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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufhören? – alles war ja ohnehin schon passiert – was gab es noch groß aufzuhalten? – er brauchte nur einfach abzuwarten – ein paar Minuten – wenn er sie bis zum Schluss machen ließ, wäre es super, und wenn nicht – eben nicht... Er fragte, ob sie einen ganz unglaublichen oralen Trick machen könne, der seinerzeit nicht einmal seiner Frau gelungen war. Tanja vollführte diesen unmöglichen Trick spielend. Nicht übel!, dachte er – aber damit kamen sie dann doch aus dem Bad heraus. Am Morgen hing Yrshenda weit aus dem Fenster heraus und kotzte, und Tanja rannte nackt, nur in das Bettlaken gewickelt, auf die Straße, um zu gucken, wie die kotzende Yrshenda von unten aussah.
    Er war stolz: hatte Willenskraft gezeigt, sein Mädchen konnte ihm nichts vorwerfen. Eine Woche später, als er Tanja zufällig auf einer Party traf, versuchte er sie wieder ins Bad zu ziehen, aber sie schnaubte nur verächtlich. Später, Neujahr war schon vorbei, ging er mit dem Redakteur der Zeitschrift, für die er damals schrieb, in die »Art-Klinik«, um sich das Orchester von Kirill Miller anzuhören. Der Saal der »Art-Klinik« erinnerte an Berlin unmittelbar nach dem Luftangriff der Alliierten. Das Orchester stellte sich als fade heraus. Er sprach sich mit den Security-Leuten ab und schmuggelte eine Flasche Wodka herein. Der Redakteur entdeckte an der Bar zwei sich langweilende junge Künstlerinnen, von hier, aus dem Squat an der Puschkinskaja. Bald darauf ging der Redakteur, und er zog noch mal los, Wodka kaufen, und goss den Künstlerinnen immer wieder nach.
    Vielleicht verfügen ja Sanitäranlagen über ein den Augen der Welt nicht sichtbares erotisches Potenzial, wer weiß? Diesmal war alles ganz genauso. Nur dass sie sich nicht im Bad, sondern in der Toilette einschlossen: Badezimmer sind in Petersburger Clubs eine große Seltenheit. Man klopfte an die Tür, er sagte, es sei besetzt. Die erste Künstlerin war betrunken, verlor das Gleichgewicht, fiel aus der Hocke um, stieß sich die Knie und klagte, sie habe sich wehgetan. Er erwiderte, sie solle sich nicht ablenken lassen. Aus dem Messinghahn tropfte Wasser in das eiserne Waschbecken. Nachdem er noch Wodka getrunken hatte – wo kam der eigentlich her? – , führte er die zweite Künstlerin in dieselbe Toilette. Sie hatte schräge Mandelaugen und grell geschminkte Lippen. Manchmal erhob sie sich von den Knien und verlangte irgendwas, das ihm unverständlich blieb. Dann begann man ungewöhnlich aktiv die Tür zu bearbeiten, und er musste aufmachen. Draußen stand der Sänger Oleg Garkuscha von der Gruppe »AukzYon«. Er ging zum Klobecken, und die erfreute Künstlerin stürzte ihm nach, um ihn um ein Autogramm zu bitten. Der Sänger unterschrieb, ohne die andere Hand von – na, Sie wissen schon – zu nehmen. Diese Episode war ihm noch relativ deutlich im Gedächtnis. Doch danach konnte er sich nur verschwommen an eine Riesenschlägerei erinnern, an die Künstlerinnen, die sich gegenseitig an den Haaren zerrten, durch den ganzen Club brüllten, und daran, wie er jemanden direkt vor die Stirn schlug und sich dabei die Faust verletzte. Am Morgen war die Faust geschwollen und tat weh. Mit lautem Gepolter rollte ein großer zylindrischer Aschenbecher die Marmorstufen hinunter, und ein Wachmann beugte sich zu dem jungen Mann hinunter und sagte: »E-ech, das ist mir ja ein Journalist!«
    Torkelnd, erbärmlich, nicht mehr imstande, sich auch nur die Schuhe aufzuschnüren, kam er mitten in der Nacht zu seinem Mädchen. Sie streichelte ihn, und er bereute, was geschehen war.
    Drittes Rezept – Salami, Suluguni und »Zinandali«
    S ie hätte gern ein eigenes Haus mit ihm zusammen gehabt, aber ein solches Haus gab es für sie nicht. Ein großer Teil dieser Geschichte spielte sich in eigens für ihre Treffen gemieteten Wohnungen ab, bei Freunden zu Hause, in Hotels, in Squats, auf dem Witebsker Bahnhof, dem europäischsten aller Petersburger Bahnhöfe, auf dem nächtlichen Marsfeld, wohin sie gegangen waren, um sich den Hale-Bopp-Kometen anzusehen, in Clubs, in den Wohnungen von Zufallsbekanntschaften und einmal in einer echten Drogenhöhle.
    Die Drogenhöhle gehörte seinem Freund Mylnik. Bei ihm zu Hause konnten sich die Junkies aus der ganzen Umgebung gegen Bezahlung an einem relativ ungefährlichen Ort ausruhen. An jenem Tag kam sie zu ihm ins Büro und sagte, sie wolle etwas essen. Im Verlag hatte es gerade Geld gegeben. Vielleicht das Gehalt, vielleicht auch irgendwelche

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