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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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machte sie sich auf die Suche nach dem Gewinsel.
    Das Bett vom Buben war unberührt. War er vielleicht gar nicht daheim? Sie schüttelte den Kopf und schlapfte zum Büro. Der Lausejunge hatte sich bestimmt die Nacht um die Ohren gehauen und war vor dem Computer eingeschlafen. Von einem Spiel oder Film rührte wohl auch das Wimmern. Sie stieß die Tür auf. »Sohnemann, komm Frühstücken oder ab ins Bett –« Frau Mitterlechner erstarb der Befehlston.
    Der Herr Sohn und ein halbnacktes junges Ding saßen Rücken an Rücken vor dem 30-Zoll-Monitor. Frau Mitterlechner wollte sich sogleich entrüsten, aber einiges an der Szene machte sie stutzig. Die Brünette hatte einen Streifen Textilklebeband quer übers Gesicht. Der Mund bewegte sich unter dem Klebestreifen, das Fiepen wurde laut. Tränen quollen aus den Augen der jungen Frau.
    Der Bub deutete und sagte nichts. Die Hände ruhten auf der Tastatur, der Blick war starr auf die Spielkarte an dem Bildschirm gerichtet.
    Die junge Frau strampelte und stampfte, beide stürzten mitsamt dem Keyboard und den Stühlen auf die Seite.
    Frau Mitterlechner begriff, dass die Fremde und ihr Sohn mit Klebeband aneinandergefesselt waren und wurde ohnmächtig.

60
    W otruba fiel die Zeitung aus der Hand. Er lugte zu Gernot und der Frau Doktor beim Frühstücksbuffet hinüber. Er musterte Lilly Fuchs, das Ehepaar Gerber und die vier G’schmierten in Uniform, die sie bewachten. Er schüttelte den Kopf und verbarg das Gesicht in der freien Hand. Den Artikel brauchte er zum gegenwärtigen Stand der Ermittlungen so nötig wie einen Kropf am Hals. Der Diebstahl aus der Asservatenkammer reichte nicht – o nein! – da fehlte doch noch was zum großen Glück: eine Plaudertasche! Etwas Bakschisch in die richtige Schublade der Polizeiinspektion gelegt, und da war er, der Aufmacher der Morgenausgabe. Wotruba donnerte die Faust auf das Schmierblatt. Tassen und Kännchen klirrten. Die Mitglieder der Reisegruppe am anderen Ende des Frühstückraumes steckten die Köpfe zusammen.
    »Was’n mit dir los?«, fragte Gernot mit vollem Mund und setzte sich. »Du, danke übrigens. Ein sehr gemütliches Zimmer. Das Buffet ist klasse. Hol dir doch was.«
    »Danke, mir ist grade der Appetit vergangen.« Wotruba legte die Schlagzeile »Irrer Tarotkartenmörder« offen auf den Tisch. »Ein Kameradenschwein gibt Interna zu laufenden Ermittlungen an die Presse weiter.«
    Szombathy beäugte das bunte Blatt, kräuselte die Lippen und biss in sein Croissant mit Butter und Nutella.
    Josephine kam vom Buffet zurück. Sie lächelte in die Runde und löffelte Joghurt mit Früchten. Die Männer grollten. Als sie die Zeitung zwischen den beiden bemerkte, drehte sie die Schrift zu sich. Sie schluckte hinunter, nahm den Löffel aus dem Mund und legte ihn neben die Schale. »Scheiße …«
    »… in der Kuchenform verändert den Geschmack enorm. Genau!«, vollendete Wotruba und faltete das Blatt zusammen. Er wollte noch etwas zu der Frau Doktor sagen, aber das Handy klingelte. Der Chefinspektor nestelte das Mobiltelefon aus der Lederjacke und hob es an sein Ohr. Er wurde kreidebleich.

61
    U do lümmelte auf dem Küchentisch und hypnotisierte das Handy. Das Telefon lag mitten auf der Tischplatte und rührte sich nicht. Kernreiter seufzte. Seine Ruh war hin, das Herz war schwer, er fand sie nimmer und nimmermehr. Warum rief Doktor Steuben nicht zurück?
    Udo trat ans Fenster und besah die Fassade jenseits des Grünstreifens. Der Ausblick machte ihn elend. Jeder Block in der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk sah wie der andre aus. Ein Guss, ein Stahl, ein Plattenbau. Die Seele trug Betongamaschen. Udo kaute Keimlinge mit Cerealien und erduldete die Vision von Eiern mit Speck.
    Udo schenkte Tee nach, streckte sich und spürte jeden Knochen. Er war so müde. Er hatte alles versucht: Entspannungsübungen auf der Yogamatte, Schlaftee mit Baldrianwurzel und Hopfenzapfen, die Klangschale hatte er malträtiert. Vergebens, nichts hatte gefruchtet. Anstatt den Traum zu finden, hatte er die Nachbarn um den ihren gebracht. Das Pochen an die Decke, dünn wie Papier, war deutlich zu hören gewesen. Warte nur, balde ruhest du auch! Es bedurfte nur des einen Rückrufs. Dann konnte Udo die Legebatterie für Nutzmenschen verlassen, aufs Land ziehen und über allen Wipfeln war Ruh.
    Kernreiter ächzte auf die Füße und schlurfte ins Bad. Bis es so weit war, musste er noch wie die Lohnsklaven ringsherum Robot leisten. Er steckte den Kopf unter

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