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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Wagen durch die menschenleere Landschaft. Und sie wagte nicht zu fragen. Sie fuhren bergab. Der Wald lichtete sich, und schließlich blieben die Bäume zurück. Valerie spürte die plötzliche Weite mehr, als dass sie sie sah. Martinez lenkte den Wagen von der Straße auf einen Feldweg. Der Geländewagen kämpfte sich durch den Schnee, und Valerie befürchtete, dass er jeden Moment stecken bleiben würde. Aber Martinez hatte das Fahrzeug unter Kontrolle. An einer Weggabelung hielt er an und machte den Motor aus. Er stieg aus, öffnete die Tür, zog die Decke von Valerie und schloss die Handschellen und die Kette auf. »Steig aus.«
    Eine weite, sanft abfallende Ebene erstreckte sich vor ihnen. Unberührte Schneefelder, so weit das Auge reichte. Bei dem Anblick brach ihr der Schweiß aus, und ihr Herz klopfte erneut heftig. Hastig senkte sie den Blick. Ein kalter Wind wehte, und der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln. Sie lehnte sich gegen den Wagen und versuchte, die Weite um sie herum zu ignorieren. Den Wunsch, zurück in den Wagen zu kriechen und sich die schützende Decke über den Kopf zu ziehen. Warum hatte Martinez sie hierhergebracht?
    Er trat neben sie und führte sie vom Wagen weg über die Gabelung auf den linken der beiden Wege. »Dort unten liegt ein Dorf.«
    Valerie hob vorsichtig den Blick, entdeckte in der Ferne verschneite Dächer und rauchende Schornsteine. Den Turm einer Kirche. Schwindel erfasste sie. Hastig sah sie wieder zu Boden.
    »Eine Stunde Fußmarsch«, sagte Martinez. »Es gibt ein paar Deutsche in dem Ort. Von früher. Sie werden dir helfen.« Er zog ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und drückte es ihr in die Hand. »Wenn Burroughs dich findet, bist du tot.«
    Sie starrte ihn ungläubig an.
    Ohne ein weiteres Wort ging er zurück zum Wagen.
    Valerie begann am ganzen Körper zu zittern. Allein in dieser Weite. Sie konnte das nicht. »Martinez!«, schrie sie. Es war das erste Mal, dass sie ihn beim Namen nannte.
    Langsam, ganz langsam wandte er sich um. Sah sie an. Sein Blick war so kalt wie der Wind, der durch sie hindurchfuhr, als stünde sie nackt hier oben im Schnee. In seiner Hand schimmerte ein schwarzer Revolver im Sonnenlicht. »Geh!«, sagte er nur und zielte auf sie.
    Valerie wich einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf. »Ich … ich kann nicht.« Selbst auf die Entfernung sah sie, wie sich sein Finger am Abzug bewegte. »Geh!«, sagte er noch einmal.
    Sie stolperte ein paar Schritte von ihm fort. Er zielte noch immer auf sie.
    Wieder zögerte sie. Martinez’ dunkle Augen verengten sich. Hastig drehte sie sich um und stolperte den Weg weiter bergab auf das Dorf zu. Eine Stunde Fußmarsch. Sie sah sich nicht mehr um. Wenn sie noch einmal innehielt, würde er schießen. Ihr schwindelte erneut, und sie starrte auf ihre Füße. Sie hörte, wie der Motor des Geländewagens ansprang. Augenblicke später war das einzige Geräusch um sie herum der Wind, der über den Schnee pfiff.
    Es gibt ein paar Deutsche in dem Ort. Von früher.
    Wo war sie? Sie blickte auf die Geldscheine in ihrer Hand. Es waren US -amerikanische Dollarnoten. Plötzlich fürchtete sie, dass ihre Flucht nur ein weiterer Trick war, um ihr den Verstand zu rauben. Hinter der nächsten Biegung würde Martinez auf sie warten. Oder Burroughs.
    Wenn Burroughs dich findet, bist du tot.
    Sie rutschte aus und fiel. Weicher kalter Schnee schloss sich um sie. Der Wunsch, sich zu verstecken, wurde übermächtig. Sie konnte nicht länger wie eine Zielscheibe durch dieses Land laufen. Burroughs würde sie suchen. Und sie zurückbringen, und alles würde noch schlimmer werden als zuvor. Sie rappelte sich wieder auf. Sie musste das Dorf erreichen. Irgendwie. Hier draußen würde sie erfrieren.
    Für einen kurzen Moment beobachtete sie sich selbst, spürte, wie sie wieder das Kommando übernahm, um zu überleben.
     
    Ihre Füße waren taub vor Kälte, als sie die ersten Häuser erreichte. Alte, graue Häuser, die von Armut und Entbehrung sprachen und gegen die sich windschiefe Ställe lehnten. Der Geruch von Holzfeuer zog sich durch die Straße, die wie ausgestorben dalag. Valerie sank erschöpft gegen einen Bretterzaun. Ihr Atem kam stoßweise und kondensierte in der eiskalten Luft zu kleinen weißen Wolken. Die Umgebung verschwamm vor ihren Augen. Ihre Lunge brannte. Stechender Schmerz pulste durch ihren Unterleib.
    Es gibt ein paar Deutsche in dem Ort. Von früher.
    Wie sollte sie die Deutschen finden? Und woher

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