‘mon!« Papauskas schoss vom Bett hoch und zerrte sich hastig die Jeans über. Die Burschen stürmten ins Zimmer, stellten die Flaschen auf den Tisch und fingen alle gleichzeitig an zu reden. Brigitta bedeckte ihren nackten Bauch mit dem Bettlaken.
»Man klopft doch wohl an!«
»Scheiß drauf! Anständige Leute schließen sich in solchen Situationen ein. Und überhaupt, sprich Englisch. Das ist unhöflich.«
»Aber einzubrechen, ohne anzuklopfen, ist höflich?«
Alle machten sich miteinander bekannt, alle tranken und redeten. Brigitta verschwand auf die Toilette, zog sich irgendwelche Jeans an. Den ersten Becher trank sie in einem Zug aus.
»I‘m sorry , habt ihr kein Radio?«
»Zwecklos. Ich hab‘s probiert. Hier gibt es keine UKW-Sender.«
»Keine?! UKW?! Sender?! Guys, wohin sind wir geraten?!«
»Papauskas! Hör auf! Mit deinem Deodorant hast du ganz Kuala Lumpur verpestet!«
»Das ist kein Deodorant. Das ist ein Insektenspray.«
Er saß auf dem Fußboden und versuchte, sich mit einem langen, zugewachsenen Iren zu unterhalten. Der Ire stellte Fragen und nickte höflich mit dem Kopf.
»Bist du auch Russe?«
»Ja. Ich bin Russe.«
»Hör nicht auf ihn! Was ist er für ein Russe? Er heißt mit Nachnamen Papauskas! Tschuchonzenfresse!«
»Was bedeutet dieses Wort?«
»Er ist KEIN Russe.«
»Und du bist ein Nationalist!«
»Oh! Ich habe viel über die russischen Faschisten gelesen. Gibt es in Russland Faschisten?«
»Russische Faschisten können in Russland nur die Juden sein.«
»Warum?«
»Wenn die russischen Faschisten einen echten Russen sehen, dann pupsen sie vor Ärger und fangen an, Hebräisch zu lernen.«
»Warum?«
»Hast du schon mal einen lebendigen Russen gesehen? Ein echter Russe ist blöd und riecht schlecht.«
»Aber du riechst gut.«
»Erstens ist noch nicht Abend. Und zweitens bin ich kein richtiger Russe. Ich lebe in Petersburg. In meiner Stadt ist es den Juden noch gelungen, Eau de Cologne heimisch zu machen.«
»Gibt es in Russland viele Juden?«
»Russland hat sogar die Juden verdorben. In letzter Zeit riechen auch sie schlecht.«
»Bist du orthodox?«
»Orthodox?! Oh! Die russische Kirche! Wenn die Heiligen im Paradies die russischen Popen blöken hören, verziehen sie das Gesicht und kotzen!«
»Liebst du die orthodoxe Kirche nicht?«
»Wie sollte ich sie nicht lieben – so wie sie ist? Sollen die Heiligen kotzen – ich bin kein Heiliger! Ich liebe sogar ein so sinnloses Ding wie die
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