Macht: Thriller (German Edition)
erstem Menschen im Weltall der Welt versetzt hatten, saß allen auch nach acht Jahren noch tief in den Knochen.
Armstrong schwitzte. Er spürte zwar das Gewicht der einundzwanzig Materiallagen seines Raumanzuges kaum, trotzdem wurde der weiche Overall direkt an seinem Körper mit jeder seiner Bewegungen feuchter. Und er konnte sich sicher darauf verlassen, dass keiner der darin eingenähten Plastikschläuche zur Wasserzirkulation auch nur den geringsten Schaden aufwies.
Hatte er Angst? Nein. Im Koreakrieg, ja, da hatte er manchmal Todesangst gehabt. Aber das hier, das war Teil des Jobs. Hierfür hatte er sieben Jahre hart an sich gearbeitet. Und nach einer zermürbenden Zeit auf der Ersatzbank war Apollo 11 sein zweiter Flug ins Weltall. Vielleicht, überlegte er, war diese Mission der Moment, für den er gelebt hatte. Seine Berufung, für die er all die Mühen auf sich genommen und durchgestanden hatte. Vom ersten Tag, an dem er Pilot werden wollte, als er mit sechs Jahren in einem Flugzeug der »National Air Races« mitgeflogen war, bis heute. Armstrong erinnerte sich mit einem Lächeln an die kindliche Begeisterung, die er beim Anblick der brüllenden Rennflugzeugmotoren empfunden hatte, und daran, wie großartig es gewesen war, in der Kanzel so einer Maschine scheinbar die Schwerkraft zu besiegen. Nur zehn Jahre nach seinem ersten Flug hatte er selbst den Pilotenschein in der Tasche gehabt. Und jetzt, als erwachsener Mann, viele Flugstunden und Erfahrungen reicher, erlebte er das ungewohnte Körpergefühl der Atmosphäre einer fremden Welt.
Aldrin und Armstrong öffneten die »Hutschachteln«. Es war an der Zeit, die Helme aufzusetzen.
Armstrong nahm den Unterhelm aus orange-rotem Poly-Carbonat heraus, verband ihn mit dem Druckhelm und zog sich das grellbunte Ding über die Ohren. Ein dumpfes Gefühl des Eingesperrtseins machte sich augenblicklich in ihm breit. Er atmete tief durch und fuhr fort, die Ausrüstung anzulegen. Ihm war beim Überprüfen der Dichtungen und Verschlüsse klar, dass das Lebenserhaltungsgerät in seinem Anzug das Einzige war, was ihm dort draußen das Überleben möglich machte. Die Blase unter der weißen Außenhaut aus Teflon war sein persönliches Stückchen Erde, das er mitnahm und das ihn beschützte. Vor einer luftleeren Umwelt, die Temperaturen für ihn bereithielt von der Hitze siedenden Wassers bis zur Kälte, in der Luft sich verflüssigte.
Buzz Aldrin betrachtete sein Spiegelbild auf dem goldbeschichteten Visier seines Helmes. Der Schatten seines Bartes ließ ihn alt aussehen. Da waren Ringe unter den Augen und sie steckten tief in dunklen Höhlen. Er war 39, der erste Astronaut mit Doktortitel. Und es war nicht das erste Mal, dass er in den Weltraum hinausging. Er bewegte den Helm mit beiden Händen hin und her. Bei seinem letzten Weltraumspaziergang war er angeleint gewesen. Was würde ihn im Meer der Stille erwarten? Was erwartete ihn erst nach seiner Rückkehr auf die Erde? Schließlich lächelte er und setzte den Helm auf. Seit seiner Zeit auf der High-School hatte sich nichts geändert. Helm auf und auf das Spielfeld! Der Wettkampf der beiden Supermächte im All war im Grunde auch nur ein Footballspiel. Und jetzt war es Zeit für den entscheidenden Touchdown.
Die Kabinenatmosphäre wurde durch das Entlüftungsventil im Fußraum in das Vakuum des Weltalls geblasen. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Neil Armstrong bückte sich und klappte den Lukenverschluss unter den Armaturenkonsolen zurück.
Die Männer an den Funkgeräten der Kommandozentrale in Houston hielten den Atem an.
»Ah, sie öffnet sich«, sagte der Kommandant der Mondmission und kauerte sich nieder. Ganz vorsichtig drehte Armstrong sich auf den Bauch und schob sich, die Füße voran, durch den Lukentunnel ins Freie. Nach bangen Sekunden spürte er endlich die Metallplatte unter seinen Sohlen und richtete sich auf. Es blieb ihm nicht viel Zeit, Houston wartete auf eine Meldung. »Okay, Houston. Ich bin auf der Veranda«, gab er durch.
In der Flugleitzentrale der NASA in Texas hätte man eine Stecknadel fallen hören. Alle starrten auf die Kontrollbildschirme. Weltweit sahen eine halbe Milliarde Menschen dieselben Bilder. Alle zitterten oder waren begeistert, sie erlebten auf ihren Fernsehbildschirmen mit, wie Neil Armstrong aus der Mondfähre kletterte.
»Okay, Neil, wir können dich jetzt die Leiter hinunterkommen sehen«, antwortete der Diensthabende Bruce McCandless aus der Zentrale in
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