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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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stützte er sich mit den Armen auf dem Fenstersims ab und starrte hinaus in den dichten Nebel des Oktobermorgens. Dass Franziska ins Zimmer kam, bemerkte er nicht. Deshalb erschrak er, als er ihre Stimme ganz nah bei sich vernahm: »Dieter, hab doch Vertrauen in den, dem zu Ehren du am Sonntag in die Kirche gehst.«
    Sie sprach genau das an, was am meisten an ihm nagte: den Zweifel. Bisher war sein Glaube unerschütterlich gewesen. Aber wenn dieser Gott ihn nun im Stich ließ, ihn diesen Anfeindungen oder gar strafrechtlicher Verfolgung aussetzte, dann gab es dafür auch keine Bibelstelle, die ihn trösten konnte. Zumindest fiel ihm jetzt keine ein.
    Er drehte sich nicht zu seiner Frau um, sondern sah plötzlich einen Streifenwagen der Polizei die Straße heraufkommen. Wieder überfiel ihn dieses schale Gefühl von Angst und Panik. »Schau mal, da«, war alles, was er mit trockener Kehle sagen konnte.
    Franziska hatte eine Hand auf seine rechte Schulter gelegt und zog mit der anderen Hand den Vorhang vollends auf. »Beruhige dich, Dieter. Du darfst einfach nicht hinter allem gleich etwas gegen dich Gerichtetes vermuten.«
    »Das sagt sich so leicht«, murmelte er und beobachtete den Streifenwagen, der vor dem Pfarrhaus hielt. »Siehst du, sie kommen.« Seine Stimme klang so schwach, wie sie Franziska in all den Ehejahren nicht gehört hatte.
    Tatsächlich hielt der weiß-blaue Mercedes an. Es stiegen zwei Uniformierte aus, die, ohne zu zögern, zur Eingangstür gingen. »Was hat der eine denn da in der Hand?«, fragte Kugler und deutete auf einen von ihnen.
    Seine Frau kam näher ans Fenster, um den weißen, länglichen Gegenstand zu erkennen, den der Polizist vorsichtig trug. »Das ist doch eine Kerze. Eine Kerze aus unserer Kirche.«
    Kugler sah es jetzt auch. Seine Knie zitterten wieder und die Falten in seinem aschfahlen Gesicht schienen noch tiefer geworden zu sein.

    Als Häberle und Linkohr am Hochsträßhof eintrafen, parkten dort zwei Streifenwagen und ein Fahrzeug der Kriminalpolizei. Geislingens Revierleiter Manfred Watzlaff war ebenfalls vor Ort geeilt – wie er dies immer tat, wenn in seinem Zuständigkeitsbereich etwas Außergewöhnliches geschah. Er war wie Häberle ein Praktiker, der nichts davon hielt, sich bei der Beurteilung eines Sachverhalts nur auf Protokolle zu stützen.
    Watzlaff mochte mit seinem Ansatz zum Bierbauch nicht gerade als sportlicher Typ erscheinen, doch wenn er auf sein Fahrrad stieg, war ihm keine Steigung zu steil und keine Strecke zu weit. Nach Feierabend konnte er durchaus mehr als 100 Kilometer im topografisch anspruchsvollen Gebiet der Schwäbischen Alb radeln. Voriges Jahr war er sogar mit einer Schar Gleichgesinnter über die Alpen bis nach Verona gestrampelt.
    »Auf den ersten Blick ein klarer Fall von versuchter vorsätzlicher Brandstiftung, aber nur auf den ersten Blick«, konstatierte er, nachdem er die beiden Kriminalisten im Hof des großen landwirtschaftlichen Anwesens mit Handschlag begrüßt hatte. »Der Täter hat irgendwann im Laufe der Nacht eine Tür zur Scheune aufgebrochen und in die Nähe des Heus eine brennende Kerze gestellt.« Watzlaff deutete zu einem entfernteren Gebäudeteil und verzog das Gesicht zu einem ironischen Lächeln. »Aber er hat sich wohl gründlich verrechnet. Die Kerze war zu groß. Sie ist bis zum Morgen nicht weit genug runtergebrannt, um das Heu in Brand zu stecken. Als gegen halb sieben eine Angestellte gekommen ist, hat sie die brennende Kerze entdeckt.«
    »Ziemlich dilettantisch dann ja wohl«, meinte Häberle. »Wenn du so was vorhast, musst du doch wissen, wie lang so ein Ding brennt.«
    »Oder du willst die Hütte vielleicht nicht wirklich anzünden und nur so tun, als ob«, gab Watzlaff zu bedenken. Er war als Schnelldenker und scharfer Analytiker bekannt. »Normalerweise nimmt man ja auch irgendeine Kerze aus dem Supermarkt. Aber der Täter hat sich mit so was Profanem nicht begnügt. Es sieht nämlich danach aus, dass es so eine Kerze war, wie man sie in Kirchen verwendet.«
    Häberle und Linkohr sahen sich verwundert an.

    Arnold Kowick fühlte sich wie gerädert. Dass er diesen Morgen noch erleben würde, hatte er vor wenigen Stunden kaum zu hoffen gewagt. Auch nachdem auf dem Flur nichts auf die Anwesenheit eines Einbrechers hingedeutet hatte, war er bis zum Morgengrauen nahezu bewegungslos liegen geblieben. Sein Rücken schmerzte noch immer, doch als er im ersten Tageslicht vorsichtig seine Wohnung inspizierte,

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