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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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besonders dort hatten sie Macht. Diese Männer konnten sich Zugang zu den Häusern verschaffen und Türen öffnen, die für Burroughs verschlossen blieben. Sie würden die Kinder der Menschen hier nicht nur töten, wenn sie ihrer habhaft wurden. Sie würden sie verschleppen, verstümmeln und in den reichen Städten des Westens zum Betteln zwingen. Sie waren ohne jeden Skrupel. In gewisser Weise sprechen wir sogar eine Sprache, dachte Burroughs und lächelte den Mann gewinnend an. »Wie steht es mit unserem Geschäft?«
    Der Mann erwiderte sein Lächeln selbstgefällig. »Ich habe das Vögelchen, das dir entflogen ist.«
    Er hatte sie bereits. Alles fügte sich doch noch. Wie immer.
    »Komm«, sagte der Mann, »wir wollen nicht auf der Straße verhandeln.« Er öffnete die Beifahrertür seines Wagens für Burroughs. Es waren nur knapp hundert Meter bis zu einer Kneipe, die aus nicht mehr als einem kleinen, heruntergekommenen Schankraum mit zwei Tischen bestand. Burroughs rümpfte die Nase, als er eintrat.
    »Setz dich«, sagte der Mann und wandte sich an den Gastwirt, der an einem der Tische saß und eine alte Zeitung las. »Bring uns was zu trinken, und dann lass uns allein.«
    Der Wirt stellte zwei kleine Gläser mit einer klaren Flüssigkeit vor ihnen ab und verließ schlurfend den Raum. Burroughs’ Geschäftspartner hob sein Glas und prostete ihm zu. Burroughs tat es ihm gleich, nippte aber nur daran. Der selbst gebrannte Schnaps würde seinem Magen nicht guttun. Nach den Aufregungen der vergangenen Tage verspürte er immer häufiger einen Schmerz in der Magengegend, der ihn ahnen ließ, dass er auf dem besten Weg war, wieder ein Geschwür zu bekommen. Es war nach dem Tod von Kathy und den Kindern nie wirklich ausgeheilt.
    Der Fund von al-Almawis Leiche hatte in Hamburg zu einem Aufruhr geführt. Die Nachfragen der deutschen Botschaft im hiesigen Lager zu Irritationen, die er nur teilweise hatte ausräumen können, und seine Auftraggeber waren mehr als nervös: »Sie sitzen in Rumänien, Burroughs, aber das Spiel läuft in Hamburg. Wir fragen uns, ob Sie die Situation noch im Griff haben.« Er hatte befürchtet, alles zu verlieren, doch dann hatte er auf sein Glück vertraut, das ihm nun gegenübersaß in der Gestalt dieses selbstgefälligen kleinen Provinzfürsten, für den Burroughs nichts anderes war als eine weitere Kuh, die sich vortrefflich melken ließ.
    »Hast du das Geld dabei?«, wollte er jetzt wissen.
    »Natürlich«, antwortete Burroughs lächelnd. »Die Hälfte jetzt und die andere Hälfte, wenn ich sie habe, aber zuerst möchte ich einen Beweis, dass sie es auch wirklich ist.«
    Der Mann zog ein Handy aus seiner Tasche, drückte einige Tasten und reichte es Burroughs. Das kleine Display zeigte ein gestochen scharfes Foto von Valerie Weymann. Als er es betrachtete, erinnerte sich Burroughs daran, wie er sie auf dem Hamburger Flughafen das erste Mal gesehen hatte. An die Wut in ihren Augen. Den Hochmut. Nichts davon lag mehr in ihrem Gesicht. Da war nur noch nackte Angst. Burroughs nickte langsam, ohne das Gesicht zu verziehen, als er das Handy zurückgab. Er hatte überlegt, Valerie Weymann ihrem Schicksal zu überlassen, aber er hinterließ keine Spuren, wenn er einen Auftrag abschloss. Nur so hatte er die vergangenen Jahre in der Agency überleben können. Es war mehr als ärgerlich, dass al-Almawis Leichnam entdeckt worden war. Diesen Fehler würden sie ihm nicht so einfach verzeihen. Vor allem nicht, wenn er einen weiteren Fehler machte. Valerie Weymann war ein Sicherheitsrisiko, und Sicherheitsrisiken wurden ausgeschaltet. Sie war nützlich gewesen, viel mehr, als sie vermutlich selbst ahnte. Ihr Trotz und ihre Weigerung zu kooperieren hatten ihm zugespielt, auch wenn das Komplott gegen Abidi letztlich aufgeflogen war. Niemand ahnte, was wirklich dahinterstand. Die Anti-Terror-Einheit war heillos verwirrt, und genau das hatte er bezweckt. Auch die Deutschen hatten ihn nicht enttäuscht. Er hatte auf ihren Ehrgeiz gesetzt und recht behalten. Sie sagten den Gipfel nicht einfach ab. Jetzt konnte er in die Endphase einsteigen und die Schläfer wecken. Er lächelte insgeheim, als er sich daran erinnerte, wie er Eric Mayer vor ein paar Wochen vor jenen Männern und Frauen gewarnt hatte, die nur auf ihr Signal warteten, um loszuschlagen. Aber dort, wo sie saßen, vermutete sie niemand. Burroughs war lange genug im Geschäft, um die Psychologie der Ermittlungen zu kennen. Was nicht sein kann, darf

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