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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wand kauerte ein Mann unbestimmten Alters. So hocken sich Kaukasier oder ehemalige Sträflinge hin. Er stellte sich als Rudik vor.
    Ich setzte mich aufs Sofa und steckte mir eine Zigarette an. Fragte Kirill nach seinem neuen Album. Er brummte nur und streifte die Asche neben den Aschenbecher ab. Alle schwiegen. Unter dem Bademantel des Mädchens ragten graue Beine hervor. Darauf zeichneten sich Besenreiser und blaue Flecken in verschiedenen Farbschattierungen ab. Die Beine sahen aus wie eine geographische Karte.
    »Sollen wir vielleicht irgendwohin gehen?«
    »Wohin?«
    »Ich weiß nicht. Ein Bier trinken.«
    Kirill dachte nach.
    »Nö. Ich gehe jetzt selten raus. Bin häuslich geworden.«
    Er saß mit hochgezogenen Beinen im Sessel. Manchmal stocherte er mit dem Finger den Schmutz unter seinem Zehennagel heraus. Aus einer unverständlichen Gedankenverbindung heraus sagte er: »Neulich hab ich mich bei einer Kröte so voll laufen lassen! Nicht umdrehen konnte ich mich mehr! Da hab ich ihr gesagt: Kröte! Dreh mich um!«
    Das Radio lief. Einer dieser Sender, bei denen auf fünf Minuten Musik fünfzehn Minuten Werbung kommen. Mit meiner ganzen rechten Körperseite spürte ich, wie angespannt Lena war. Rudik hob den Kopf und blickte mich aufmerksam an.
    »Ich hab so ein Ziehen in der Hüfte. Das bedeutet nichts Gutes.«
    Ich dachte, nicht mehr lange – und Lena steht einfach auf und rennt davon.
    »Soll ich vielleicht ins Geschäft gehen?«
    »Was willst du denn kaufen?«
    »Was willst du denn haben?«
    Alle lachten gleichzeitig los. Sogar das Mädchen im Sessel wurde munter und sah mich zum ersten Mal an. Kirill ging hinaus und holte eine Schachtel Belomor.
    »Willst du? Du auch?«
    Lena sah unzufrieden aus, nickte aber. Rudik erhob sich aus seiner kauernden Haltung.
    »Ich stopfe sie.«
    Er faltete sorgfältig ein Papiertütchen auf. Dem Aussehen nach war das Marihuana ganz passabel. Grün, fein gemahlen. Rudik vermischte es nicht mit dem Tabak, sondern schüttete es schwungvoll von der Handfläche in die Papirossa. Kirill sagte, der Stoff müsse super sein. Während Rudik den Joint herstellte, drehte er das Tütchen in den Händen.
    »Das ist ja ‘n Ding! Sieh mal, worauf diese Sausäcke verfallen sind! Eine Seite aus dem Strafgesetzbuch! ›Artikel 169 a. Bestechung von Amtspersonen.‹ Das ist ja ‘n Ding!«
    Rudik drehte das Ende der Papirossa geschickt zu. Mit den Augen suchte er nach einem Feuerzeug. Ins Innere der Hülse ging unwahrscheinlich viel. Der Joint war straff und elastisch. »Tipp-tipp-tipp«, sog Kirill den Rauch in kleinen Zügen ein. »Ein super Stoff!«, sagte er noch einmal. Wie gewöhnlich wurde seine Stimme sofort dumpf und grabestief.
    Durchs Zimmer schwebte ein säuerlicher Geruch. Alle rückten näher zusammen. Der Rauch schmeckte angenehm und war sehr heiß. Kirill ergriff die Papirossa am brennenden Ende und blies den beiden Mädchen einen Strom von Rauch in den Mund. Er ähnelte einem fürsorglichen Vogel, der seine minderjährigen Jungen füttert. Lena stieß auf und bekam einen leichten Hustenanfall, hielt aber die Lippen geschlossen. Als nur noch ein ganz kleiner Rest in der Papirossa geblieben war, bog Rudik sie geschickt zu einem Röhrchen, feuchtete den Rand mit Speichel an und rauchte sie in zwei Zügen zu Ende. Auf dem Tisch vor mir lag das Tütchen, in der das Marihuana gewesen war. Tatsächlich – eine Seite aus dem Gesetzbuch! Hatten sie nichts anderes, um es einzuwickeln? Ich stellte mir die dagestanischen Pusher vor. Sie sitzen in ihren Wohnheimen und lachen über uns. Wir werden rauchen, dabei all das Zeug von »drei Jahre Haft unter verschärften Bedingungen«, »fünf Jahre mit Vermögenskonfiszierung« lesen und einen furchtbaren Schreck bekommen. Ja, das war es! Diese Dödel wollen uns den Spaß verderben! Alles war so sonnenklar, dass ich Lust bekam, es aufzuschreiben. Dieses ganze Bild: das Zimmer, Lena, Kirills Freunde und die Pusherdödel. Wo war ein Kuli? Das gäbe eine Erzählung! Oder sogar einen Roman! Einen fantastischen Roman! Er würde von den Dödeloiden handeln, der Zivilisation der vernunftbegabten Dödel. Sie fallen auf der Erde ein, um unseren Planeten zu dödelisieren. Uns droht ein grausamer Krieg. Ein Krieg mit Mutanten – Muh-Tanten – Ha! Ha! Und wer wird siegen? Wer wird siegen? Wahrscheinlich werden wir verlieren. Alle Dödeloiden kann man ja doch nicht transdödelisieren. Hahaha! Ha! Ha! Hahaha!!! HA! HA! HA! Das muss ich sofort Kirill

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