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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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zurückkommst«, sagte er leise. »Es war immer nur die Frage, wann.«
    Sie lächelte flüchtig unter ihren Tränen. »Ihr habt mich nicht aufgegeben?«
    »Ich habe Angst um dich gehabt. Entsetzliche Angst. Aber ich wollte mir einfach nicht vorstellen, dass du …« Er konnte es nicht aussprechen.
    »Dass ich tot bin«, sagte sie. »So wie Noor.«
    Marc schluckte. »Du weißt es schon.«
    Valerie nickte. »Ich habe sie gesehen, in Rumänien. Danach wusste ich, dass sie sterben würde.« Ihre Stimme war mit einem Mal tonlos, bar jeglicher Emotion. Sie stand auf, trat ans Bücherregal, nahm das Foto von Noor, das dort stand, und ließ ihre Finger darüber gleiten. Es war ein fröhliches Bild. Noor lachte aus vollem Herzen. Marc erinnerte sich an die Situation, in der es entstanden war. Sie waren zusammen im Tierpark gewesen, und Noor hatte mit Leonie und Sophie die Affen gefüttert. »So möchte ich sie in Erinnerung behalten«, sagte Valerie und stellte das Bild zurück. »Aber es ist so schwer …« Sie wandte sich wieder zu Marc. »Kurz bevor sie verhaftet wurde, haben sie und Mahir in Kopenhagen geheiratet.«
    »Mahir ist auch verhaftet worden«, sagte Marc.
    »Ja, aber er hat … überlebt.« Sie schlug die Arme um den Körper, als ob ihr kalt wäre, und plötzlich wich die Farbe aus ihrem Gesicht, und sie schnappte nach Luft.
    Marc war mit einem Satz bei ihr. »Was waren das für Tabletten, die du genommen hast?«
    »Antibiotika«, sagte sie und atmete tief durch.
    »Was hast du?«
    Sie schwieg, presste nur ihre Hände auf ihren Unterleib.
    »Valerie, bitte.«
    »Ich habe morgen einen Arzttermin.«
    »Soll ich dich begleiten?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich …« Sie atmete noch einmal tief durch. »Ich könnte es nicht ertragen, wenn du dabei bist.«
    Es waren Worte, die seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten, und es kostete ihn trotz all seiner Vorsätze eine enorme Selbstbeherrschung, sie schweigend hinzunehmen. Wieder dachte er an Franka von Sandts Warnungen. Ihre Frau braucht Zeit. Sie wird nicht dieselbe sein. Sie hat Schreckliches durchgemacht. Sie tasteten sich aneinander heran wie Fremde.
    * * *
    »Burroughs«, sagte Don Martinez, »arbeitet auf eigene Rechnung. Er hat uns alle gelinkt, und deswegen bin ich hier.« Er ließ seine Tasche auf einen Sessel im Foyer des Interconti in Hamburg fallen. »Du hättest ihn besser erledigt. Ein angeschossener Stier ist gefährlich. Er fühlt sich kastriert«, fügte er etwas leiser hinzu, und Eric Mayer musste sich eingestehen, dass er Martinez’ eigenwillige Art in den vergangenen zwei Jahren vermisst hatte. Es war nicht leicht gewesen, an den CIA -Mann heranzukommen. Eine alte codierte Netzadresse hatte letztlich zum Erfolg geführt.
    »Wir haben herausgefunden, dass Burroughs auf der Gehaltsliste eines amerikanischen Rüstungskonzerns steht«, hatte er Martinez bei ihrem ersten Gespräch mitgeteilt, und der hatte sofort seine Schlüsse gezogen: »Dann wollen sie den Präsidenten.«
    Mayer hatte sich nicht gleich darauf einlassen können, aber Martinez hatte nicht lockergelassen. »Denk nach, Mayer«, hatte er scharf gesagt. »Es gibt zwei verdammte, beschissene Gründe, warum wir die Muslime an die Wand gedrängt haben. Und jetzt schlagen sie auf eine Weise zurück, mit der wir nicht gerechnet haben.«
    Natürlich wusste Mayer, worum es ging: Erdöl und Geld. Das war nichts Neues. Die Kriege der USA im Nahen Osten waren keine Frage der ideologischen Ausrichtung, sie dienten der Sicherung der Energiereserven und dem Überleben der Rüstungsindustrie.
    »Mit dem alten Präsidenten hatten die Konzerne keine Probleme«, fuhr Martinez fort. »Der war ihr Tanzbär. Aber dann kommt ein neuer. Fast fünfzig Jahre hat es nach Kennedy gedauert, bis sich wieder einer getraut hat, gegen sie aufzustehen, und jetzt gehen ihnen ihre feisten Ärsche auf Grundeis. Sie wollen ihn loswerden, egal wie.«
    »Er hat den Friedensnobelpreis erhalten«, widersprach Mayer. »Er gilt nach wie vor vielen als Hoffnungsträger.«
    »Vielleicht euch Europäern. Wir tun uns schwer mit Veränderungen. Du weißt nicht, wie sie in meinem Laden gearbeitet haben, um ihn ins Glied zurückzubringen. Er hat seine Schwächen. Unter anderem seine Familie. Oder was glaubst du, weshalb er sich mit der Schließung von Guantanamo plötzlich so schwer getan und schließlich doch der Veröffentlichung der Akten und der Anklage der CIA -Mitarbeiter widersprochen hat? Selbst

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