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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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niemals aufgeben, denn nur dann hilft uns Gott.« Er hörte sich die Worte sagen und staunte, dass ihm diese Formulierung so schnell eingefallen war. Kaum hatte er sie gesagt, überkamen ihn jedoch bereits Zweifel. Warum sollte Gott erst helfen, wenn man selbst nicht aufgab? Warum immer diese Prüfungen, diese Versuchungen?
    Die alte Frau blickte ihn noch immer an. »Gott wird Ihnen helfen. Ich bete für Sie.« Dann ging sie mit wackligem Schritt weiter. Kugler sah ihr nach. Er spürte plötzlich eine große Dankbarkeit für die wenigen Worte.

    In der folgenden Woche wurde Max Hartmann unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Böhmenkirch beerdigt. Mehrere Redner würdigten am Grabe die Verdienste des Viehhändlers für die Landwirtschaft, aber auch für das Allgemeinwohl. Er habe sich als Mäzen der örtlichen Sportvereine für die Jugendarbeit starkgemacht, erklärte einer der Trauerredner. Ein Vertreter der Industrie- und Handelskammer bezeichnete ihn als einen »unerschrockenen und unermüdlichen Kämpfer für freie Handelsbeziehungen zwischen Mitteleuropa und den Ländern des Ostens«. Männer wie er trügen dazu bei, »auch die Bauern entlegener Landstriche ferner Länder am Wohlstand des Westens teilhaben zu lassen«. Als »ein Beispiel gradliniger Entschlossenheit, der es mit ruhiger Hand verstand, stets ins Schwarze zu treffen« bezeichnete ihn der Vorsitzende eines Bogenschützenvereins aus einer Umlandgemeinde. Hartmann sei nicht nur aktives Mitglied gewesen, sondern habe auch immer wieder »namhafte Beträge« zur Förderung des Vereinsnachwuchses gespendet.
    Igor hatte sich auf dem Friedhof im Hintergrund gehalten. Zwar war auch ihm der Tod seines Chefs nahegegangen, doch musste er nun zuallererst an sich selbst denken, vor allem an seine berufliche Zukunft. Sein Interesse galt an diesem Tag den Trauergästen, die in unmittelbarer Nähe des ausgehobenen Grabes standen. Er erkannte nur den Bürgermeister. Bei den anderen musste es sich um die Angehörigen handeln, vermutlich aus Augsburg, wo Hartmann geboren worden war. Einer dieser jüngeren Männer, die in Begleitung attraktiver Frauen waren, müsste demnach jener Neffe gewesen sein, mit dem er vorige Woche telefoniert hatte.
    Igor entschied, sich nach der Beerdigung nicht zu erkennen zu geben. Er wollte mit der Verwandtschaft nichts zu tun haben. Was gingen ihn auch schon die Privatangelegenheiten seines Chefs an? Es war ohnehin besser, wenn er damit gleich gar nicht in Verbindung gebracht wurde.
    Es war das Allerbeste, wenn er sich aus allem zurückzog, möglichst lautlos und unauffällig. Wenn jetzt die Gehälter ausblieben, konnte er ohnehin die teure Miete für seine schöne Wohnung in Böhmenkirch nicht mehr bezahlen. Der Traum von einem Leben in Luxus und Reichtum war vorbei, schneller als gedacht.
    Eine Bläsergruppe intonierte eine traurige Melodie, die der kühle Nebel an diesem Oktobernachmittag verschluckte. Das schillernde Leben eines global agierenden Geschäftsmannes geht in Tristheit unter, dachte Igor. Doch die Erinnerungen an Glitzer und Glamour, an heiße Nächte in den Rotlichtmilieus von Moskau und Sankt Petersburg waren wie weggewischt, als er plötzlich von hinten eine flüsternde Stimme nah an seinem rechten Ohr vernahm: »Irgendwann wird’s auch dich erwischen.« Für einen kurzen Moment stand er da, als habe ihn ein elektrischer Schlag getroffen. Gleichzeitig entschied er, kein Aufsehen zu erregen, nicht hier, am Rande der Trauerfreier. Er drehte sich deshalb nur vorsichtig um, doch da war die Person, zu der die männliche Stimme gehört hatte, bereits wieder mehrere Meter entfernt. Schnellen Schritts entfernte sich die kräftige Gestalt und verschwand hinter dem vernebelten Randbewuchs des Friedhofs. Igor sah dem Mann nach, der einen dunklen Mantel und einen breitkrempigen Hut trug.
    Die letzten Klänge der traurigen Melodie verklangen. Igor wandte sich wieder der Zeremonie am offenen Grab zu, um das sich etwa 100 Trauergäste versammelt hatten. Doch er konnte den Worten des Pfarrers nicht mehr folgen. Denn er war sich ziemlich sicher, den Mann allein an seiner Gangart erkannt zu haben.
    Jetzt musste er vorsichtig sein.

    Georg Sander hatte natürlich von der Beerdigung erfahren. Für ihn wäre sie ein Anlass gewesen, über den weiteren Verlauf der Ermittlungen in Rimmelbach zu berichten. Doch Polizeipressesprecher Rudi Lauer hatte abgewunken. »Nichts Neues«, war sein knapper Kommentar gewesen. Und auf Nachfrage hatte

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