Machtkampf
seinem Mitarbeiter. Dann mit einigen großen landwirtschaftlichen Betrieben aus der Gegend. Überwiegend Schweinezüchter. Vorgestern auch mit diesem Mompach aus Rimmelbach und mit weiteren Personen, die wir aber noch checken müssen.«
»Aus Rimmelbach und Böhmenkirch?«
»Nein, aus der weiteren Umgebung. Einige davon sind wohl auch Viehzüchter.«
»Lässt sich herauslesen, wo sich Hartmann in den vergangenen Tagen aufgehalten hat?«
»Wie ich schon sagte, Herr Häberle: Er loggte sich nur sporadisch ein. Und er hat dies in diesen drei Tagen nur in den Funkzellen im Bereich Rimmelbach und Böhmenkirch getan.« Vanessa zuckte bedauernd mit den Schultern.
»Und was ergibt sich aus dem Festnetz?« Häberle legte das Blatt mit den Handydaten auf den Schreibtisch zurück.
»Da hat er wesentlich weniger Gespräche geführt. Allerdings finden sich darunter auch welche zu Mobilfunkanschlüssen einiger Frauen.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Ja, aber nicht nur. Er hat vor zwei Tagen mit einem Arnold Kowick aus Rimmelbach telefoniert, ziemlich lange sogar.« Sie zeigte mit dem Kugelschreiber auf die entsprechende Nummer. »Dann gab es eine Verbindung zu Harald Marquart – oder wohl eher zu dessen Anschluss, denn dieser Mann hat sich vor einem halben Jahr das Leben genommen. Und auch das hier ist interessant: das Handy von Sandra Kowick.«
»Moment, Moment«, unterbrach Häberle ihren Redefluss. »Kowick hatten wir doch schon …?«
»Ja, den Arnold. Das ist der Ex von Sandra. Angestellte auf dem Hochsträßhof von Mompach. Früher hätte man ›Magd‹ gesagt.«
»Und heute sagt man wohl ›landwirtschaftliche Fachgehilfin‹ oder so ähnlich.« Häberle winkte ab. »Neue Berufsbezeichnungen, damit ja niemand auf die Idee kommt, die Hilfsjobber als Sklaven zu bezeichnen.«
»Es gibt noch eine Verbindung zum Handy einer Frau. Hier …« Sie beugte sich erneut über den Tisch und kam Häberle ganz nahe. »Die Nummer hier gehört einer Frau Karin Stenzel. Rektorin der Rimmelbacher Grundschule.«
Kugler war nach seinem Spaziergang durchs Donauried wieder heimgefahren. Franziska hatte sich bereits um ihn gesorgt und vergeblich versucht, ihn auf dem Handy anzurufen. »Tut mir leid«, sagte er, als sie beim Kaffee zusammensaßen, »aber ich brauche Ruhe. Am liebsten würde ich mich irgendwo verkriechen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie mir heute früh in der Schule zumute war.«
»Doch, das kann ich«, zeigte sich Franziska verständnisvoll. »Aber ich weiß auch, dass es dir bald wieder gut gehen wird.« Sie lächelte.
»Das versuche ich auch zu glauben. Aber das Schlimmste steht uns noch bevor. Sobald etwas an die Öffentlichkeit dringt, geht das Spießrutenlaufen los.« Er schloss die Augen und trank einen Schluck Kaffee. Heute Nachmittag hatte er mit dem Gedanken gespielt, zu kapitulieren – obwohl er vormittags noch bereit gewesen war, für seinen guten Ruf zu kämpfen. Aber nun nagten die Zweifel an ihm. Würden die Menschen in Rimmelbach seinen Unschuldsbeteuerungen glauben, wo doch landauf, landab die Bevölkerung nach all den Vorkommnissen der vergangenen Jahre gegenüber Pfarrern sehr sensibel geworden war? Wahrscheinlich würde das Mitgefühl der Menschen dem angeblich missbrauchten Buben gehören, der ohnehin in zerrütteten Familienverhältnissen aufwuchs. Weil es keinen richtigen Vater gab, so würde gerüchteweise bald gemunkelt, habe sich der abartig veranlagte Pfarrer gerade dieses Kind ausgesucht. Kalt berechnend sei er davon ausgegangen, dass die arme alleinerziehende Mutter gar nicht in der Lage sein würde, den geballten Polizeiapparat in Gang zu setzen.
Klingt absolut logisch, oder?, flüsterte es in Kuglers Kopf. Er war doch schon jetzt so gut wie tot. Am besten, er gab klein bei, zog weg und genoss irgendwo weit weg von Rimmelbach seinen frühzeitigen Ruhestand.
»Du denkst jetzt, dass du keine Chance hast«, hörte er plötzlich Franziskas Stimme. »Dir fehlt die Kraft, für dich und uns zu kämpfen.«
Kugler erschrak über Franziskas Worte, mit denen sie exakt seine Gemütslage traf. »Ich bin unendlich müde. Es ist, als habe mir etwas meine ganze Energie entzogen«, gestand er leise.
»Anzeichen einer Depression, Dieter«, entgegnete die Frau ruhig. »Du befürchtest jetzt das Schlimmste und siehst nicht mehr drüber weg. Hast du nicht auch einmal gesagt, wir Menschen neigen in unseren Ängsten dazu, uns immer das Schrecklichste auzumalen?«
Kugler atmete schwer. Er wusste
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