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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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bescheuerte Arbeit.«
    »Und weißt du, warum?«
    »Willst du noch Kognak?«
    »Ein riesiges Gebäude. Ein Haufen Leute. Und womit beschäftigt ihr euch? Irgendwelche Wahlen habt ihr euch ausgedacht!«
    »Die Wahlen habe nicht ich mir ausgedacht. Ehrenwort.«
    »Wer braucht sie denn, eure Wahlen? Sieh dich doch um! So ein Haufen Leute! Sie trinken Kognak, tragen bescheuerte Krawatten ...«
    »Was hab ich damit zu tun?«
    »Du hast doch selber von den Moskauern erzählt, die die Geräte gebracht haben. Jenny, haben Sie diese Geschichte gehört?«
    »Also, soll ich jetzt noch Kognak holen oder nicht?!«
    »Kennen Sie die etwa noch nicht? Aus Moskau hat man den Lokalkandidaten technische Geräte geschickt. Zwei Wagenladungen Computer, Faxe-Schmaxe und allen möglichen Plunder. Wozu? Wohin mit dem ganzen Kram? Die eine Hälfte haben die Mitarbeiter gleich am ersten Tag nach Hause abgeschleppt, und die andere Hälfte ist kaputtgegangen, als man den Imbiss für die Gäste organisiert hat. Im Suff haben sie alles kurz und klein geschlagen. Wobei eine hiesige Weinfabrik gewissermaßen dienstverpflichtet worden war, den Alkohol für den Imbiss bereitzustellen. Kostenlos! So war es doch, oder? Du hast selbst gesagt, dein Chef wäre zweimal von den ›Außenstellen‹ der Stadtverwaltung angerufen worden!«
    »Wenn es einen Grund gibt, warum ich Journalisten nicht mag, dann ist es ihr Zynismus. Hauptsache, sie können alles in den Dreck ziehen.«
    »Was heißt, in den Dreck ziehen? Solange ich hier rumhänge, höre ich immer nur dasselbe: Wir arbeiten! Wir denken an die Menschen! Mit diesen unseren Händen bewahren wir die Stadt vor dem Sturz in den Abgrund! Sieh dich doch um! An welche Menschen?!«
    Felix schwieg.
    »Glaubt ihr etwa selber daran? Was kann man hier noch in den Dreck ziehen?«
    Felix blickte die Dame an der Kasse an, rieb sich das Kinn, erhob sich und sagte, er wolle nachsehen, ob sein Chef zurückgekommen sei.
    Sologub griff nach den Zigaretten.
    »Das hättest du nicht tun sollen. Du hast ihn gekränkt.«
    »Wieso gekränkt?«
    »Er ist ein netter Kerl. Was hat dich gestochen?«
    »Mich hat nichts gestochen. Habe ich vielleicht die Unwahrheit gesagt?«
    »Genug gestichelt!«
    »Nein, sag erst – war das die Wahrheit oder nicht?«
    Ich steckte mir ebenfalls eine Zigarette an. Janet bemühte sich, aus dem Fenster zu sehen.
    »Na schön. Wenn er wiederkommt, entschuldige ich mich.« Sologub kaufte Kognak. Felix kam erst nach einer ganzen Weile wieder.
    »Kommt, gehen wir rauf zu mir. Der Chef kommt heute wohl nicht mehr.«
    »Gefällt‘s dir hier nicht?«
    »Ich möchte keine Schwierigkeiten bekommen.«
    »Hör auf! Was für Schwierigkeiten?«
    »Nun kommt schon! In meinem Büro kann man auch gut zusammensitzen.«
    »Und Alkohol?«
    »Habe ich. Für dich reicht‘s.«
    Die Flure im Smolny sind so schlecht beleuchtet, dass man sogar morgens denkt, es wäre Nacht. Steinfußboden, trüb gestrichene Wände. Alle schreiten hier mit konzentrierter Miene, selbst wenn sie nur zur Toilette gehen. Auf dem Weg in sein Büro drückte Felix das Kinn auf die Brust. Wenn er Kollegen die Hand schüttelte, hielt er für einen Moment die Luft an.
    Ich berührte ihn am Ärmel.
    »Sei nicht böse.«
    »Ich bin nicht böse.«
    »Nein, im Ernst. Ich wollte dich nicht kränken.«
    »Darum geht‘s nicht. Es ist nur ... Es ist ja wirklich vieles faul!«
    »Ich verstehe. Entschuldige.«
    Mein Magen schmerzte. Ein Gefühl, als ginge ich mit Drillingen schwanger – mit drei Stürmern. Im Mund hatte ich einen säuerlichen Geschmack. In Felix‘ Büro saß ein Mann mit eingedrückter Nase und tragischen Falten um den Mund am Schreibtisch. Felix schlug dem Mann auf den Rücken und sagte, der Bericht müsse heute noch fertig werden. Der Mann war rund fünfzehn Jahre älter als Felix, aber Sie merken schon: Der Chef war er hier nicht.
    Wie meistens, spürte ich schon bald Reue. Oder eigentlich weniger Reue als Wärme – Dankbarkeit. Wirklich, was hatte mich gestochen? Um die Scharte auszuwetzen, erbot ich mich, für jeden ein Glas zu spülen. Die Smolny-Toiletten übertrafen meine Vorstellungskraft. Während ich vor dem Becken stand, dachte ich, es müsse komisch sein, hier jemanden von den ersten Leuten der Stadt zu treffen. Dann trank ich etwas Wasser aus dem Hahn. Welcher Idiot hat gesagt, das würde das Hungergefühl betäuben?
    »Hör mal, Felix, ist es wahr, dass der Geist von Kirow hier herumspukt?«
    »Jetzt hör aber

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