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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Eltern die Tür aufbrachen, lag er da und war schon ganz blau. Krepiert und verreckt.«
    An den Bassisten mit der Fahne am Griffbrett erinnerte ich mich gut.
    »Ein Wichser ist er, dieser Graue. Wer geht denn so von dem Zeug runter? Das hat er doch nicht zum ersten Mal gemacht! Oder doch, ich weiß gar nicht... Warum hat er sich bloß so blöd angestellt? Was heißt hier zum ersten Mal, verdammt! Die ganze Gruppe macht das ja so: Im Sommer nehmen sie keine Drogen, da saufen sie bloß. Und im Winter hängen sie wieder an der Nadel. Im Winter, sagen sie, ist tote Hose, der ist für‘n Arsch.« Er sprach von Golowanow, der ein Auto und einen Pieper hätte, aber ständig high sei... Doch es hätte Zeiten gegeben, da hätten auch bei ihm zu Hause an die sieben Gramm Koks gelegen – das könnte fünf Kerle wie dich umbringen! – von Lukitsch, den die Pusher in der »Lomonossowskaja« mit der Axt erschlagen hätten – von Kefir, der – verfluchter Teufel! – so blöd war, sich wegen ganzer drei Gramm erwischen zu lassen, und keiner wüsste jetzt, wann er wieder rauskäme.
    Ich hatte nicht einmal annähernd eine Vorstellung, von wem er sprach. Er spuckte mir vor die Füße.
    »Also, ich geh jetzt. Man sieht sich. Und wenn du Kirill triffst, sag ihm, ich bring ihn um. Solche Schulden muss man zurückzahlen.«
    Kirill traf ich nicht mehr. Allerdings habe ich vor kurzem mit ihm telefoniert. Er rief an und sagte, er liege in der Neurologie. Ob ich vielleicht mal vorbeikäme? Ich fragte, was passiert sei. Kirill schwieg und sagte dann, er werde mit Tabletten ernährt. Er sei voller Chemie. Mir kam es vor, als unterhielte ich mich mit einem Radioapparat.
    »Und gibt man dir dort Fleisch zu essen?«
    Er schwieg wieder lange. Ich hörte, wie er atmete: in ganz kleinen Schlucken.
    »Fleisch auch, aber selten. Die Tabletten sind sehr stark. Ich spüre, dass ich voller Chemie bin. Ich habe Schwierigkeiten zu denken. Kommst du mal vorbei?«
    »Hilft das Zeug denn?«
    »Ehrlich gesagt, nicht viel. Aber die Tabletten sind stark, die müssen helfen. Ich spüre, dass ich voller Chemie bin.«
    »Na, ich wünsche dir Erfolg und gute Besserung!«
    Er schwieg erneut. Dann fragte er, ob ich noch in der Nachrichtenagentur arbeitete. In der Agentur hatte ich keine vier Wochen gearbeitet, und das war schon mehrere Jahre her. Kurz bevor Kirill zum ersten Mal in der Lawra war. Seitdem hatte ich Kirill bestimmt von einem Dutzend anderer Arbeitsstellen erzählt.
    Bei mir zu Hause liegt eine Kassette mit seinem ersten Album. Das von Kirill entworfene Begleitheft mit den Texten ist schon ganz zerfleddert. Obwohl ich mir die Kassette eigentlich nie anhöre. Im Prinzip habe ich Rockabilly nie gemocht.

Fünfte Geschichte
Von einer Hündin und
über die Liebe
    W ie lange habe ich getrunken? So etwa von Montag bis Dienstag. Denken Sie sich nichts Böses: Der Dienstag war vom Montag ungefähr zwei Wochen entfernt. Morgens schwebten Perlmuttvipern, Nattern und Neunaugen durch mein Zimmer. In den Augenwinkeln passierte erst recht weiß der Teufel was. Manchmal rief jemand an. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was die Sätze bedeuteten, die ich von mir gab. Mit der Verdauung geschahen beschämende und lästige Dinge. Lieber Himmel, warum habe ich gestern den Milizionären gedroht, ich würde mich über sie bei der UNO beschweren?! Dann begann alles wieder von vorne. Ich wusste ja, dass das Trinken nichts nutzt – übrigens, warum eigentlich? – Wählen konnte man sowieso nur zwischen Alkohol und Schizophrenie ... Was hätten Sie genommen? In Erinnerung geblieben sind mir die schwarzen Löcher der Torbögen und überquellende Aschenbecher. Der Bart wuchs mir in dieser Zeit so lang, dass er im Wind wehte wie eine Piratenflagge. Meine nervösen Hände erinnerten an einen kaputten Saporoschez.
    An dem Tag damals in dem Café am Litejny brüllte ich den Barkeeper an. Seltsam, dass ich nicht verprügelt wurde. Neben dem »Koko-Bango« trichterte ich einer dünnen, kleinen Dreizehnjährigen Alkohol ein. Sie hatte Schlüsselbeine wie Hühnerknochen. Im Aushang des »Koko« schwang ein grüngesichtiger Jim Carrey sein Zweimeterbein. Dieser Aushang war eine Sehenswürdigkeit des Viertels. Ich brauchte eine Hygienetüte – eine menschliche Hygienetüte – eine, in die ich meine gesammelten Albträume kotzen konnte. Das Mädchen trank, den kleinen Kopf weit zurückgeworfen, und machte mir undeutliche Avancen. Über ihr Gesicht lief schmutziges Wasser.
    Sehr

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