Macht (German Edition)
Aristokraten, Reiche, auf Männer im Gegensatz zu Frauen und auf Weiße im Gegensatz zu Andersfarbigen beschränkt gewesen. Aber die Ausbreitung der Intelligenz unter den Beherrschten hat diese veranlasst, derartige Beschränkungen abzulehnen, und die Machthaber wurden gezwungen, entweder nachzugeben oder sich auf nackte Gewalt zu stützen. Wenn eine ordnungsgemäße Regierung allgemeiner Zustimmung sicher sein will, muss ein Weg gefunden werden, die Mehrheit der Menschheit auf einer Basis zu vereinigen, die verschieden ist von der des Thrasymachus.
Einem späteren Kapitel überlasse ich die Untersuchung der Methoden, die einer Regierungsform auf nichtabergläubische Weise allgemeine Zustimmung sichern, aber einige hier angebrachte Bemerkungen seien vorausgeschickt. Zunächst einmal ist das Problem nicht gänzlich unlösbar, da es in den Vereinigten Staaten gelöst worden ist. (Man kann kaum behaupten, es sei in Großbritannien gelöst worden, da die Achtung vor der Krone ein wesentliches Element in der britischen Stabilität bildete.) Zweitens muss der Vorteil einer ordnungsgemäßen Regierung allgemein erkannt werden; das wird gewöhnlich für energische Männer Gelegenheiten einschließen, auf konstitutionellem Wege reich und mächtig zu werden. Wo eine Klasse, die energische und fähige Persönlichkeiten zu den ihren zählt, von Aufstiegsmöglichkeiten ausgeschlossen ist, entsteht ein Element der Unruhe, das früher oder später leicht zum Aufstand führen kann. Drittens wird man eine gesellschaftliche Konvention brauchen, die im Interesse der Ordnung angenommen wird und nicht dermaßen ungerecht ist, als dass sie auf breiteren Widerstand stoßen könnte. Eine solche Konvention, einmal erfolgreich, wird bald traditionell werden und die Stärke besitzen, die die traditionelle Macht auszeichnet.
Rousseaus »Gesellschaftsvertrag« scheint einem modernen Leser nicht sonderlich revolutionär zu sein, und man sieht schwer ein, warum er für Regierungen so abstoßend war. Der Hauptgrund ist meiner Meinung nach, dass er versuchte, die Regierungsgewalt auf eine rationelle Grundlage zu stellen, anstatt sie von abergläubischer Verehrung für Monarchen abhängig zu machen. Die Wirkung der Lehren Rousseaus auf die Welt zeigt die Schwierigkeit, die Menschen dazu zu bringen, auf einer nichtabergläubischen Grundlage für eine Regierung zusammenzukommen. Vielleicht ist das nicht möglich, wenn der Aberglaube ganz plötzlich beseitigt wird: einige Praxis in freiwilliger Zusammenarbeit ist zur vorhergehenden Übung notwendig. Die große Schwierigkeit liegt darin, dass Achtung vor dem Gesetz für eine gesellschaftliche Ordnung wesentlich, aber unter einem traditionellen Regime, dem nicht mehr zugestimmt wird, unmöglich ist und in einer Revolution notwendigerweise nicht in Betracht kommt. Aber wenn auch das Problem schwierig ist, so muss es doch gelöst werden, wenn das Bestehen geordneter Gemeinwesen mit dem freien Gebrauch der Intelligenz übereinstimmen soll.
Das Wesen dieses Problems wird manchmal missverstanden. Es genügt nicht, auf dem Papier eine Regierungsform zu erfinden, die für den Theoretiker keinen wirklichen Anlass zur Revolte zu bieten scheint; es ist notwendig, eine Regierungsform zu finden, die verwirklicht werden kann und die, verwirklicht, so viel Loyalität erwecken wird, dass sie die Revolution niederhalten oder vermeiden kann. Das ist ein Problem praktischer Staatskunst, bei dem alle Ansichten und Vorurteile der betroffenen Bevölkerung in Betracht zu ziehen sind. Es gibt solche, die glauben, dass fast jede Gruppe von Menschen, die sich einmal der Staatsmaschine bemächtigt hat, auf dem Wege der Propaganda sich die allgemeine Zustimmung erwerben kann. Diese Ansicht unterliegt immerhin deutlichen Beschränkungen. Staatliche Propaganda hat sich in unseren Zeiten als machtlos erwiesen, wenn sie dem Nationalgefühl, wie in Indien und (vor 1921) in Irland, entgegenstand. Sie kann sich nur schwer gegen ein starkes religiöses Gefühl behaupten. Inwieweit und für wie lange sie gegen das Interesse der Mehrheit aufkommen kann, ist noch eine zweifelhafte Frage. Es muss jedenfalls zugegeben werden, dass Staatspropaganda ständig an Wirkung zunimmt; das Problem der Sicherung der öffentlichen Zustimmung wird deshalb RIF die Regierungen leichter. Die von uns angeschnittenen Fragen werden später vollständiger behandelt werden; für den Augenblick behalte man sie lediglich im Auge.
Ich habe bisher von politischer
Weitere Kostenlose Bücher