Machos weinen nicht
unbekannten Sprachen. In ihrem Geflüster hörte er die kläffenden Kommandos des Fähnrichs und das Stampfen der Armeestiefel. Resigniert legte ihm die Frau einen Dildo von solchen Ausmaßen in die Hand, dass er ernstlich um ihr Leben zu fürchten begann.
Dieses Mädchen hier war natürlich stockbesoffen, aber es war jung, blond und lachlustig. Sie tranken den Martini aus, und er versuchte, ihr das Höschen herunterzuziehen. Sie sagte, sie brauchten nichts zu überstürzen. Sie würde ihm ihre Telefonnummer geben, sie könnten irgendwohin gehen – und danach ... Sie konnte fantastisch küssen. Nachdem die Brücke heruntergelassen worden war, brachte sie ihn direkt zu seinem Haus.
Er hatte schreckliche Lust, die diktierte Nummer zu wählen und zu sehen, was passierte. Er träumte davon, wie sie bummeln würden und wie plötzlich SEIN Mädchen mit ihnen zusammenträfe. Er tritt aus einer neonbeleuchteten Tür, hinter der die Musik donnert, bei ihm untergehakt eine fotomodellschöne Blondine. Er lässt seinen Blick träge über das Mädchen gleiten, sagt: »Hallo, wie geht‘s?«, und setzt sich ins Auto, ohne die Antwort abzuwarten. Er stellte sich vor, wie er sich mit einem Fernsehstar treffen würde, mit einer berühmten Tennisspielerin, mit einer farbigen Schönheit. Oder mit einer Pornodarstellerin – er kannte mehrere.
Er wollte, dass das Mädchen wüsste: Seine NÄCHSTE Freundin würde besser sein. Aber als er sich umsah, stellte er entsetzt fest: Es gab gar kein »besser«. Er trank immer weiter und verlor endgültig den Verstand. Er wollte sie langsam und schmerzhaft töten. Er wollte sich an ihr rächen, so wie er sich mit vierzehn an seiner Schulfreundin gerächt hatte, indem er sie überredete, mit einem Jungen zu schlafen, der an verschleppter Syphilis litt. Sollte sie ihre Arbeit verlieren und keine andere finden. Sollte sie ihre seidenen BHs und ihren teuren Schmuck verkaufen. Sollten ihre Eltern krepieren, sollte sie hungern und vor Einsamkeit heulen.
Seine Selbstbeherrschung war am Ende, gleich nachdem sein Geld zur Neige gegangen war. Davor hatte er mehrere Nächte in Klamotten geschlafen und T-Shirt und Socken, wenn‘s hochkam, einmal pro Woche gewechselt. Die Leute in der Straßenbahn und im Trolleybus, die ihm zu nahe kamen, verzogen das Gesicht und wichen zurück. Wenn er um ein Uhr mittags nach Hause kam, sah er lange aus dem Fenster, versuchte zu rauchen und überlegte, welcher Wochentag heute war. Schließlich rief er das Mädchen an.
Er wäre am liebsten gleich am Telefon auf die Knie gefallen, aber er sagte in eisigem, geschäftsmäßigem Tonfall: »Grüß dich, ich bin‘s.« Eine unerträgliche Sekunde lang wartete er auf ihre Antwort. Vor Aufregung zuckte ihm widerwärtig die Oberlippe. Er war froh, dass das Bildtelefon noch nicht erfunden war.
Er begriff, morgen würde alles anders sein. Nachdem er sich ausgeschlafen hätte, würde er nach einem guten Aftershave duften, gute Unterwäsche tragen und höflich sein. Wenn er sich eine Zigarette anzündete, würde er sehen, wie elegant er manikürt war, und unbedingt würde er seinem Kind ein Spielzeug im teuersten Kaufhaus der Stadt kaufen. Er würde den Frauen im Bus und der Metro seinen Platz anbieten, er würde vor lauten Stimmen erschrecken und Begegnungen mit denen, die ihn in den letzten Tagen gesehen hatten, vermeiden. Ein leichtes Zittern der Hände und zu schnell fettende Haare – nur das würde noch an den manisch-depressiven Psychopathen erinnern, der er am Vorabend gewesen war. Aber das würde morgen sein. Jetzt ging er sie erst einmal von der Metro abholen.
Die Fußgänger haben granitene Schultern und harte Augen, er aber ist der schutzloseste Mensch in der Stadt. Nervös versucht er, eine Zigarette aus der Schachtel zu ziehen, mit zitternden Fingern bricht er sie entzwei und fängt die Blicke der tückischen Passanten auf: »Was ist denn mit dem los?« Die Welt bricht zusammen, alles ist nicht einfach nur schlecht, sondern katastrophal. Er pfeift auf die Zigaretten und hastet weiter.
Hinter ihm liegen in Ruinen Dutzende von Tagen, von denen nur unwahrscheinliche Erinnerungen geblieben sind. Jetzt aber haben schon fünf Minuten Bedeutung. Nichts darf mehr aufgeschoben werden, gleich im ersten Hauseingang wird er ihr die engen Jeans ausziehen. Er hat keine Kraft mehr, sie bis nach Hause zu bringen, er hat es furchtbar eilig, es ist ihm egal, was er ein paar Minuten später fühlen wird, es gibt kein Gestern und kein
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