Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
Hastige Schritte hallten durch den menschenleeren Keller, dann folgte Stille. Ryan schlug mit der Faust gegen die Tür. „Verdammt.“
Annie schloss die Augen. Jemand hatte sie belauscht.
Gregory hatte Spaulding Vineyards fast erreicht und konnte bereits die Kapelle hören, die eine vertraute Broadway-Melodie spielte, als sein Vater ihn auf dem Mobiltelefon anrief. Er hatte in den letzten Tagen genug Zeit mit seinem alten Herrn verbracht, um zu erkennen, dass Milton seine Begeisterung unterdrückte.
„Du klingst wie jemand, der gute Neuigkeiten hat“, sagte er.
Milton lachte leise. „Vielleicht, weil ich gute Neuigkeiten habe. Detective Green hat mich angerufen. Nico Dassante ist soeben festgenommen worden.“
„Was?“ Beinahe wäre Gregory mit seinem Jaguar in den Graben gefahren.
„Sie haben Blutspuren am Sicherheitsgurt gefunden, nicht viel, aber genug für eine Untersuchung.“
„Wessen Blut?“
„Das wird noch untersucht, aber ich tippe auf Sals Blut. Und wenn das der Fall ist, wird Nico höchstwahrscheinlich dieser Mord zur Last gelegt.“
„Und was sagt Nico?“
„Er behauptet, man hätte ihn reingelegt. Seine Frau behauptet das Gleiche. Sie sagt, er sei in der Nacht zu Hause gewesen. Im Bett.“
Noch eine beschützende Ehefrau, dachte Gregory, während er vor das Haus der Hughes vorfuhr. „Weiß Ginnie es schon?“
„Ich will auf das Laborergebnis warten, bevor ich ihr etwas sage.“
„Gute Idee.“
Gregory klappte sein Telefon zusammen und steckte es zurück in die Jacke seines Smokings. Dann stieg er aus, grinste von einem Ohr zum anderen und ging auf das Haus zu.
Rachel stand vor dem großen Spiegel im Gästezimmer der Hughes und glättete ihr Kleid, ein enges, schulterfreies Modell aus schwarzer Seide, und fragte sich, ob jemand bemerken würde, dass sie das Kleid vom letzten Jahr trug.
Durch alles, was in den letzten drei Wochen geschehen war, hatte sie überhaupt nicht mehr daran gedacht, einkaufen zu gehen. Sonst hätte sie wohl versucht, einen Besuch in Jans Boutique in Napa City dazwischenzupacken, in der alle Spaulding-Frauen einkauften.
Sie war ohnehin nicht in Partylaune. Zum Teil hatte es damit zu tun, dass Grandma in diesem Jahr fehlte, zum anderen lag es an der erfolglosen Suche in Nicos Büro, durch die Ginnies Schicksal ungewisser denn je erschien.
Mit einem Seufzer wandte sie sich vom Spiegel ab und wühlte sich durch die Schmuckschatulle, die sie aus ihrem Bungalow mitgebracht hatte. Sie wünschte sich, dass Courtney hier war und sie beriet.
„Ah“, sagte sie und holte ein Paar kleiner schwarzer Perlen hervor, die einfach perfekt zu ihrem Kleid passten.
Während sie einen Stecker am Ohr festmachte, musste sie an Courtney denken. Dass sie keine weiteren Fragen über Ryan gestellt hatte, war ermutigend. Vielleicht war der Fall doch nicht so ernst, wie Rachel gedacht hatte. In dem Fall würde sie wahrscheinlich mit Peter zum Ball gehen, der mal ihr Freund war und dann mal wieder nicht. Aber wo war ihre Nichte eigentlich? Sie hatte sie seit mindestens zwei Tagen nicht gesehen.
„Rachel“, rief Tina von der anderen Seite der geschlossenen Tür. „Deine Verabredung ist hier.“
„Ich komme.“
Während sie das Wohnzimmer betrat, war sie noch damit beschäftigt, den zweiten Stecker zu befestigen. Gregorys bewundernde Blicke wanderten über ihren Körper. „Du machst ja richtig was her, Spaulding.“
„Danke, Sherlock, du siehst auch nicht übel aus“, entgegnete sie geschmeichelt. Sie war mittlerweile mit seinen schwankenden Stimmungen vertraut und sah ihn etwas genauer an. „Gibt es irgendwas, das ich wissen sollte.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht.“
Sie liebte diese verspielte Seite an ihm. „Sag schon.“
„Nein.“
Sie schlug ihre Wimpern nieder. „Was wäre, wenn ich dir einen Anreiz biete?“
Er schien gründlich darüber nachzudenken. „Und welche Art von Anreiz?“
„Ich weiß nicht, ich bin für alles offen.“
„Wie wäre es denn damit?“ Er küsste sie innig, bis sich jemand hinter ihnen diskret räusperte.
Tina, die einen schwarzen paillettenbesetzten Hosenanzug trug, hielt eine Kamera hoch. „Sagt Cheese, ihr beiden.“
Rachel und Gregory lächelten, während Tina sie fotografierte. „Und jetzt noch ein bisschen mehr für die Enkel“, sagte sie mit einem neckischen Lächeln.
„Sehr gut, Tina.“ Sam verdrehte die Augen, während er näher kam. „Und sehr dezent.“
Seine Frau zuckte mit den Schultern.
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