Macht nichts, Darling
fragte Sally unwillig zurück. »Ohne diese elende Allergie hätte sie sich bestimmt unrettbar in dich verguckt. Die Nieserei war ja noch nicht mal das Schlimmste, aber wenn man jedesmal auf einen Ausschlag gefaßt sein muß...«
»Beim bloßen Anblick von mir«, vollendete Simon den Satz, »dann verspricht das nicht gerade eine glückliche Ehe. Ein Segen, daß es nicht so weit gekommen ist. Um Himmels willen, Mädchen, hör auf, meine Zukunft zu managen. Es klappt ja doch nicht.«
»Aber Simon, es ist doch meine Pflicht! Ich habe dich in diese Zwangslage gebracht, und meine Sache ist es deshalb, dich wieder daraus zu befreien.«
»Du jagst mir jedesmal eine Todesangst ein, wenn du solche Heilsarmee-Augen machst«, sagte Simon lachend. »Übrigens... da wir gerade von guten Werken sprechen: Was hämmert denn dein einsamer Seemann da hinten im Garten für ein komisches Gerüst zusammen?«
»Das soll ein Pawilljong werden, wie er es nennt. Eine Art Sommerhäuschen. Ziemlich origineller Grundriß, nicht?«
»Originell auf jeden Fall — alles schief und krumm. Warum läßt du ihn nicht einen neuen Hühnerstall bauen?«
»Oh, das geht nicht. Er hat sehr viel Ehrgeiz und meint, seine Laube wird eine Attraktion, mit der sich die Farm besser verkaufen läßt.«
In ihre Stimme schlich sich ein trauriger Unterton, wie immer, wenn sie den Verkauf erwähnte, und Simon warf ihr einen raschen Blick zu.
»Muß es denn wirklich sein? Du hängst doch sehr an der Farm, nicht wahr?«
»Ja, aber unsere Lage ist hoffnungslos. Wir geraten mit jedem Jahr tiefer in... Na, reden wir nicht davon, Simon. Irgendwas wird sich schon finden. Mit >irgendwas< meine ich einen Käufer. Eben fällt mir ein, daß ich heute noch ins Dorf wollte, um mir ein paar neue Bücher aus der Leihbibliothek zu holen. Würdest du mich mitnehmen? Ich strapaziere meine alte Karre nicht gern für so kurze Entfernungen.«
»Natürlich. Ich habe noch gar nicht gewußt, daß das Dorf sich sogar einer Leihbibliothek rühmen kann!«
Für den kleinen Flecken, der aus ein paar Läden, zwei Tankstellen, einem Postamt und einem Gasthaus bestand und den stolzen Namen Queensville führte, schien eine Leihbibliothek wirklich ein Luxus. Sally erzählte ihm, daß sie noch nicht lange bestünde. Eine nette junge Dame namens Judith West hätte sie wagemutig aufgemacht und eine kleine Wohnung hinter dem Bücherraum bezogen. Aber Simon hörte kaum hin. Während der kurzen Fahrt ging ihm der Satz im Kopf herum, dessen Ende sie verschluckt hatte: »Wir geraten mit jedem Jahr tiefer in Schulden.« Er sorgte sich um sie. Er kannte ihren Optimismus und wußte von Alice, wie tapfer sie um die Farm gekämpft hatte, aber nun war sie offensichtlich geschlagen. Verworrene Hilfspläne durchzuckten sein Hirn. Vielleicht reichte sein kleines Kapital, wenigstens die Hypothek zu übernehmen; er würde selbstverständlich keine Zinsen verlangen. Aber ein solches Hilfsangebot war zwecklos. Sally gehörte nicht zu den Leuten, die sich etwas schenken ließen.
Das Dorf, in dem sie ausstiegen, war alles andere als malerisch, und das Häuschen, das Judith West kürzlich gekauft hatte, um ihre Bibliothek darin einzurichten, fiel keineswegs aus dem Rahmen. Aber sie hatte auffallend viel gute Bücher, wie Simon bei einer ersten Besichtigung der Regale feststellte, während Sally und Judith miteinander plauderten. »Du solltest dich auch eintragen lassen, Simon«, meinte Sally nach der förmlichen Vorstellung. »Je mehr ständige Leser, desto mehr neue Bücher kann Judith anschaffen, und desto mehr Nutzen für die Allgemeinheit.«
Simon stimmte bereitwillig zu. Die Zusammenstellung der Bibliothek war nach seinem Geschmack, und die junge Inhaberin war es ebenfalls. Sie hatte tiefblaue Augen und benahm sich angenehm zurückhaltend. Er suchte sich gleich ein paar Bücher aus und fuhr Sally dann zur Farm zurück. Unterwegs schwatzten sie vergnügt, wie es seit dem unglücklichen Zusammentreffen mit Mr. Ford in der Teestube nicht mehr vorgekommen war. Sally war von Herzen froh, daß der »alte« Simon allmählich wieder zum Vorschein kam. Denn wenn sie sich auch ihrer Haut zu wehren wußte, hatte die lange Mißstimmung zwischen ihnen sie doch mehr geschmerzt, als sie je eingestand.
Heute kam Simon sogar noch einmal auf eine Tasse Tee mit herein. »Wo steckt denn Archie Brown?« fragte er plötzlich. »Murkst er wirklich von früh bis spät an seinem Pavillon herum?«
»Ich hab’ ihm vorgeschlagen,
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