Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
handelte, der die ursprüngliche Geschichte im Winters Journal geschrieben hatte.
Sal wartete einige Sekunden, dann sprach er voller Energie in den Hörer. „Stan, hier ist Sal Dassante. Ja, ja, habe ich gesehen. Gute Story, Stan. Aber du musst mir einen Gefallen tun.“ Er winkte ihr zu. „Ich suche ab sofort nicht mehr nach Alyssa, Stan. Und ich möchte, dass du das in deiner Zeitung bringst. Ja, das ist richtig.“ Er lachte. „Warum? Weil ich ein alter Mann bin, da darf ich meine Meinung ändern. Außerdem“, fügte er an und sah wieder zu Rachel, „habe ich meine Enkelin gefunden, mehr brauche ich nicht. Nein, auch keine Belohnung, keinen Cent. Druckst du das, Stan?“ Er nickte. „Gut. Arrivederci.“
Er legte auf. „Und? Wie war das?“
„Danke, Sal“, sagte Rachel einfach nur.
„Du hast nicht geglaubt, dass ich das machen würde, stimmts?“
„Nein ... jedenfalls nicht so schnell.“
Bevor sie noch etwas sagen konnte, schlug Sal auf die Armlehne. „Komm, wir suchen den Rest der Familie. Die anderen können es nicht erwarten, dich kennen zu lernen.“
Rachel konnte Nico vom ersten Moment an nicht leiden, und nach dem finsteren Blick zu urteilen, den er ihr zuwarf, nachdem Sal sie miteinander bekannt gemacht hatte, beruhte diese Abneigung auf Gegenseitigkeit. Bei Erica Dassante war es eine andere Sache. Im Gegensatz zu Sal, der nicht davon angetan war, dass sie Alyssa so ähnlich sah, war Erica vollkommen begeistert.
„Du bist genauso schön wie deine Mutter“, sagte sie und empfing sie mit offenen Armen.
„Danke.“
Rachel verbrachte eine weitere halbe Stunde in dem großen Wohnzimmer, während Nico schmollend dasaß, Sal zufrieden dreinblickte und Erica fröhlich drauflosredete und Rachel über ihre Arbeit auf dem Weingut ausfragte. Von Zeit zu Zeit warf Sal Nico einen bösen Blick zu, woraufhin der eine Frage stellte, um dann wieder in Schweigen zu versinken.
Nachdem eine vertretbare Zeit verstrichen war, stand Rachel auf und war froh, dass die Tortur vorüber war. Zu Sals offensichtlicher Enttäuschung schlug sie sein Angebot aus, sie durch die Produktionsanlage zu führen.
„Dann eben ein anderes Mal“, sagte er und ignorierte Nicos tödliche Blicke. „Dassante Farms ist jetzt deine Heimat, vergiss das nicht.“
Während sie, Sal und Erica zur Tür gingen, begann Nico, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Doch sein Vater bekam ihn am Ärmel zu fassen und hielt ihn mit eisernem Griff zurück. „Wir begleiten Rachel nach draußen“, sagte er leise.
In ihrem Cherokee sitzend, sah Rachel in den Rückspiegel. Alle drei standen vor der Tür, Sal und Erica winkten ihr nach, während Nico dastand und aus seiner Wut keinen Hehl machte.
Sie wischte den Eindruck beiseite, dass sich etwas Unangenehmes an ihr festgesetzt hatte, startete den Jeep, gab Gas und fuhr davon.
Sal saß allein im Wohnzimmer und starrte auf den Platz, an dem Rachel gesessen hatte. Er fühlte ein plötzliches Stechen in seinem Magen. Sie war nicht hergekommen, weil sie ihn sehen wollte, nicht mal, weil sie neugierig war. Das Einzige, was sie interessiert hatte, war Alyssa.
Er war enttäuscht, aber zugleich war er auch froh, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Er hätte viel weniger von ihr gehalten, wenn sie gelogen hätte, was sie einen Augenblick lang auch in Erwägung gezogen hatte.
Insgesamt war das Treffen gut verlaufen, und er war froh, dass er so hartnäckig gewesen war und sie immer wieder angerufen hatte. Er kicherte, als er an den ersten Anruf zurückdachte. Er hatte sie noch an dem Abend angerufen, an dem er erfahren hatte, dass sie seine Enkelin war, aber er war so gerührt gewesen, als er ihre Stimme hörte, dass er nicht ein einziges Wort hatte herausbringen können. Er hatte einfach wieder aufgelegt, so wie ein alberner anonymer Anrufer. Vielleicht würde er ihr das eines Tages erzählen, aber noch nicht. Sie war noch zu steif, zu reserviert, vielleicht war sie sogar ein wenig misstrauisch.
Dieses Misstrauen war das, was ihn am meisten störte. Hoffentlich würde sich das legen. Der Anruf beim Journal hatte ihm bereits ein paar Bonuspunkte eingebracht. Natürlich hatte er nicht die Absicht, Rachels Bitte zu folgen und die Suche nach Alyssa aufzugeben. Er mochte das Mädchen, doch niemand würde sich ihm in den Weg stellen, den Tod seines Sohnes zu rächen, nicht einmal seine eigene Enkelin.
„Sal?“
Er drehte sich um und sah Erica hinter ihm stehen.
„Maria hat gesagt, dass du
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