Machtkampf
gegenübersitzt.«
Sie wurde verlegen. »Bitte, wenn Sie meinen … Ich habe Ihnen aber bereits alles gesagt und mehr ist mir dazu auch nicht eingefallen.«
»Auch nicht zu Herrn Hartmann?«, fragte Vanessa schnell und energisch.
»Auch dazu habe ich Ihnen doch schon alles gesagt. Ich wollte diese Anmache nicht.«
»Anmache?«, echote Linkohr. »War es denn Anmache, oder vielleicht …«, – er suchte nach den passenden Worten, »… vielleicht Geschäftliches?«
»Geschäftliches?« Sie errötete leicht, rang sich aber ein Lächeln ab. »Herr Hartmann war Viehhändler, soweit ich weiß …«
»Das ist richtig«, bestätigte Vanessa, »aber vielleicht hat er auch noch mit etwas anderem gehandelt.«
Linkohr ergänzte sogleich: »Zum Beispiel mit Frauen.«
Stefanies Gesichtsausdruck veränderte sich. »Mit Frauen?« Sie versuchte, dem Klang ihrer Stimme etwas Lächerliches zu verleihen. »Ich versteh nicht so recht …«
Vanessa entschied, die Angelegenheit auf den Punkt zu bringen: »Oder war da eher der Igor zuständig?«
»Igor? Wieso fragen Sie mich nach Igor?«
»Weil Sie in seinem Computer auf einer Liste von mehr als 100 Frauen stehen, die man für besondere Anlässe ›mieten‹ kann.«
Stefanie war jetzt bleich geworden. »Frau Marquart«, machte Linkohr weiter, »wir wissen noch nicht, was dies alles mit den Vorkommnissen hier in Rimmelbach zu tun hat, aber zwei Menschen sind inzwischen verstorben, Herr Mompach und dieser Igor sind verschwunden und die Sache mit dem Pfarrer dürfte Ihnen auch geläufig sein. Es wird also höchste Zeit, dass Sie aufhören, uns an der Nase herumzuführen.« Er hob beschwichtigend die Unterarme, wie er dies von seinem Vorbild Häberle gelernt hatte. »Niemand macht Ihnen irgendeinen Vorwurf und ein Begleitservice ist zunächst auch nicht strafbar. Also helfen Sie uns bei unseren Ermittlungen.«
Sie starrte auf die Tischdecke wie ein trotziges Kind.
»Frau Marquart«, griff Vanessa wieder in das Gespräch ein, »wir wollen gar nicht wissen, was Sie privat machen oder ob dies korrekt oder doch unmoralisch ist – das ist uns im Moment völlig egal. Aber Sie sind derzeit die Einzige, die uns weiterhelfen kann, wenn wir etwas über Igor erfahren möchten.«
»Aber ich denke, der Selbstmord …«
»… spielt im Moment keine Rolle«, unterbrach sie Linkohr. »Also«, wurde er energischer, »was haben Igor und Hartmann gemeinsam getrieben?«
Stefanie sah nervös auf ihre goldene Armbanduhr. Wenn ihr jetzt die Zeit davonlief, wäre das günstig, dachte Linkohr. »Wir sind in fünf Minuten weg, wenn Sie uns sagen, was Sie wissen.«
Sie zögerte kurz, nickte dann aber, ohne die beiden Besucher anzuschauen. »Okay«, sagte sie emotionslos, »ich verdien mir eine Kleinigkeit hinzu, wenn ich gelegentlich Geschäftsleute zu irgendwelchen Terminen begleite.« Sie stockte kurz. »Zu Empfängen oder Ähnlichem. Weiter nichts.«
Vanessa hakte wieder vorsichtig nach: »Igor und Hartmann haben also einen solchen Begleitservice organisiert. Das ist richtig?«
»Ja, das ist richtig. Ich brauch das Geld, aber das werden Sie nicht verstehen. Ich muss etwas dazuverdienen. Ich hab Ihnen ja bereits kürzlich gesagt, dass ich finanziell am Ende bin. Was soll ich denn machen? Außerdem …«, sie wurde verlegen, »komme ich auf diese Weise in Kreise, die mir bisher verschlossen waren.«
Linkohr überlegte, wie eine Jungbäuerin aus Söhnstetten überhaupt einen solchen Job annehmen konnte. Ihr Äußeres war natürlich durchaus dafür geeignet, erkannte er mit Kennerblick, aber offenbar hatte sie auch einige Kurse absolviert, in denen sie den Umgang mit der feinen Gesellschaft und eine gepflegte sprachliche Ausdrucksweise samt Rhetorik gelernt hatte. Dies war ihm bereits beim letzten Besuch aufgefallen.
»Haben Sie denn auch die anderen Frauen kennengelernt?«, wollte Vanessa wissen.
»Nein, ich bekomm die Aufträge und den Treffpunkt mit den Kunden telefonisch mitgeteilt.«
»Was bezahlen denn die Herrschaften dafür?«, interessierte sich Linkohr.
»Ich werde freigehalten und bekomme für den Abend 300 Euro.«
Linkohr wollte nicht nachfragen, ob dies brutto oder netto war, denn vermutlich tauchten diese Gelder in keinen Büchern auf.
»Igor soll auch Studentinnen aus dem osteuropäischen Bereich hergeholt haben«, erklärte Vanessa.
»Das wird so behauptet«, entgegnete Stefanie kühl, »das kann schon sein. Fragen Sie mich jetzt aber nicht nach Marina. Die passt auf
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