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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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und fühlte sich den Geistern, die er gerufen hatte, näher als ihm lieb war. Die Freude und Erleichterung war verraucht, die er empfunden hatte, als er Josi und Lilly in der Aufzugkabine erblickt hatte. Lebendig und wohlauf, wie Steuben versprochen hatte. Da war der Schatten des Sensenmanns über seinem Kopf gewichen. Doch hier hörte er die Ahnenspirits der Native Americans Trauergesänge über sein baldiges Ableben in den Ästen anstimmen. Die Geschichten, die sich um dieses Waldstück rankten, waren mystisch und grausam, sie handelten von Macht, Sex und Ritualen. Menschen verschwanden in den Schatten der Redwood Giants, und sie tauchten nie wieder auf. Und falls doch, berichteten sie von einer skrupellosen Elite, vom Genuss absoluter Kontrolle über das Individuum, von Abhängigkeit und erzwungener Unterwerfung bis in den Tod. Kernreiter dachte an die Leiden des Paul Bonacci und ihm wurde kalt. Das war Satanismus in der klarsten Ausprägung. Das war für die Übersättigten der letzte Kick. Udo nagte an seinem Daumennagel. In der Haut von Josi und dem Kind wollte er nicht stecken. Gernot und ihm gewährte man vielleicht einen schnellen Opfertod.
    Der Ford hielt in der Auffahrt der im rustikalen Stil errichteten Gästehäuser. Udo seufzte und hob die Augen zum Himmel. Jetzt hatten sie den Bestimmungsort erreicht. Beim Altar vor der Betonstatue war der Weg zu Ende, vor Minervas Eule. Die gemeinsame Reise war im Bohemian Grove vorbei.

88
    D ie Türen des Gästehauses schwangen auf. Bedienstete nahmen die Neuankömmlinge in Empfang. Livrierte Pagen trugen das Gepäck ins Haus.
    Moritz Heinemann kletterte aus dem Geländewagen, streckte sich und atmete tief durch. » Home, sweet Home! «, lachte er und drehte sich mit ausgestreckten Armen im Kreis. Er nahm Josephine am Arm und führte sie in das Anwesen.
    Josephine erstarrte vor dem Wandgemälde in der Lobby. In einer finsteren Mauernische eine Krone, ein Globus, wissenschaftliches Gerät und eine Börse. Dahinter vier Schädel. Jeder auf zwei gekreuzten Oberschenkelknochen. Über dem gemalten Nischenbogen in der Rechtschreibung des neunzehnten Jahrhunderts der deutsche Spruch: »Wer war der Thor, wer Weiser, wer Bettler oder Kaiser?« Der Wald aus Josephines Traum war Wirklichkeit geworden. Sie war in dem Hochwald, in dem die Skelette mit ihr gesprochen hatten. Wachte oder träumte sie?
    » Impressive , nicht wahr?«, sagte Heinemann. »Eine Reproduktion. Das Originalfresko ist im Tomb in Yale zu bestaunen. Das Bild ist die direkte Verbindung zu unserem Heritage .« Moritz lächelte versonnen und führte Josephine weiter.
    Josephine rollte mit den Augen. Moritz markierte den Lokalmatador, dabei stammten er und seine Familie aus Erbenheim bei Wiesbaden und war mitnichten amerikanischer Ostküstenadel.
    »Franz Joseph der Erste von Österreich war alles vier. Gibt’s dafür extra Punkte?« Szombathy bekam einen Stoß in den Rücken und stolperte weiter.
    »Wenn ihr bitte kurz hier warten möchtet, man wird euch gleich empfangen.« Heinemann bot den drei Gästen die Ledersofas vor der zweiflügeligen Bürotür an. Nachdem Josephine, Gernot, Udo und Lilly rund um den Couchtisch mit den Zeitschriften Platz genommen hatten, entschuldigte sich Heinemann. Er postierte jeweils einen Mann an den Ausgängen und verschwand.
    »Ich fühl mich wie bei meinem Zahnarzt im Wartezimmer«, murmelte Szombathy, streckte die Beine aus und legte den Kopf auf die Rückenlehne. »Grade, dass es nicht nach Desinfektionsmittel stinkt.« Keine fünf Minuten später war er eingeschlafen und schnarchte.

89
    E ineinhalb Stunden nach der Ankunft im Gästehaus des Bohemian Grove wurden die Türflügel von innen geöffnet, und ein älterer Mann im grauen Anzug winkte die vier Wartenden in das Büro.
    Ein Weißhaariger thronte hinter dem Schreibtisch. Das Möbel und eine frühbarocke Gerichtsschranke verströmten dieselbe Autorität. Die Bürowände waren holzvertäfelt. Die Porträts bärtiger Würdenträger mit Ordensketten und Seidenschurzen zierten die Kassetten. Gedrechselte Stühle mit Lederpolsterung luden zum Verweilen ein. Ein Billardtisch mit grünem Filz bespannt und bernsteinfarbene Whiskeys in Kristallkaraffen bezeugten, dass das Leben aus mehr als nur Arbeit bestand. Der Raum war eines Eisenbahnmagnaten oder eines Erdölmilliardärs zur Zeit des Fin de siècle würdig.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz!«, gebot der Weißhaarige in nahezu akzentfreiem Deutsch. Er hatte ein schmales

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