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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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Gedanken beflügeln.
    »Vor zweieinhalb Jahren hätte ich noch Seilschaften vermutet«, durchbrach der Chefermittler die kurze Stille. Er spielte damit auf die Veränderungen in der politischen Landschaft Baden-Württembergs an. »Ich hoffe nicht, dass sich da schon neue gebildet haben.«
    Linkohr wusste, was gemeint war. Häberle konnte auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, wenn es um versuchte Einflussnahmen auf polizeiliche Ermittlungsarbeit ging. Er kannte genügend Beispiele dafür, wie über die politische Schiene versucht worden war, ein Verfahren abzuwenden oder in eine bestimmte Richtung zu lenken. Schließlich brauchte man nur bei wichtigen Entscheidungsträgern dezent anzudeuten, dass die eine oder andere Maßnahme ihrer Karriere nicht gerade förderlich sein könnte. Häberle hatte nach jahrzehntelangem Berufsleben erhebliche Zweifel, ob sich derlei Strukturen tatsächlich von jenen unterschieden, die man für gemeinhin in Südamerika oder Afrika für möglich hielt, niemals aber in Deutschland.
    »Sie meinen, in Rimmelbach hat jemand massives Interesse, uns auszubremsen?«, brachte Linkohr das Unausgesprochene auf den Punkt.
    »Manche bringen’s fertig, ganz schnell die Fronten zu wechseln«, erwiderte Häberle. »Vor allem, wenn’s dem eigenen Vorteil dient.« Er runzelte die Stirn. »Und wenn dann noch ein Pfarrer auftritt, der als Revoluzzer gilt, können sich auch in einem Dorf ganz neue Koalitionen bilden.«
    »Die Großen gegen die Kleinen«, resümierte Linkohr. »So gesehen wäre Rimmelbach ein Miniatur-Spiegelbild unserer Gesellschaft.«
    »Ist es natürlich auch, Herr Kollege. Alles ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, nicht nur Rimmelbach. Der Bundestag genauso wie der Gemeinderat, der Zustand unserer Wirtschaft ebenso wie der aller gesellschaftlichen Bereiche einschließlich der Medien. Die Polizei übrigens nicht ausgenommen.«
    Linkohr nickte. Er musste schlagartig an einen bodenständigen ehemaligen Rundfunkjournalisten denken, der seit geraumer Zeit freiberuflich tätig war und den er kürzlich zufällig getroffen hatte. Die Worte dieses Mannes wurden ihm jetzt nach Häberles Äußerungen wieder bewusst: »Diese schnöselige, arrogante Gemengelage wird diesem Land noch einmal schwer zu schaffen machen, wenn die Umsatzzahlen der Automobil-Scheinkonjunktur via China zerplatzen – und das wird kommen.« Eine Formulierung war Linkohr als besonders markant im Gedächtnis geblieben: »Dann werden sie dastehen und dumm aus der Wäsche gucken, die Büblein und Mädchen, die nur dank Vitamin B in ihren Jobs gelandet sind und dort willfährige Helfershelfer vom ›Big Boss‹ und seinem aufgeblähten Apparat abgeben.« Und dann hatte der Journalist dem Kriminalisten den Rat gegeben: »Nicht aufgeben, niemals.« Der Publizist hatte damals gerade ein Buch über Graf Zeppelin geschrieben und sich mit dessen Lebenswerk intensiv auseinandergesetzt: »Der Mann ist tausendmal hingefallen, aber tausend und einmal wieder aufgestanden. Und er hat den Erfolg noch erleben dürfen.«
    Häberle überlegte, woran Linkohr gerade gedacht hatte, und versuchte, die Stimmung aufzuhellen. »Dass dort oben in Rimmelbach etwas nicht stimmt, pfeifen doch die Spatzen von den Dächern.« Er stützte den Kopf nachdenklich mit dem linken Arm. »Wir sollten uns deshalb nicht davon abhalten lassen, auf kleiner Flamme weiter zu ermitteln.«
    Linkohr war natürlich klar, was dies bedeutete: Häberle würde sich wieder nach Göppingen zurückziehen, die Ermittlungsgruppe wurde aufgelöst und weitere Recherche war nur möglich, wenn das übliche Tagesgeschäft Zeit dafür ließ.
    »Dass wir mit der gebotenen Zurückhaltung vorgehen müssen, ist Ihnen schon klar?«, brummte Linkohr, der sich in seinem Tatendrang wieder einmal behindert sah. »Klar«, räumte Häberle missmutig ein, »so eine kleine Dorfgemeinschaft hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Und wenn man da erst mal an der vermeintlich heilen Oberfläche kratzt, kommt manches zum Vorschein, das man nicht für möglich gehalten hätte. Und plötzlich staunt man, dass sich alles, was man nur in Großstädten vermutet, im kleineren Maßstab und den Größenverhältnissen angepasst, auch anderswo findet.«
    »Also auch alle Intrigen, alle Machtkämpfe und jedes Verbrechen«, fasste Linkohr zusammen.
    »Und genau deshalb«, kam Häberle wieder zur Sache und stockte kurz, »… genau deshalb würde mich interessieren, wie das mit dem Schlüssel für

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