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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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Durch die Glaswände bestaunte er den Messeturm, das Congress Center und die historische Messehalle aus rotem Mainsandstein. Er studierte die Gesichter und schmunzelte über die halbwüchsigen Mädchen mit den neonfarbigen Perücken, den schwarzen Lippen und den zerrissenen Spitzenstrümpfen. Er stützte sich auf das Geländer und überblickte die Menschenmenge in den Zubringergängen und vor den Messehallen. Er identifizierte Comic-, Manga- und Roman-Figuren, wohin das Auge reichte. Junge Männer und Frauen wieselten geschäftig in den Uniformblazern der Messe Frankfurt hin und her. Polizisten patrouillierten mit dem hessischen Landeswappen am Ärmel. Viele nahmen eine Auszeit von der Identität. Ein Meer aus Köpfen wogte über Treppen und durch Türen. Die Leute drängten und schoben sich. Vor den Rolltreppen und Halleneingängen entstanden Wirbel, Strömungen bildeten sich zwischen den Ständen. Fließrichtung und Fließgeschwindigkeit wechselten je nach Notwendigkeit. Nie kam das Gewühl zum Stillstand, nie stockte die Menschenflut. Panta rhei , alles fließt! Steuben lächelte und spazierte weiter.
    Ein Mann pflügte gegen die Strömung. Die krausen Haarsträhnen hingen ihm tief ins Gesicht. »Ameisen! Alle Ameisen! Und jede rennt in eine andere Richtung!« Er rempelte Steuben zur Seite und verschwand im Gewühl.
    »Ja, ja.« Steuben nickte nachsichtig und rückte die Brille zurecht. »Das machen die Headsets.«
    »Nee, das is ein Bekloppter. Den kenn ich schon«, sagte der Riddler und lüpfte die Melone. »Der hat keine Handyfreisprecheinrichtung im Ohr.« Der Mann im grünen Anzug mit den Fragezeichen daran schaute den Selbstgesprächen hinterher. »Erschreckend, dass schon bald alle so aussehen.«
    »Naja, wie man es nimmt …« Steuben zog einen Mundwinkel nach oben und schüttelte der DC Comic figur die Hand. »Die anderen?«
    »Am vereinbarten Treffpunkt«, antwortete der Riddler, drehte den Spazierstock und schritt gemächlich aus.
    Steuben schreckte zurück und entschuldigte sich bei den Besuchern, die vor der schwirrenden Stockspitze in Deckung gesprungen waren. Er trottete dem Paradiesvogel hinterher. Er folgte dem Riddler ins Forum, in die Präsentation des Gastlandes Neuseeland. Sie schlüpften durch schwarze Samtvorhänge und passierten Lichtkorridore aus schwarzbespannten Stellwänden. Steuben kniff die Augen zusammen. Er tauchte in die Nacht über Aotearoa ein, und seine Sinne gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit. Ein künstlicher Sternenhimmel strahlte unter der Hallendecke und als Reflexion auf dem Fußboden. Lichter und Scheinwerfer tanzten auf den Wasserspiegeln zwischen den Ausstellungsinseln. Die Präsentationsbühnen waren wie Spielkartenmotive einmal aufrecht zu sehen und nochmal kopfüber in den Wasserflächen. Jeden Besucher gab es auf diese Weise doppelt. Ahnenmasken mit Moko -Tattoos regulierten das Mana , die Macht und die Lebenskraft der beiden Welten. Über allem thronte der mächtige Vollmond.
    Im fahlen Licht der Mondscheibe warteten Catwoman , Poison Ivy und der Mad Hatter .
    Steuben gab jeder der Gestalten aus dem Batman -Universum die Hand.
    »Miau!«, schnurrte Catwoman und neigte das Köpfchen zur Seite. Die Zungenspitze strich die seidenweißen Zahnreihen entlang.
    »Ja, danke, ich freue mich auch. – Die Ehre ist ganz auf meiner Seite!« Steuben schob mit gestrecktem Zeigefinger die Brille in Position. Wer mochte sich wohl im zivilen Leben hinter Maske und Latexanzug verbergen? Eine schüchterne Studentin, eine kleine graue Büromaus? Und Poison Ivy? Steckte unter lasziver Pose, rubinroter Lockenperücke und grüner Strumpfhose mitnichten ein langbeiniger Vamp, sondern eine schlaksige Kindergärtnerin oder Supermarktkassiererin? Egal, er würde es nie erfahren.
    »Und, was können wir für dich tun?« Der Riddler grinste, ging in die Grätsche und stützte sich auf den silbernen Knauf des Spazierstocks.
    »Ich erwarte meine Freunde aus Wien gegen neun Uhr in Frankfurt.« Steuben holte ein A4-Kuvert aus seiner Konferenztasche und übergab sie dem Riddler. »Ein Udo Kernreiter wird sich bei euch melden. – Alles klar? Ihr wisst, was ihr zu tun habt?«
    »Klar!«, grinste der Riddler.
    »Wir sind die Bösen!«, hauchte Poison Ivy.

74
    G ernot hatte die Autobahn A3 verlassen und steuerte den Hexenhammer die Babenhäuser Landstraße entlang. Er hörte leise Deutschlandfunk , um die Verkehrsnachrichten nicht zu verpassen. Die ganze Strecke von Wien nach Frankfurt am

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