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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Gleich darauf knallte die Tür ihres Zimmers. Marc wusste, dass er ihr Zeit geben musste. Genau wie Valerie in solchen Situationen.
    Marc bemerkte Janine in der Tür.
    »Tut mir leid, ich … ich wollte nicht zuhören, aber …«, stammelte sie.
    »Schon in Ordnung«, erwiderte er, und sie verstummte. »Wir hätten sowieso darüber reden müssen.«
    * * *
    »Marc Weymann will mit dem Verschwinden seiner Frau an die Öffentlichkeit gehen.«
    Eric Mayer überflog das Telefonprotokoll, das einer seiner Mitarbeiter ihm reichte. »Ich glaube nicht, dass wir uns deswegen Sorgen machen müssen«, antwortete Mayer ruhig. »Er wird keine mediale Plattform für seine Geschichte finden. Nicht einmal die Boulevard-Presse wird es in der derzeitigen aufgeheizten Atmosphäre wagen, über einen Vorfall zu berichten, für den sie außer der Aussage eines Ehemanns keine weiteren Beweise finden wird.«
    »Was ist mit Meisenberg?«
    »Der wird sich hüten, etwas zu sagen. Archer hat herausgefunden, dass seine Kanzlei eine Schweizer Stiftung verwaltet, über die Gelder in den Nahen Osten und nach Pakistan verschoben werden. Wenn sich Meisenberg rührt, kriegen wir ihn, trotz all seiner Beziehungen. Er rät Weymann nicht umsonst zu Stillschweigen. Aber behalten Sie die Situation im Auge.« Mayer stand auf. »Wie weit sind Sie mit der Auswertung der Flüge vom Airport Hamburg?«
    »Wetzel ist vor Ort bei der Flugsicherung.«
    »Informieren Sie mich bitte sofort, wenn er sich meldet.«
    Mayer ging in sein Büro und schloss die Tür hinter sich. Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Seit Abidis Tod traten sie auf der Stelle. Sie überwachten eine Wohnung in Harburg, jenem unscheinbaren Stadtteil im Süden Hamburgs, in dem auch Mohammed Atta gelebt hatte. Diesmal hatten sie eine Studentengruppe der Technischen Hochschule im Visier. Die vier jungen Männer kamen aus Ägypten, dem Libanon und dem Westjordanland, einer von ihnen war ein entfernter Verwandter von Abidi gewesen. Ein weiterer hatte Verbindungen zum Clan der al-Almawis, was Mayer nicht weiter verwunderte, denn die Familien, die es ihren Kindern ermöglichen konnten, im Ausland zu studieren, gehörten einer Schicht an, durch die sich ein Geflecht weitläufiger verwandtschaftlicher Beziehungen zog, das erst hier im Westen, fern der Heimat, wieder an Bedeutung gewann. Die Studenten trafen sich in einer Wohnung, die nur wenige Querstraßen von dem Haus entfernt lag, in dem Atta gewohnt hatte. Sie waren Hitzköpfe, die furiose Diskussionen führten, und der Tod Abidis hatte sie über die Maßen aufgebracht, aber sie waren weit davon entfernt, radikale Islamisten zu sein. Sie pflegten keine Kontakte zu Gruppen, die als gefährlich und gewaltbereit eingestuft wurden, und bislang gab es keine Hinweise, dass sie über ihre Reden hinaus etwas planten.
    Mayers Team überwachte außerdem die islamische Gemeinde, die über die Schweizer Stiftung große Beträge nach Pakistan fließen ließ. Auch hier gab es deutliche antiwestliche Strömungen. Der Imam hatte bei seinem Freitagsgebet zwar zur Besonnenheit aufgerufen, gleichzeitig aber die Vorgehensweise bei der Festnahme Abidis scharf kritisiert. Offiziell hieß es, dass Abidi durch die Kugel eines Hamburger Polizisten getötet worden war, als er sich der Festnahme durch Flucht entziehen wollte. Da Abidi im entscheidenden Moment gestürzt war, hatte ihn die Kugel, die für sein Bein gedacht war, in den Kopf getroffen. Niemand glaubte wirklich, dass es so gewesen war. Der Polizist, der geschossen hatte, war vorläufig vom Dienst suspendiert. Nachdem Mayer mit Valerie Weymann gesprochen hatte, die behauptet hatte, es habe sich beim Tod des Palästinensers um eine Hinrichtung gehandelt, ausgeführt von Burroughs, hatte er noch einmal das Gespräch mit dem betroffenen Polizisten gesucht. Doch der hatte an seiner Version der Geschichte festgehalten. Entweder wurde er sehr gut dafür bezahlt, oder Valerie Weymann hatte die Unwahrheit gesagt. Nach wie vor wusste Mayer nicht, wie er die Anwältin einschätzen sollte. Wenn Burroughs tatsächlich Abidi erschossen hatte, warum sollte er einen Polizisten schmieren, damit der die Tat auf sich nahm? Burroughs besaß diplomatische Immunität, und zudem hatten sie Abidi als Attentäter überführt. Sein Tod hätte zwar Fragen aufgeworfen, aber letztlich kaum Konsequenzen für Burroughs nach sich gezogen. Dass Abidi den Anschlag auf den Dammtorbahnhof

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