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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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rief direkt vom Bahnhof im »Tian-An« an.
    Fern von der Heimat bemühen die Chinesen sich, ihre Traditionen aufrechtzuerhalten, und begehen ihre Nationalfeiertage mit viel Pomp. Als besonders schick gilt, wenn der Generalkonsul der Chinesischen Volksrepublik die Feier besucht. Als sie am »Tian-An« vorfuhren, stand die große Limousine des Konsuls mit der Fahne auf der Motorhaube vor dem Eingang. Die Laternen funktionierten nicht, in der Dunkelheit heulten frierende Hunde. Aber hinter der Tür begann das echte, nach Gewürzen duftende China.
    In der Menge entdeckte er Sascha Abakumow. Der sagte, sie hätten noch nichts Interessantes verpasst. Gleich könnten die Gäste aus dem Aquarium da hinten eine Schildkröte aussuchen, aus der ihnen dann im Handumdrehen ein Braten zubereitet werde. Alle sahen sich den Auftritt eines Folklore-Ensembles an. Die Toaste wurden auf Chinesisch ausgebracht, aber er war überzeugt, dass man nichts Schlechtes vorschlug, und trank ex. Die Chinesen amüsierten sich beim Karaoke. Später am Abend trat ein Mann mit derart schwellenden Muskeln ans Mikrofon, dass er fast quadratisch wirkte. Der Wirt stellte ihn als Weltmeister im Wushu vor. Abakumow lehnte sich im Sessel zurück: »Ist doch verdammt gemütlich hier. Wir essen, wir trinken. Und Weltmeister im Wushu singen uns Lieder vor.«
    Das Gericht des Abends waren Pelmeni, die der Tradition nach die Frau des ältesten Mannes am Tisch zubereiten musste. Die einer alten Kinderfrau ähnelnde Gattin des Konsuls verbrachte den ganzen Abend in der Küche. Es waren mehr als hundert Gäste da, und es musste ein riesiger Kübel Pelmeni gemacht werden. Der Wirt des Restaurants schrie laut lachend etwas, und die Gäste schnappten schon fast mit den Händen nach den Pelmeni. Der junge Mann streckte der Kellnerin ebenfalls seinen Teller hin. Die Pelmeni erinnerten an die Ravioli, die man im Geschäft kaufen kann. Er verstand die Begeisterung der Chinesen nicht und fragte den Wirt, warum sich alle derart aufführten.
    Der Restaurantbesitzer sprach zwar schlecht Russisch, erklärte es aber trotzdem. In China gebe es einen Brauch, einen besonderen Neujahrsbrauch. In drei von mehreren hundert Pelmeni rolle man eine ganze Erdnuss mit ein. Wer einen von diesen Glückspelmeni bekomme, dürfe sich etwas wünschen. Dieser Wunsch gehe ganz bestimmt in Erfüllung, schließlich sei Neujahr. Das Mädchen brach in so lautes Gelächter aus, dass es durchs ganze Restaurant schallte. Alle drei Nüsse lagen vor dem jungen Mann auf dem leeren Teller. An einer davon hatte er sich fast einen Zahn abgebrochen.
    Wie viele es waren, diese Pelmeni? Auf keinen Fall weniger als zehntausend. In dem Kochkessel hatte man sie vermutlich gemischt, und vor dem Verteilen hatte man sie ganz sicher gemischt, das hatte er selber gesehen. Aber alle drei Nüsse waren ihm zugefallen. Sie glauben es nicht? Ehrenwort!
    Ich will sie heiraten. Ich will, dass sie nur mir gehört... Ich bin es müde, so zu leben, müde zu fürchten, dass ich sie verliere ... Alles soll jetzt anders werden. Bitte ...
    Achtes Rezept – Hamburger à la Dschigit
    I n ihrem zweiten Herbst war ihre Beziehung nicht mehr leicht und fröhlich. Er wollte ohne Ende definitive, alles erklärende Worte hören. Er forderte und verlangte, sie konnte nicht begreifen, was. Im nächsten Augenblick brüllten sie sich schon an. Ihm war es völlig egal, wo das passierte – zu Hause, im Theater, auf der Straße oder im Pub. Nur mit Mühe hielt er sich zurück, ihr eine runterzuhauen, drehte sich effektvoll um, ging fort – erschrak und verlangsamte den Schritt.
    Er kochte vor Wut, träumte aber davon, dass sie rufen würde: »Warte!« Er bemühte sich, langsamer zu gehen, fing mit der Haut des Rückens auch das kleinste Signal auf. Sie brauchte ja gar nicht zu rufen, sie konnte es auch flüstern oder sogar nur denken – er würde sie verstehen! Und dann wäre alles wieder in Ordnung und super! Ebenfalls mit einer effektvollen Kehrtwendung ging sie in die andere Richtung fort. Schon in diesem Augenblick wusste er viele Züge im Voraus, was weiter geschehen würde.
    Die ersten zwei Tage war alles okay. Wenn man ihn nach dem Mädchen fragte, sagte er mit müder Stimme, er habe nicht vor, nachzugeben – wie viel konnte man ertragen? – irgendwann musste damit Schluss sein ... Die Menschen lassen ihre Gesprächspartner selten hinter ihre lächelnde Fassade sehen. Die Probleme begannen in dem Moment, als er es leid war, sich bis

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