Macht und Freiheit: Sturm über Porrima (German Edition)
anderen hohen Orden persönlich ans Revers geheftet – was ihr aber erstaunlich wenig bedeutete.
»Wann wird es so weit sein?«, wollte der Botschafter ungeduldig wissen.
»Wenn es so weit ist«, antwortete sie kurz angebunden, in Erwartung der nächsten unnützen Frage – die nicht lange auf sich warten ließ.
»Was soll das heißen – wenn es so weit ist?«
»Nun«, begann sie betont langsam und mit gespielter Nachdenklichkeit. »Das ist wie beim Schach. Bei diesem Spiel muss man seine Figuren auch erst in die richtige Position manövrieren, bevor man mit aller Macht und ohne Erbarmen zuschlagen kann. Unsere Situation ist ähnlich. Es müssen noch ein paar Figuren in Stellung gebracht werden, bevor die Invasion anlaufen kann.«
»Aha, Schach also«, erwiderte der Botschafter unbeeindruckt. Kaum zu glauben, dass sie mir mit dieser abgedroschenen Schachgeschichte kommt , dachte er. »Ich frage ja nur, weil ich wissen möchte, wann ich diesen Scheißplaneten endlich verlassen kann. Während des Angriffs möchte ich nämlich besser nicht hier sein.«
»Sie werden Porrima II überhaupt nicht verlassen, Herr Botschafter!«
»Was?«, brachte er erstaunt hervor.
»Sie müssen der Archontin die Kriegserklärung unserer Regierung überbringen, und zwar noch vor dem Angriff«, sagte sie kühl und weidete sich innerlich an seinem entsetzten Gesichtsausdruck.
»Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst?«, fragte er sichtlich verdattert, als er ihr kaltes Grinsen wahrnahm.
»Präsident Taylor erwartet es von Ihnen«, erwiderte sie entschieden. »Sie haben absolut keine Wahl, oder wollen Sie exekutiert werden? Ich denke, eher nicht.«
Fignon musste schwer schlucken, denn ihm war bewusst, dass sie alles so meinte, was sie es gesagt hatte. Er durfte es nicht anders interpretieren, wenn er sein Leben nicht gefährden wollte, und so nickte er ihr nur stumm zu.
Innerhalb der Allianzhierarchie war er nur ein Diplomat, und egal, wie gut er sich auf seine Arbeit verstand, in der Allianz zählte ausschließlich das Militär. Das diplomatische Korps war nur dazu da, das Tun des Militärs gegenüber der eigenen Bevölkerung – und noch viel wichtiger – gegenüber dem Rest der bekannten Galaxie zu rechtfertigen.
»Was wird als Nächstes folgen?«, fragte er freudlos.
»Sie werden erst einmal gar nichts tun«, wies Sinha ihn an. »Ich werde in den Stream aufbrechen und mich weiter mit Admiral Gauthier beraten. In etwa zwölf Tagen werde ich wieder zurück sein, bis dahin verhalten Sie sich ruhig, verstanden?«
»Natürlich, Madame Kommissar!«, antwortete Fignon dienstbeflissen und erntete dafür einen zufriedenen Blick ihrerseits.
Mit der Andeutung eines Nickens wandte sie sich von ihm ab und schaute aus dem Fenster, auf einige der Menschen, deren Zukunft sich demnächst einschneidend verändern würde.
7
Gravstream
Porrima-Leitstrahl
Oktober 2354 (ESZ)
»Shuttle kommt rein, Ma’am«, meldete Lieutenant Tosic.
»Gut«, antwortete Captain Emilia d’Souza, die Kommandantin des Schweren Angriffskreuzers ACS Independence , und verließ ihren Kommandosessel.
Sie war zweiunddreißig Jahre alt und von schlanker, mittelgroßer Statur. Ihre Haut war von einem zarten, dunklen Teint, und ihre schulterlangen schwarzen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Ihr Gesicht wies feine Züge auf, die ihr ein immer noch jugendliches Aussehen verliehen, das mit einem kompetenten und zielgerichteten Auftreten kombiniert war, wodurch man sich ihrer Ausstrahlung nur schwer entziehen konnte.
Sie rückte gerade ihre schwarze Uniformjacke zurecht, als Commander Simon Kayer zu ihr trat.
»Wer kommt da an?«
»Das muss Kavita Sinha sein«, bekam er als Antwort. »Ich werde zum Admiral gehen und ihm ihre Ankunft melden.«
»Das kann ich doch auch erledigen, Ma’am«, bot ihr Kayer aufrichtig an.
»Nein«, erwiderte d’Souza gelassen. »Der Admiral wird mich ohnehin bei dem Treffen dabeihaben wollen, sobald Miss Sinha bei ihm ist.«
»Aye.«
»Die Brücke gehört Ihnen, Simon«, sagte sie mit einem Nicken und wandte sich in Richtung des Ausgangs.
Sie verließ die Brücke und lief einen langen Korridor entlang, bis sie nach einer Biegung eine Tür erreichte, an der zwei Allianz-Marines Wache standen.
»Ist der Admiral zu sprechen?«, wandte sie sich an den höherrangigen der beiden Wachposten.
Der angesprochene Soldat aktivierte seine Com-Einheit, woraufhin sich Admiral Gauthier nach einem kurzen Augenblick
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