Macht: Thriller (German Edition)
Main waren BMW- und GTI-Fahrer längsseits gekommen und hatten den Wagen begafft. Die ersten fünf oder zehn hatte Gernot noch begrüßt und sich geschmeichelt gefühlt. Doch mit der Zeit verlor diese Form der Aufmerksamkeit das Prickeln. Er knetete das Lenkrad, und das Leder knirschte. Die Schuhe quetschten die Füße, der Knöchel über dem Gaspedal schmerzte. Szombathy war spätestens seit Würzburg vom Fahren genervt und fühlte Blei in seine Adern kriechen. Josi hatte ihren Kopf zur Seite gelegt und schlief. Lilly lag auf der Rückbank. Das Mädchen schnarchte leise und sabberte aus dem halbgeöffneten Mund in ein Kissen. Der gleichmäßige Atemrhythmus der Schlafenden brachte Gernot zum Gähnen. Aber Udos Gesicht im Innenspiegel, von unten durch einen ebook Reader beleuchtet, wirkte als Muntermacher. Szombathy kontrollierte die Navi-Anzeige und lächelte zufrieden, er hatte die siebenhundert Kilometer in etwas weniger als den prognostizierten sechseinhalb Stunden geschafft. Die Staus auf A8 und A3 hatten sich im Rahmen gehalten. Die letzten zweitausend Meter bis zum Ziel sollten kein Problem mehr aufbieten.
»Hör dir das mal an, bitte!«, sagte Udo und klopfte Gernot von hinten auf die Schulter. »Die Enthusiasten, überspannten, romanhaften Menschen, Kraftgenies und exzentrischen Leute. Sie leben und weben in einer Atmosphäre von Phantasien, wie ein Fisch im nassen Elemente, und sind geschworne Feinde der kalten Überlegung. Modelektur, Romane, Schauspiele, geheime Verbindungen, Mangel an gründlichen wissenschaftlichen Kenntnissen und Müßiggang, stimmen einen großen Teil unsrer heutigen Jugend auf diesen Ton, man trifft auch Schwärmer mit grauen Köpfen an.«
»Danke, das reicht«, beendete Szombathy das Vorlesen. »Woraus ist das?«
»Hahaha! Fühlst du dich angesprochen?« Udo senkte den ebook Reader und schaute nachdenklich beim Seitenfenster hinaus. »Knigge, Über den Umgang mit Menschen .« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Wovon fühlst du dich mehr beleidigt, vom Kraftgenie oder den grauen Köpfen ?«
Gernot lachte in sich hinein und winkte ab. »Ach! Weder noch. – OK, ich gebe es zu, von den grauen Köpfen .«
»Ich auch.« Udo schmunzelte, nickte und widmete sich wieder dem Buch.
Szombathy knetete wieder das Lenkrad, sein Gesicht war angespannt. »Weißt du, ich denke jetzt schon die ganze Zeit darüber nach, und ich komme auf keinen grünen Zweig.«
»Was meinst du?« Kernreiter gab den Reader weg und legte die Hände in den Schoß.
»Naja«, antwortete Gernot und legte die Stirn in Falten. »1776 hat Adam Weishaupt an der Universität Ingolstadt die sogenannten Illuminaten gegründet. Knigge und er haben junge Vertreter der einflussreichsten Familien um sich geschart, wichtige Beamte in Regierungskreisen und Kirchenangehörige. Der Plan von Weishaupt ist es gewesen, nach und nach die offiziellen Stellen und Machtzentren zu unterwandern, um dann selbst die Macht auf seine Person zu konzentrieren. Seine Gefolgsleute wussten nicht, zu welchem Zweck sie rekrutiert wurden. Das Endziel kannte alleine Weishaupt. – Warum zum Teufel haben dann so viele mitgespielt? Doch nicht alleine aus Schwärmerei oder der Sehnsucht nach Erleuchtung, ich bitte dich.«
»Ich denke, die Antwort ist relativ einfach.« Udo kratzte sich am Kopf und atmete durch. »Egal, ob hinter Skull & Bones nun ein esoterisches Machwerk aus dem 18. Jahrhundert steckt oder auch nicht, es ist eine Tatsache, dass die Mitglieder aller verbrüderten Organisationen Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft sind. Mitglieder von Skull & Bones bekleiden Schlüsselpositionen in amerikanischen Banken, in der Regierung, und sie haben den Geheimdienst gegründet, heute die CIA. Über die Banken haben sie nicht nur die Nazis, sondern auch die Sowjets und später alle weiteren potenziellen Konfliktgegner finanziert, siehe Iran, Irak, Taliban, etc … Sie besuchen alle dieselben Unis in der Ivy League. Und sie werden mit jeder neuen Generation derselben Familien, die auch untereinander heiraten, immer mehr.«
Szombathy brummte zustimmend. »Eine Inzucht von Macht und Geld. Ein Spielplatz für gelangweilte Jungs, die sich im Erfolg ihrer Väter sonnen. Das er-leuchtet mir ein, wenn du mir den Kalauer gestattest.«
»So kann man das wohl nennen, ja.« Udo war nicht begeistert, aber Szombathy traf irgendwie den Nagel auf den Kopf. »Alle zusammen treffen sich einmal im Jahr bei der Hauptversammlung des Bohemian Club , wo
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