Machtkampf
Herren bekommen haben?«
»Ein zufälliges Zusammentreffen beim Geislinger Stadtfest. Immer zum ›Hock‹ – Sie kennen sicher dieses große Festwochenende mit Straßenfest, Tag der Jugend und Kinderfest im Juli – da bin ich immer in Geislingen. Eine tolle Sache. Da trifft man viele alte Bekannte. Und diesmal ist mir am Samstagabend der Heiko Mompach über den Weg gelaufen. Ich hätt’ ihn nicht mehr erkannt.« Er lächelte. »Bei den vielen Tanzschülern, die ich hatte, hab ich mir nicht jedes Gesicht gemerkt – und außerdem sind die Leute ja auch älter geworden. Aber dafür hat Mompach mich gleich wiedererkannt und mich angesprochen. Im Laufe des Abends haben wir uns dann ausführlich über die alten Zeiten unterhalten.«
»Und bei dieser Gelegenheit haben Sie ein Treffen am Lago ausgemacht?«
»Ja, Mompach hat mir erzählt, dass Hugo Benninger seit Langem Bürgermeister in Rimmelbach sei. Die Freundschaft aus Tanzschulzeiten habe bis heute gehalten. Und so wurde die Idee geboren, dass sie mich über ein verlängertes Wochenende besuchen. Ich hab ihnen eine nette Pension besorgt und sie waren dann von Mittwoch bis Freitag am Lago. Länger ging nicht, weil Benninger als Bürgermeister zur Bundestagswahl zurück sein musste.«
Häberle erschien dies plausibel und er unterdrückte ein Gähnen. Seine Gedanken kreisten um die Frage, wer von den beiden Interesse an Brühls Handy gehabt haben konnte – und vor allem, warum. »Nun gibt’s ja – wie Sie wissen – in Rimmelbach seit über einem Jahr ziemlichen Stress wegen des Pfarrers …«
»Oh ja, das kann man wohl sagen«, antwortete Brühl schnell. »Die beiden haben mir in weinseliger Stimmung die ganze Story von der Besetzung der Pfarrerstelle erzählt. Herr Mompach war wohl die treibende Kraft gewesen, um den jetzigen Stelleninhaber zu verhindern.«
»Hat er denn auch den Grund dafür genannt?«
»Dieser Pfarrer sei ein extrem Linker, hat er gesagt. Und außerdem mische er sich in die Landwirtschaft ein.«
Häberle rief sich die Kalendertage in Erinnerung. Das Treffen der Drei am Lago Maggiore hatte in der Woche vor der Bundestgswahl stattgefunden, also Mitte September, während die Missbrauchsvorwürfe gegen den Pfarrer erst etwa zwei Wochen später aufgekommen waren. Darüber hatten sie also noch nicht reden können. Trotzdem bohrte er weiter: »Haben die beiden denn auch darüber gesprochen, wie man den ungeliebten Pfarrer wieder loswerden könnte?«
»In einer lauschigen Sommernacht am Lago wird bei ein paar Gläschen gutem Wein viel geredet, Herr Häberle«, grinste Brühl und strich sich über seinen Bart. »Da darf man auch nicht alles auf die Goldwaage legen. Aber wenn Sie mich so fragen: Der Benninger hat da eine Bemerkung fallen lassen, die sinngemäß lautete, dass man den Pfarrer nur loswerden könne, wenn er in einen Skandal verwickelt wäre.«
»Und welcher Art hätte der sein können?«, blieb Häberle hartnäckig.
»Keine Ahnung«, zuckte Brühl mit den Schultern. »Ich glaub auch nicht, dass dies ernst zu nehmen war.«
»Werden Sie denn die beiden demnächst wiedersehen – jetzt, wenn Sie gerade hier sind?«
»Vorgenommen haben wir’s uns. Aber Sie wissen ja selbst, wie das so ist: In der Urlaubsstimmung sagt man schnell was so dahin – und hinterher verläuft das wieder im Sand.«
»Haben Sie schon versucht, einen von ihnen anzurufen?«
»Ja, den Benninger, weil ich ihn fragen wollte, wie’s dem Mompach geht, nachdem die schreckliche Sache mit seinem Haus passiert ist – und mit dem Kind.« Brühl wurde ernst.
»Haben Sie ihn erreicht?«
»Ja, gestern Abend noch. Aber er war nicht sehr gesprächig. Er hat gesagt, Mompach sei derzeit gar nicht da. Und er selbst wolle in nichts hineingezogen werden.«
»Hineingezogen? Haben Sie gefragt, in was?«
»Nein«, erwiderte Brühl und stellte klar: »Und ich möchte das auch nicht, Herr Kommissar. Ich will mit all dem nichts zu tun haben.« Nach kurzer Pause fügte er an: »Und mein Handy, Herr Häberle, das brauch ich auch nicht mehr.«
Sandra Kowick stand noch immer unter dem Einfluss beruhigender Medikamente. Zwei Tage waren seit dem schrecklichen Feuer vergangen, doch die Flammen, die sie aus Mompachs Haus schlagen sah, schienen noch immer allgegenwärtig zu sein. Sie war gerannt, nur gerannt, hatte geschrien und war von starken Männerarmen zurückgezerrt worden, sonst wäre sie Hals über Kopf in die offenen Flammen gesprungen. Was danach geschah,
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