Machos weinen nicht
Kopfschmerzen. Schrei doch nicht so. Hol lieber die Gurken. Und für mich die Lake. Du weißt doch, ich kann nicht viel trinken.«
»Warum trinkst du, wenn du es nicht verträgst?«
»Warum was? Warum ich trinke? Ich trinke nicht. Hol die Lake. Warum bist du überhaupt nackt?«
»Ich hab ‘nen Schwanz gelutscht.«
»Hör auf.«
»Warum? Denkst du, ich mache Witze? DENKST DU, ICH MACHE WITZE?«
Sie rutschte mit dem Becken voran vom Sofa. Legte sich die dicke, unschöne Brust auf die Knie und zog Edik die Unterhose herunter. Ihr heller Nacken flimmerte mir vor den Augen wie ein Rad, das sich beim genauen Hinsehen immer in die andere Richtung dreht. Eine ihrer Haarsträhnen klebte an Ediks Glied. Sweta nahm es aus dem Mund und zupfte sich mit den Fingernägeln an der Zunge. Ihre Augen waren wieder fest zusammengekniffen. Das Glied war grau und klein. Es wollte ihr immer wieder aus der Hand rutschen und sich an der Hüfte seines Besitzers verkriechen. So verstecken sich kleine Kinder hinter dem Rücken ihrer Eltern vor einem schrecklichen Hund.
»Sweta! Es reicht!«
Sie erstarrte. Als horche sie mit dem ganzen Rücken auf das, was geschah.
»Hol die Lake!« Schutts Gesicht rutschte auf den Boden wie ein gegen die Wand geschlagenes Eigelb. Sweta erhob sich. Sonnenquadrate strichen wollüstig über ihre Haut.
»Na, was sagst du? Hat‘s dir gefallen?«
»Geh in die Küche.«
»Das ist alles?«
Edik knallte mit dem Gummiband seiner Unterhose und sagte: »Wirklich – Gurken wären jetzt super. Und Wodka ist ja auch noch übrig.«
Sweta wischte sich mit einer weit ausholenden Bewegung die Lippen ab. Drehte sich um und schlug Edik ins Gesicht.
»Was ist los?«
Sie schwankte und schlug Edik noch einmal. Er hielt schützend den Arm vors Gesicht. Ein guter Boxer lässt niemals zwei Schläge nacheinander durch. Sweta riss ihm den Arm weg und trat ihm gegen den Knöchel.
Alle erstarrten.
Edik sagte: »M-mja.«
Der trübe Rauch der Zigarette schillerte in der Morgensonne. Er drehte sich in Wirbeln umeinander und setzte sich in Schichten ab, wie ein schlecht gerührter Cocktail. Es sah aus, als wäre Edik auf eine Rockbühne getreten und würde gleich anfangen zu singen.
Ich dachte, dass eine gebrochene Nase einem Mädchen gewöhnlich nicht steht.
Edik bewegte die Hand mit der Zigarette vorsichtig, um die Asche nicht fallen zu lassen, auf den Aschenbecher zu. Er schnippte mit dem Finger dagegen.
»Okay. Ich gehe.«
Alle sahen ihn an und warteten. Er griff nach seiner Jeans.
»Ich hätte nicht gedacht, Wolodja, dass es so weit kommen würde. Bei dir zu Hause!«
»Warte, Edik!«
»Was gibt‘s da zu warten? Ich dachte, ich wäre zu einem Kameraden gefahren.«
»So warte doch!«
»Worauf warten, Wolodja? Worauf? Du siehst doch selber, was los ist!«
»Nein, warum denn? Denkst du etwa ... Sweta, wieso machst du so was?«
»Gehen wir, Kumpel.«
Schutt schwankte auf seinen dünnen, behaarten Beinen hin und her. Die Jungs erhoben sich aus ihren Sesseln. Sie machten beleidigte Gesichter. Edik suchte, mit der Hand auf dem Sofa herumpatschend, nach seinem Hemd.
»Wohin wollt ihr denn? Jungs! Aber das ist doch ... Swetka!«
»Wirst du mit deiner Schnalle nicht fertig?«
Schutt drehte sich zu Sweta um. Dann schaute er noch einmal im Zimmer umher. Er hatte eine große und starke Hand. Mir kam es so vor, als sei Sweta gefallen, noch bevor er sie geschlagen hatte. Lange, nackte Beine zuckten durch die Luft. Wie zum Victory-Zeichen gespreizte Finger.
Mit dem Rücken fiel sie direkt auf den Tisch. Etwas klirrte. Marinade spritzte auf die Bücherschränke. Die in Splittern und Essensresten liegende Sweta sah aus wie die Galionsfigur einer Fregatte. Das Schiff hielt dem schweren Seegang nicht stand und ging mit allen Segeln auf Grund. Nach einer sehr langen Sekunde fiel ein kleiner Stuhl hinterher.
* * *
In der Diele brummelte jemand, wenn man den Weibern erst mal freie Hand ließe – die Weiber müsse man an kurzer Leine halten – ich verstehe schon! Zu begreifen, wie man sich die Schuhe zuschnürt, war nicht leicht. Das letzte Mal hab ich mich so angestrengt, als ich mein Examen in Trigonometrie gemacht habe. Ich klopfte mir auf die Taschen. Was ich wohl vergessen hatte?
Ich hatte die Tür schon geöffnet, da kam mir die Idee, es wäre nicht schlecht, ein paar Zigaretten zu stehlen. Durch die Wohnung wanderten nackte, halbnackte und überhaupt nicht nackte Menschen. In der Küche suchte ich im Kühlschrank
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