Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
„Ich habe keinen Hunger, aber das ist trotzdem sehr nett von dir, Rachel“, sagte sie. „Komm rein, bevor du weggespült wirst.“
Sie nahm Rachels nassen Regenmantel und hängte ihn über einen Stuhl im Foyer.
„Lass uns in die Küche gehen, ich mache mir gerade einen Kaffee.“
Rachel folgte ihr durch den Flur in die große Küche. „Wo ist Maria?“
Erica öffnete das Gefrierfach eines Edelstahlkühlschranks und holte einen Beutel mit Kaffee heraus. „Sals Tod hat sie tief getroffen, ich habe ihr ein paar Tage frei gegeben.“
„Ich hatte heute Morgen angerufen, aber es war besetzt“, sagte Rachel und setzte sich an den Küchentisch. „Ich dachte schon, du hättest den Hörer daneben gelegt.“
„Ich hatte mit Nicos Anwalt gesprochen.“
„Wie geht es Nico?“
„Er ist wütend.“ Sie seufzte. „Josh, sein Anwalt, will, dass ich Nico dazu überrede, den Mord an Sal zuzugeben. Dann kann er mit dem Bezirksstaatsanwalt einen Handel ausmachen.“
„Und du willst das nicht machen?“
Erica sah Rachel traurig an. „Wie kann ich meinen Ehemann bitten, etwas zuzugeben, das er nicht getan hat?“
„Erica“, sagte Rachel sanft. „Sie haben Blut in seinem Wagen entdeckt.“
„Das ist mir egal, er wars nicht.“ Mit dem Handrücken wischte sie eine Träne fort. „Du hast nicht geglaubt, dass deine Mutter schuldig ist, warum sollte ich also glauben, dass mein Mann der Täter ist?“ schrie sie.
Ein stechendes Schuldgefühl bohrte sich durch Rachels Herz. In dem Punkt hatte Erica einfach Recht. „Es tut mir Leid, ich wollte nicht gefühllos klingen.“
„Und ich wollte dich nicht anbrüllen.“ Sie setzte sich zu Rachel an den Küchentisch. „Meine Nerven sind einfach am Ende.“
„Vielleicht hilft dir das ein wenig.“ Rachel öffnete die Tüte und nahm die beiden Muffins heraus. „Und mach dir um mich keine Sorgen, ich habe ein dickes Fell.“ Sie lächelte. „Das bekommt man, wenn man mit Annie zusammenlebt.“
Erica ließ langsam die Hände sinken. „Ich war so von meinen eigenen Problemen vereinnahmt, dass ich deine völlig vergessen habe. Man hat deinen Assistenten verhaftet, habe ich gehört. Ich wusste gar nicht, dass er gleich drei Mordversuche unternommen hatte.“
„Ich habe niemandem davon erzählt, es war besser so.“ Rachel legte einen Muffin auf ein Papiertaschentuch vor Erica, den anderen nahm sie in beide Hände. „Das Gute an diesem kleinen Melodrama ist, dass der bisherige Hauptverdächtige Joe Brock von Ryans Verhaftung erfahren hat und zu Frau und Kindern zurückgekehrt ist.“
Erica nickte geistesabwesend. Rachel konnte ihr nicht verdenken, dass sie sich nicht so sehr für sie interessierte. Das Gespräch hatte sie eigentlich ein wenig von ihren Sorgen ablenken sollen, doch der Plan hatte offenbar nicht so ganz funktioniert.
Sie wollte gerade von ihrem Muffin abbeißen, als das Telefon klingelte. „Soll ich rangehen?“ fragte sie, da sich Erica nicht regte.
Erica schüttelte den Kopf. „Ich gehe besser ran. Es könnte Nico sein.“
Nach dem Tonfall der Unterhaltung zu urteilen, war es nicht Nico, sondern sein Anwalt.
„In Ordnung, Josh“, sagte Erica matt. „Ich treffe dich dann vorm Haus. Ja, vier Uhr ist in Ordnung.“
Nachdem sich Erica wieder hingesetzt hatte, sagte sie: „Das war Nicos Anwalt. Er will erst mit mir sprechen, bevor wir uns mit Nico treffen.“
Rachel legte ihre Hand auf Ericas und drückte sie aufmunternd. „Es wird alles gut werden.“
„Ich weiß es nicht, Rachel.“ Sie betrachtete den Muffin, aß aber nicht davon. „Was soll ich denn ohne Nico machen? Was soll ich mit diesem Haus machen? Mit dem Geschäft? Mit all den Dingen, um die er sich immer gekümmert hat?“
„Ich werde dir gerne helfen, wenn du ...“
„Oh, nein!“ rief Erica plötzlich aus und sah zum Fenster hinaus.
Rachel folgte ihrem Blick, konnte aber nichts sehen. „Was ist?“
„Die Sprenger. Sie haben sich gerade eingeschaltet.“
Durch den strömenden Regen konnte Rachel kaum etwas erkennen.
„Sie schalten sich automatisch ein“, sagte Erica und stand auf. „Ich muss sie abstellen.“
„Kann ich dir helfen?“
Erica schüttelte den Kopf. „Nein, das dauert nur eine Minute, die Steuerung befindet sich im Keller. Maria hat mir mal gezeigt, wie sie funktioniert. Wenn ich Hilfe brauche, werde ich rufen.“ Sie deutete auf die Theke. „Der Kaffee ist fertig, bedien dich doch.“
Nachdem sie die Küche verlassen hatte, stand Rachel auf
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