Machtkampf
Versklavung.«
Nach einer betretenen Pause sinnierte einer der Beamten ungläubig: »Eine Bauernfrau von der Alb macht Begleitservice. Tagsüber Kühe melken, abends mit den Großkopfeten aus Politik und Wirtschaft in High Heels übers Parkett stöckeln.«
»Mit Kühemelken ist es nicht mehr so weit her«, meinte Vanessa. »Ihr Hof steht vor der Versteigerung. Aber …«, sie entsann sich des gemeinsam mit Linkohr bei Stefanie Marquart geführten Gesprächs, »… dass sie Kontakt zu Hartmann hatte, hat sie uns gegenüber nicht abgestritten. Er soll sie einige Mal angerufen haben, woraus sie den Schluss zog, er wolle mit ihr anbandeln.«
»Aber sonst war sie zu diesem Punkt nicht gerade gesprächig«, ergänzte Linkohr.
»Sieht sie denn wenigstens gut aus?«, kam’s von einem jüngeren Kollegen zurück.
»Das kann man so sagen«, grinste Linkohr und provozierte damit eine frotzelnde Bemerkung: »In dieser Frage bist du ja der Sachverständige.«
Er reagierte nicht darauf, musste jedoch feststellen, dass Vanessa ziemlich schadenfroh grinste. Um weitere Bemerkungen abzuwürgen, trumpfte er mit seinem Wissen auf: »Jetzt wird mir einiges klar, liebe Kollegen. Die Marquart und der Hartmann waren sogar ganz sicher verbandelt. Vielleicht erinnern sich die Kollegen der Spurensicherung«, er wandte sich ihnen zu, »dass ich euch bei der Durchsuchung von Hartmanns Wohnung einen Brief in die Hand gedrückt habe, der dort rumlag. Sinngemäß hat’s darin geheißen: ›Mein lieber Schatz, es war ein toller Abend und vergiss das Versprechen nicht, das du mir gegeben hast.‹«
»Im Auswendiglernen von Liebesbriefen bist du wohl geübt«, nahm ihn wieder jemand auf die Schippe, doch Linkohr ließ sich nicht beirren. »Und dann stand da noch – auch das hab ich auswendig gelernt – : ›Lass es nicht enden wie bei Harald. Ich liebe dich.‹«
»Was will uns das sagen?«, hakte ein Kollege nach.
»Dieser Brief stammt mit großer Wahrscheinlichkeit von Stefanie Marquart. Denn wer sich in fremden Wohnungen genau umsieht, entdeckt immer etwas Spannendes.« Linkohr sah in erwartungsvolle Gesichter. »Auf dem Brief, den wir bei Hartmann gefunden hatten, war ein roter Glückskäfer mit sieben schwarzen Punkten abgebildet – und genau eine solche Figur steht bei Frau Marquart im Regal. Zwischen einigen Engeln übrigens.«
»Und warum erzählst du uns das erst heute?«, erkundigte sich einer der Beamten genervt.
»Weil es erst heute einen Sinn gibt«, konterte er.
»Dann sollten wir der Dame vielleicht noch mal auf den Zahn fühlen«, meinte Vanessa und erntete dafür ein zustimmendes Kopfnicken von Häberle. »Wenn ihr dann wieder hoch fahrt nach Rimmelbach, versucht unbedingt auch noch mal Kontakt mit dem Vater von Manuel aufzunehmen, diesem Arnold Kowick. Fragt ihn kurz und prägnant, warum er vor vier Wochen einen nächtlichen Einbruch in sein Haus nicht der Polizei gemeldet hat.«
»Wahrscheinlich gab es einen triftigen Grund dafür«, mutmaßte einer der Ermittler.
»So sieht es aus, Herr Kollege«, bestätigte Häberle.
»Ach, da ist noch etwas, August«, meldete sich einer aus der hinteren Schreibtischreihe. »Wir haben die Passagierlisten der letzten Tage von Stuttgart auf die Kanaren gecheckt. Einen Heiko Mompach hatte keine der Airlines gefunden. Weder die Ferienflieger, noch die Linienflieger.«
Stefanie Marquart war von Linkohrs telefonischer Ankündigung, er werde noch einmal zu einem Gespräch vorbeikommen, nicht sehr angetan gewesen. Sie habe einen wichtigen Termin und müsse in einer dreiviertel Stunde weg, hatte sie gesagt. Linkohr jedoch war hartnäckig geblieben, sodass er jetzt zusammen mit Vanessa in ihrem Wohnzimmer saß. Stefanie Marquart hatte sich offensichtlich bereits ausgehfertig gemacht. Ihre Frisur saß perfekt, das Make-up war dezent und ihre Kleidung, bestehend aus einem knielangen Kleid, betonte ihre weibliche Erscheinung. Linkohr hätte zu gerne gewusst, was der Grund für dieses elegante Auftreten war, doch bevor er etwas sagen konnte, ergriff schon wieder Vanessa als Erste das Wort: »Wir haben Sie neulich gebeten, darüber nachzudenken, wer Ihnen in letzter Zeit zur Seite gestanden ist. Vielleicht ist Ihnen dazu noch etwas eingefallen.«
Stefanie Marquart schlug die schlanken Beine übereinander. »Und um das zu fragen, sind Sie extra hier raufgefahren?«
Linkohr sah ihr tief in die Augen: »Manchmal sind Gespräche viel einfacher zu führen, wenn man sich
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