Macht nichts, Darling
zwischendurch auch Spazierfahrten auf seinem Moped zu machen. Es soll doch ein Erholungsurlaub sein, und ich will, daß er sich amüsiert.«
»Kommt drauf an, was er unter Amüsement versteht«, meinte Simon nachdenklich. »Hoffentlich kriegst du keinen Ärger mit ihm, wenn er mal sternhagelblau von seinen Spazierfahrten zurückkehrt. Was weißt du eigentlich von ihm, Sally?«
»Nur daß er mein einsamer Seemann ist«, antwortete sie lachend. »Ach bitte, Simon, nun unke nicht gleich wieder! Matt hat das schon ausreichend besorgt — und dabei mag er ihn jetzt richtig gern. Archie ist in Ordnung. Und wenn er mal einen hebt... Warum nicht? Ich kann schon auf mich selber aufpassen.«
Simon bezweifelte dies, schwieg aber. Er kannte die Wirkung, die manche begründeten Einwände auf Sally ausübten. »Außerdem ist er kein Trunkenbold«, fuhr sie fort. »Das sieht man den Leuten ja auf den ersten Blick an, und auf meine Menschenkenntnis kann ich mich verlassen. Siehst du, da kommt er schon.«
Archies Anblick war in der Tat beruhigend. Eine ganz leichte Fahne verriet zwar, daß er unterwegs irgendwo eingekehrt war, aber er war völlig nüchtern und strahlte nur von guter Laune, als er die mitgebrachten »Häppchen« für die Speisekammer auspackte. Es waren ansehnliche Happen, und Simon staunte, daß Sally, die doch sonst in bezug auf Geschenke so empfindlich war, sie ohne weiteres und mit Dank annahm. Später erklärte sie ihm: »Archie kauft rasend gern ein, und er ist nicht schlecht bei Kasse. Er hat mir gleich zu Anfang ganz offen gesagt, daß er nicht mit der Absicht gekommen ist, unsere Gastfreundschaft auszunutzen. Er könnte nur bleiben, wenn wir ihm erlaubten, ab und zu ein paar Bananen oder Würstchen mitzubringen. Wie du siehst, sind Bananen und Würstchen bei ihm sehr dehnbare Begriffe, aber ihn freut’s nun mal, und auch Matts Laune wird dadurch erheblich verbessert.«
»Und du?«
Sie errötete leicht. »Ach, bei Archie wäre es einfach albern, sich zu zieren. Es wäre nicht einmal fair von mir, ihn für längere Zeit ins Haus zu nehmen, ohne ihn etwas beitragen zu lassen. Matt hat seit einer Ewigkeit keinerlei Gehalt mehr bekommen, nur sein Essen und seinen Tabak. Daneben hat er zwar seine Rente, aber ich kann nicht von ihm verlangen, daß er damit einsame Seeleute durchfüttert, denen ich unvorsichtigerweise geschrieben habe, nicht?« Bei den letzten Worten brachte Sally schon wieder ein ganz unbefangenes Lachen zustande, das Simons Sorgen jedoch nicht völlig behob. Er kannte sie seit ihrem fünften Lebensjahr und fühlte sich aus dunklen Gründen immer noch irgendwie verantwortlich für sie. Bei diesem Gedanken fiel ihm ein, daß andere vielleicht ebenso empfanden, und mit mehr Recht als er. »Was meint denn Davenport zu deinen Verkaufsplänen?« fragte er unvermittelt. »Er ist doch dein Hauptberater?«
Sally hob mit einem kleinen trotzigen Ruck das Kinn. »Ich habe ihn nicht gefragt. Warum sollte ich? Er ist mein Rechtsberater, ja, aber nicht mein Vormund. Außerdem hält auch er bestimmt den Verkauf der Farm für die einzige Möglichkeit. Wenn er einen anderen Ausweg sähe, hätte er es längst gesagt.« Ihre Stimme schwankte bei der Erinnerung, wie sehr sie einen rettenden Einfall von Hugh erhofft hatte. Aber so gewissenhaft er auch sonst ihre Interessen wahrnahm, hatte er zu ihrem größten Problem doch nichts anderes sagen können als: »Sieh zu, daß du den überflüssigen Ballast loswirst.« Und dabei war es geblieben. Sie fügte sehr von oben herab hinzu: »Hugh ist eigentlich nur ganz zufällig mein Rechtsanwalt geworden, weil Vater Mr. Lawrence hatte, und Mr. Lawrence hat mich dann sozusagen an Hugh weitergegeben... eine reine Geschäftsverbindung also.« Bei der Vorstellung, wie Hugh auf diese Bemerkung reagieren würde, zuckte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht und verschwand sogleich bei dem kleinlauten Zusatz: »Hoffentlich kann ich auch da in absehbarer Zeit meine Schulden bezahlen.«
Simon erriet fast alle Gedanken, die sich in ihrem ausdrucksvollen Gesicht spiegelten, und seufzte. Wieviel einfacher wäre das Leben gewesen, wenn er jetzt zu diesem Mädchen (das oft unerträglich und unmöglich, aber immerhin Sally war) hätte sagen dürfen: »Nun hör mal, ich habe ein Bankkonto, das auf den Tag wartet, an dem ich mir eine eigene Farm kaufe — bis dahin muß ich aber noch allerhand dazuverdienen. Inzwischen übernehme ich deine Hypothek. Dann bist du wenigstens aus dem
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