Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
gelesen.“
„Das bezweifele ich. Es gefällt dir bestimmt nicht, aber jede Zeitung von Mendocino bis San Diego hat über dich berichtet. Wenn er lesen kann, dann hat er das auch mitbekommen.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Dann hat er Angst.“
„Darum werde ich ihn auch noch einmal anrufen. Wenn er einverstanden ist, sich mit uns zu treffen, und wenn er uns vertraut, ändert er vielleicht seine Meinung.“ Er beugte sich nach vorn und stützte seine Ellbogen auf den Tisch. „Bis dahin kann es sicher nichts schaden, so viel wie möglich über Alyssa Dassante in Erfahrung zu bringen.“
„Steht in den Zeitungen und in dem Polizeibericht nicht alles, was wir über sie wissen müssen?“
„Manchmal graben Zeitungen und sogar Cops nicht tief genug vor. Ich schon.“
„Wie?“
„Indem ich mich an die Quelle wende.“ Er betrachtete sie einen Moment lang und erkannte, dass es ihm nichts ausmachen würde, das für den Rest des Tages zu tun. „Hast du dich schon mit den Dassantes getroffen?“
Sie versteifte sich unübersehbar. „Nein, warum sollte ich?“
„Sal hat sich nicht bei dir gemeldet?“
Sie mied seinen Blick. „Vier Mal. Ich habe nicht zurückgerufen.“
„Kann ich gut verstehen. Nach allem, was ich über die Dassantes gehört habe, könnten sie wohl nicht als Familie des Jahres kandidieren.“ Er machte eine kurze Pause. „Aber Sal wird seine Enkelin nicht aufgeben.“ Er schob seine Dose auf dem Tisch hin und her. „Es hätte noch etwas Gutes, mit Sal Bekanntschaft zu schließen.“
„Und das wäre?“
„Du könntest wertvolle Dinge über Alyssa erfahren, entweder von ihm oder von einem anderen Familienangehörigen.“
Sie nickte kurz. „Ich werde darüber nachdenken.“
„Gut, lass es mich wissen, wenn du dich entschieden hast.“
„Und du lässt mich wissen, wenn sich etwas mit Jonsey ergibt.“
Er lächelte. Sie war zielgerichtet, das gefiel ihm an ihr. Zum Teufel, alles an ihr gefiel ihm. „Mach ich.“
Nachdem er in seinen Wagen gestiegen und abgefahren war, betrachtete er sie im Rückspiegel so lange, wie die kurvenreiche Straße es zuließ. Als er sie nicht mehr sehen konnte, dachte er auf dem Weg zurück nach San Francisco ausschließlich an sie.
18. KAPITEL
Rachel saß in ihrem Jeep Cherokee und betrachtete das beeindruckende dreistöckige Gebäude. Jetzt, da sie wusste, dass sie hier geboren war, wartete sie auf ein Kribbeln, auf ein Gefühl in ihrem Bauch, auf irgendein Signal, das ihr sagte, dass sich ihre Vergangenheit hier befand, dass dies der Ort war, an dem ihr Leben begonnen hatte.
Aber sie spürte lediglich eine tief sitzende Angst und das Verlangen, das Treffen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Als sie Sal endlich zurückgerufen hatte, war es ein kurzes und nüchternes Telefonat gewesen, und nichts, nicht einmal die emotionsgeladene Stimme des Mannes hatte bewirken können, dass sich ihre Gefühle ihm gegenüber änderten.
Sie war nur aus einem einzigen Grund hergekommen: Sie wollte mehr über Alyssa erfahren, und wenn sie Glück hatte, konnte sie Sal dazu bewegen, dieser lächerlichen Blutrache ein Ende zu setzen, die er ihrer Mutter geschworen hatte.
Im Parterre bewegte sich eine Gardine. Rachel spürte einen eisigen Hauch auf ihrer Haut, als sie bemerkte, dass sie beobachtet wurde. Augenblicke später wurde die Haustür geöffnet, und eine alte, grauhaarige Frau mit Schürze und Haarnetz kam heraus, um auf den Jeep zuzugehen.
„Miss Spaulding?“ fragte sie.
Rachel kam sich ein wenig albern vor, dass sie sich von einer alten Frau abholen lassen musste, und stieg aus dem Wagen. „Ja, ich bin Rachel Spaulding.“
„Wenn Sie mir bitte folgen würden.“
Rachel wurde in ein weitläufiges Foyer mit polierten Holzböden geführt, durch einen Flur und schließlich in einen großen Raum mit kunstvoll geschnitzten Möbeln aus massivem Holz, alten Teppichen und Sitzmöbeln in dunklem Kastanienrotbraun. Zigarrenrauch hatte sich in den Wänden festgesetzt und vermischte sich mit dem Geruch von Zitronenöl, das die alte Haushälterin vermutlich benutzte, um das Holz zu polieren.
„Hallo, Lillie.“
Erschrocken drehte sie sich um und erblickte einen Mann, der Sal Dassante sein musste. Er saß in einem ausladenden Sessel, seine Hände ruhten auf den Armlehnen. Er war kräftig gebaut, schien dabei aber nicht allzu groß zu sein. Tiefe Falten verliefen zu beiden Seiten seines Munds, er hatte volles graues Haar, das auf eine altmodische
Weitere Kostenlose Bücher