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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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etwas in der Hand, das er ihr vor die Füße warf. Weicher Stoff berührte ihre nackte Haut. Sie starrte darauf und erkannte im Halbdunkel Kleidung. Sie wagte nicht, sich zu bewegen.
    »Zieh dich an.« Martinez’ Stimme war kalt wie immer.
    Ihre Finger schlossen sich um die rauhe Wolle eines Pullovers, die glatte Oberfläche des Baumwollstoffes einer Armeehose. Hastig streifte sie die Sachen über. Sie auf ihrer Haut zu fühlen trieb ihr die Tränen in die Augen. Mit zitternden Fingern schloss sie die Knöpfe der Hose. Als sie fertig war, griff Martinez nach ihrem Arm. Sie zuckte zurück. Er packte sie und zog sie dicht zu sich heran, seine Finger bohrten sich schmerzhaft in ihren Oberarmmuskel. »Lass mich nicht bereuen, was ich hier tue«, zischte er zwischen zusammengepressten Zähnen.
    Valeries Atem ging schneller. Was hatte er vor?
    Der Zellengang war verlassen. Ihr Blick flog unwillkürlich zu der geschlossenen Tür auf der anderen Seite, auf der eine große weiße Fünf prangte. Kauerte Noor dahinter in der Dunkelheit? Hörte sie ihre Schritte? Sie war versucht, sich loszureißen, hinzulaufen und …
    Martinez’ Griff um ihren Arm wurde fester. »Nein«, sagte er nur. »Denk nicht einmal daran.«
    Eine Flucht von Stufen tauchte vor ihnen auf, die im Halbdunkel verschwand. Valerie erinnerte sich vage an eine Treppe, die sie hinuntergestolpert war, immer in der Angst, zu fallen. Alle Erinnerungen an ihre Ankunft waren verschwommen, verloren sich wie in einem Nebel. Alle, bis auf eine.
    Sie blickte die Stufen empor. Der Fußboden war kalt unter ihren nackten Füßen.
Lass mich nicht bereuen, was ich hier tue.
    Valerie nahm all ihren Mut zusammen. »Wo … wohin gehen wir?«
    Martinez’ dunkle Augen richteten sich auf sie, und sie bereute sofort, dass sie es gewagt hatte zu sprechen. Sie fragte nicht. Sie antwortete. Martinez fragte. Und wenn er nicht fragte, schwieg auch sie. Ihr Herz klopfte heftig, als er den Blick schließlich wieder abwandte.
    Schweigend stiegen sie die Treppe hinauf. Valerie spürte, wie sich die Luft veränderte, wie die klamme Kälte des Zellentrakts zurückblieb, der Geruch nach Beton und Leid. Am Ende der Treppe lag eine Tür. Sie öffnete sich erst, als Martinez seine Hand auf eine Platte auflegte, die in die nackte Wand eingelassen war. Ein biometrischer Scan, schoss es Valerie durch den Kopf. Und es wurde nicht nur ein Fingerabdruck abgefragt.
    Helles Licht strömte ihnen entgegen. Tageslicht. Valerie blinzelte. Sie befanden sich in einem etwa drei mal drei Meter großen Raum, in den Ausmaßen ähnlich wie ihre Zelle. Das Licht kam durch ein Fenster, das in die Decke eingelassen war. Die Wände waren roh verputzt und ungestrichen. Mehrere Haken waren darin eingelassen, an zweien von ihnen hingen dicke Daunenjacken im Armeestil. Unter der einen standen robuste Winterstiefel. Martinez nickte wortlos in die Richtung und ließ ihren Arm los. Valerie zog sich hastig an.
    Das Tattoo auf Martinez’ Arm tanzte im Licht, als auch er einen Pullover und die andere der beiden Jacken überstreifte. Als er fertig war, zog er Valerie die an den Rändern mit Fell besetzte Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und zurrte sie so fest, dass ihr Gesicht kaum noch zu sehen war.
    Dann öffnete er die Tür. Sie wich zurück, aber er zog sie mit festem Griff mit sich. Valeries Knie zitterten. Es war zu hell. Zu weit. Sie spürte, wie ihr Herz viel zu schnell klopfte, ihr die Luft wegblieb, und das nicht allein wegen der Kälte, die wie ein Hammerschlag auf sie niederbrach.
    »Sieh zu Boden«, befahl Martinez.
    Sie konzentrierte sich auf den Schnee zu ihren Füßen, auf die Fußspuren darin. Es wurde besser. Am Rande ihres Gesichtsfeldes nahm sie flache Gebäude wahr. Vor einem parkte ein Fahrzeug. Ein Jeep mit verdunkelten Scheiben. Martinez hielt darauf zu.
    Sie musste hinten einsteigen und sich in den Fußraum kauern. Handschellen schnappten um ihre Handgelenke, eine Kette fixierte sie auf ihrem Platz. Martinez legte eine Decke über sie, bevor er die Tür schloss. Augenblicke später startete er den Motor, der schwerfällig dröhnte. Valerie grub vor Aufregung ihre Finger in den Stoff ihrer Armeehose.
    Sie passierten das Tor ohne Probleme. Nur ein einzelner Sicherheitsbeamter stand dort, den sie durch einen Spalt in den Falten der Decke sehen konnte. Er winkte, als er Martinez erkannte. Dann schloss sich der Wald um sie. Hohe, schneebedeckte Bäume.
    Martinez sprach nicht mit ihr. Wortlos lenkte er den

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